Astrophysiker aus dem Rhein-Erft-Kreis
Der Lehrende lernt am meisten

Die „Säulen der Schöpfung“, eines der Bilder des neuen James-Webb-Teleskops, an dem Professor Andreas Eckart mitgearbeitet hatte. Sie bestehen aus kaltem interstellaren Gas und Staub, das im Infrarot halbdurchsichtig scheint. Im Inneren der Region entstehen neue Sterne, welche aufgrund ihrer ausgesendeten Strahlung für die wellenförmige Begrenzung der Säulen verantwortlich sind. | Foto: Foto: NASA, ESA, CSA, STScI; Joseph DePasquale (STScI), Anton M. Koekemoer (STScI), Alyssa Pagan (STScI).
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  • Die „Säulen der Schöpfung“, eines der Bilder des neuen James-Webb-Teleskops, an dem Professor Andreas Eckart mitgearbeitet hatte. Sie bestehen aus kaltem interstellaren Gas und Staub, das im Infrarot halbdurchsichtig scheint. Im Inneren der Region entstehen neue Sterne, welche aufgrund ihrer ausgesendeten Strahlung für die wellenförmige Begrenzung der Säulen verantwortlich sind.
  • Foto: Foto: NASA, ESA, CSA, STScI; Joseph DePasquale (STScI), Anton M. Koekemoer (STScI), Alyssa Pagan (STScI).
  • hochgeladen von Martina Thiele-Effertz

Von Lena Großekathöfer

Am 25. Dezember 2021 wurde das James-Webb-Teleskop ins Weltall geschossen. Im Juli 2022 wurden damit die ersten Aufnahmen des Universiums geliefert. Forscher wollen mit diesem Instrument, dessen Entwicklung und Bau Jahrzehnte dauerte, einen Blick zurück ins Weltall kurz nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren werfen. Professor Dr. Andreas Eckart aus Pulheim, der an der Uni Köln lehrt, hat an diesem Projekt mitgearbeitet. Professor Dr. Jürgen Stutzki, der ebenfalls an der Uni Köln lehrt, hat am neuen CCAT-Prime Observatorium mitgearbeitet, einem Teleskop auf 5600 Metern Höhe in der chilenischen Atacama-Wüste. In dieser und der kommenden Woche stellen wir die beiden Astrophysiker vor.

