BENNEMANNs BLOG
Herr Ring zieht nach

Letztens war ich ja bei Mülltrennung und Philosophie. Jetzt nicht als ein zusammengehöriges Thema, sondern zwei voneinander unabhängige. Wobei ich sagen muss, dass das Thema Mülltrennung schon eine Philosophie für sich ist. Ich hatte ja diesen Zettel an meiner Grünabfälle-Tonne, du weißt schon, auf dem die Gründe aufgelistet waren, warum meine Tonne nicht geleert wurde. Und ich habe da so einen blöden Nachbarn, den ich einfach mal ärgern wollte. Deshalb habe ich dem in der Nacht vor der Leerung in seine grüne Biotonne obenauf eine grellbunte Plastiktüte gelegt. Diese Tonne hat so was von nach Verwesung gestunken. Du konntest glatt denken, der Nachbar hätte da eine Leiche entsorgt. Und die noch zwei weitere Wochen vor seinem Haus, unmittelbar unter seinem Küchenfenster – hätte ich echt spaßig gefunden. Was soll ich sagen, ich am anderen Morgen, schön gemütlich eingerichtet. Will sagen: Fenster auf, Kissen auf die Fensterbank und fein mal rausgelehnt. Und was soll ich dir sagen? Da kommen die von bonnorange, hinten die zwei Mitarbeiter so was von ins Gespräch vertieft und leeren doch tatsächlich die Tonne! Hallo, ich öffnete schon den Mund um „Aber da war doch eine Plastiktüte drin!“ zu brüllen, was ich dann aber aus verständlichen Gründen nicht getan habe. Natürlich machst du dir dann so deine Gedanken, von wegen „Muss ich neuerdings die Müllabfuhr schmieren, damit die mir die Tonne leeren?“.

Wo ich ja letztens auch bei der Philosophie gelandet war. Neulich habe ich den Spielfilm „Glück auf einer Skala von 1 bis 10“ geschaut. Darin folgender Dialog zwischen den beiden Protagonisten:
Igor (mit einer zerebralen Bewegungsstörung): Diogenes hat gesagt, um frei zu sein von dem, was Andere denken, sollte man einen Hering hinter sich herziehen.

Louis: Einen Hering?

Igor: … und so durchs Leben gehen.

Louis: Schon klar.

Igor: Der Vorteil ist, dass ich sowieso schon der Hering bin. Und übrigens, was die Anderen denken, ist mir schon scheiß egal!

Ich finde dieses Bild, dass ich einen Hering hinter mir herziehe, so was von gut. Aber dass Igor noch einen draufsetzt und sich selbst mit seinen Verrenkungen als Hering bezeichnet! Und das geht nicht nur dem Igor so. Mal ein Beispiel: Wenn eine junge Frau eine geblümte Hose und ein Streifen-T-Shirt trägt, dann soll das wohl so. Dann hat sie das bewusst kombiniert: Mustermix. Wenn ich in meinem Alter so rumlaufe, na ja, im günstigsten Fall: einfach nur schon recht schlechte Augen. Im schlechteren Fall: schon recht verwirrt. Da bin ich eben auch schnell mal der Hering.

Apropos alte Frau: Hatte ich schon erwähnt, dass ich ein absoluter Fan von Anja Reschke bin? Und ganz im Speziellen von ihrer Sendung „Reschke-Fernsehen“? Unbedingt anschauen! Da ging es neulich um das Thema Gendermedizin. Wenn du im Internet danach suchst, findest du recht viel zu diesem Thema: Gendermedizin oder korrekter geschlechtersensible Medizin bezeichnet eine Ausübung von Humanmedizin unter besonderer Beachtung der Unterschiede der Geschlechter. Die Gendermedizin konzentriert sich auf die geschlechtsspezifische Erforschung und Behandlung von Krankheiten. Herzinfarkte sind nur ein Beispiel von vielen, bei denen Frauen medizinisch benachteiligt sind, weil die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau oftmals ignoriert werden. Herzinfarkte zählen zu den häufigsten Todesgründen. Ein stechender Brustschmerz, der bis in den linken Arm wandert - bei diesem Symptom denken Ärzte sofort an einen Herzinfarkt. Je schneller gehandelt wird, desto höher die Überlebenschancen. Tatsächlich tritt dieses "typische" Symptom hauptsächlich bei Männern auf. Bei vielen Frauen kündigen sich Herzinfarkte mit harmlos erscheinenden Symptomen an: Ihnen wird übel, sie erbrechen oder klagen über Rückenschmerzen. Die Folge: Sie kommen im Schnitt eine Stunde später die Notaufnahme - wo jede Minute zählt. Wahnsinn, oder?

Noch ein anderes Beispiel: Im medizinischen Alltag hat sich das Wissen um die geschlechtsspezifischen Unterschiede oft noch nicht durchgesetzt. Viele Untersuchungen zeigen, dass Männer und Frauen oft sehr ähnlich therapiert werden. Medizinisch kann es dann kritisch werden, wenn Ärzte ihren Patientinnen dieselben Medikamente und dieselbe Dosis verschreiben wie ihren männlichen Patienten. Und woran liegt das? Das liegt daran, dass es bis in die 1990er Jahre üblich war, dass nur Männer Tabletten und andere Medikamente getestet haben. Mittlerweile werden Frauen zwar in Studien eingebunden, allerdings nicht in dem Maß, wie es sinnvoll wäre. Die Unterschiede zwischen Mann und Frau führen dazu, dass einige Medikamente und selbe Dosierungen bei Frauen anders wirken als bei Männern. Der unterschiedliche Hormonhaushalt und Stoffwechsel kann beispielsweise dazu führen, dass Medikamente langsamer abgebaut werden. So hat etwa eine Studie zu einem Beruhigungs- und Schlafmittel in den USA gezeigt, dass Frauen wegen des Medikaments sogar kürzer lebten als Männer. Daraufhin bekamen Frauen das Mittel nur noch mit der halben Dosis verschrieben.

Ich erzähl dir jetzt nicht die ganze Sendung. Wie gesagt, schau dir unbedingt „Reschke-Fernsehen“ an! Was für mich so was von aberwitzig ist, dass dieses wichtige Thema zur Zeit nur an zwei Universitäten in Deutschland gelehrt wird: in Berlin an der Charité und - an der Universität Bielefeld. Und wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es an der Uni Bielefeld die bundesweit erste Professur für geschlechtersensible Medizin. Von wegen, Bielefeld gibt es überhaupt nicht. Wenn die Menschen, die sich so was von akribisch mit dem Thema Gendersternchen befassen. Wenn das doch dieselben wären, die darauf Einfluss nehmen könnten, dass Gendermedizin an jeder Universität gelehrt wird. Mensch, da wären wir in dieser Hinsicht aber mal so was von auf Platz Eins. Und das mal bei einem wirklich wichtigen, was sag ich, lebenswichtigen Thema!

LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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