„Ich erinnere mich noch an eines der Teleskope in Chile. Da drehte sich der Beobachtungsraum mit, wenn wir es neu ausrichteten. Am Ende wussten wir nie, wo wir im Gebäude rauskamen“, schmunzelt Professor Andreas Eckart. Seit 2000 ist er Professor der Astrophysik an der Universität zu Köln und hat damals schon in Pulheim seine Heimat gefunden. „Meine Frau kommt aus Mönchengladbach, da lag Pulheim in der Mitte.“ Nächsten Sommer wird er emeritiert, was jetzt doch viel zu schnell ging. „Vor allem, da bald die James-Webb-Daten kommen.“ Die ersten Bilder des neuen NASA-Teleskops, an dem Dr. Eckart mitgearbeitet hatte, gingen diesen Sommer um die Welt. Sie zeigen die bisher schärfsten Aufnahmen aus dem All.
Bereits als kleiner Junge habe er sich für Astronomie interessiert und begeistert das amerikanische Weltraumprogramm verfolgt.
Geboren wurde er 1957 als Zweitältester von vier Geschwistern im westfälischen Schwelm. Am Ende der Schulzeit legte er seine Amateurfunkprüfung für Kurzwelle ab, ein Hobby das er bis heute leidenschaftlich verfolge. Die anschließende wissenschaftliche Karriere schien in der Familie zu liegen, war doch sein älterer Bruder Wolfgang Professor der Medizinhistorik in Heidelberg.
Sein Diplom machte Dr. Andreas Eckart 1981 an der Universität Münster in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPI) in Bonn. Drei Jahre später folgte die Promotion, für die er mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet wurde. Damit ehrt das MPI jedes Jahr junge Wissenschaftler für herausragende wissenschaftliche Leistungen in ihrer Dissertation. Nach einem Aufenthalt in den USA wechselte er zu Professor Reinhard Genzel, einem der weltweit führenden Astrophysiker, nach Garching bei München. 1999 folgte die Habilitation und 2000 die Professur in Köln.
Über all die Jahre sei sein Forschungsgebiet gleich geblieben. „Mich interessieren Galaxienkerne und das galaktische Zentrum der Milchstraße rund um das schwarze Loch“, erklärt der gebürtige Westfale. In den Kernen habe er bereits 1983 Quellen gefunden, die sich scheinbar mit Überlichtgeschwindigkeit bewegten. „Für das galaktische Zentrum schrieb ich viele Analyseprogramme mit denen wir zeigen konnten, dass es sich bei dem Objekt im Zentrum unserer Galaxie um ein supermassives schwarzes Loch handelt“, erklärt er. Dafür hätten sie die Bahn von zehn Sternen bestimmt, aus der sich die Masse des Objektes im Zentrum berechnen ließ. Dem Ergebnis nach kam nur ein schwarzes Loch infrage.
Bis heute fand und analysierte seine Arbeitsgruppe über 100 solcher Sterne. Einer von den Suchenden ist Dr. Florian Peißker. Er arbeitet bereits seit Jahren mit Dr. Eckart zusammen und strebt nächstes Jahr die Habilitation an. „Von Andreas kann man unglaublich viel lernen. Am prägnantesten war die Eckart‘sche Zeitabschätzung: Wenn du einen realistischen Zeitrahmen für eine Aufgabe angibst, musst du die Zahl verdoppeln und zur nächsten Größenordnung gehen. So werden aus zwei Wochen vier Monate bevor die Aufgabe beendet ist“, schmunzelt Dr. Peißker.
Seine Mitarbeiter schätzen die Offenheit von Eckart. Sie freuen sich über sein breites Wissen und die Anekdoten über Philosophie und Kultur. „Der kulturelle Austausch ist unglaublich wichtig. Deswegen bestand meine Gruppe immer zur Hälfte aus internationalen Studierenden“, erzählt der Pulheimer. Darüber freut sich auch Elaheh Hosseini. Sie kommt aus dem Iran und ist Doktorandin bei Dr. Eckart. „Es ist eine große Ehre, mit ihm arbeiten zu dürfen. Er ist nicht nur ein brillanter Wissenschaftler mit unendlich vielen kreativen Ideen, sondern auch ein wunderbarer Mensch, der jeden so akzeptiert wie er ist.“
Der heute 65-Jährige liebt es, sein Wissen weiterzugeben. „Am meisten lernt immer der Lehrende“, ist seine Einstellung. Wenn seine Studierenden dann an ihrer Abschlussarbeit arbeiten, lässt er ihnen gerne freie Hand, eigene Ideen umzusetzen. Das kommt gut an. „Ich habe bis heute Kontakt zu vielen ehemaligen Studierenden und treffe sie gerne auf Konferenzen.“
Einer der alten Weggefährten ist Dr. Rainer Schödel. Er traf Dr. Eckart während seiner Zeit als Doktorand in Garching. „Ich habe damals alles Wichtige von ihm gelernt. Andreas ist einer der ganz Großen in seinem Bereich. Wir haben auch mal nachts um drei an einer Beobachtungsreihe gesessen und Heavy Metal aufgelegt“, erinnert sich Dr. Schödel, der als angestellter Forscher am astrophysikalischen Institut im spanischen Granada arbeitet.
Für sein Lebenswerk ist Dr. Eckart nun mit der Ernst-Mach-Medaille der tschechischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet worden.
Studierenden empfiehlt er, Ausgleichsinteressen zu haben. Er selber ist bei den Pulheimer Amateurfunkern im Ortsverband G40, malt und lernt Arabisch. Da seine Frau die katholische öffentliche Bücherei leite, helfe er gerne bei Kinderprojekten. Im Ruhestand werde es ihm also nicht an Beschäftigung fehlen. Falls doch, könne er immer noch an die Uni fahren und seinen Kollegen über die Schulter schauen.

Über die Autorin:
Unsere freie Mitarbeiterin Lena Großekathöfer hat 2017 ihr Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium Pulheim gemacht und arbeitet nach einem dreimonatigen Praktikum seit Novemer 2017 bei den Rheinischen Anzeigenblättern als freie Mitarbeiterin. 2018 hat sie ihr Physikstudium an der Uni Köln begonnen und den Bachelor 2022 bei Professor Andreas Eckart gemacht. Dabei ging es um die Identifikation eines unbekannten Objektes in der Nähe des schwarzen Lochs unserer Milchstraße. Jetzt macht sie ihren Master in Physik, mit dem Ziel, weiter in der Astrophysik zu bleiben.

Redakteur/in:

Martina Thiele-Effertz aus Hürth

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