Viele verloren Hab und Gut
Leverkusen ein Jahr nach der Hochwasser-Flut

Foto: Marion Hermes
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Leverkusen. Genau vor einem Jahr – konkret am 14. Juli – trat das Wasser aus Dhünn, Wiembach und Wupper über die Ufer und verursachte in den Leverkusener Stadtteilen Schlebusch und Opladen immensen Schaden. Tote waren zum Glück nicht zu beklagen. Doch viele Menschen verloren nicht nur ihr Dach über dem Kopf, sondern zum Teil auch ihr gesamtes Hab und Gut. Dieser Bericht ist zugleich Rückschau und Ausblick auf einzelne Brennpunkte.Schlebusch: Als das Wasser die Bergische Landstraße überflutete, waren sämtliche Geschäftsleute betroffen. Weil es die weitere Arbeit im überschwemmten „Alten Bürgermeisteramt“ unmöglich machte, mussten sich viele dort angesiedelte Gruppen eine neue Bleibe suchen. Aktuell dauern die Renovierungsarbeiten bis mindestens zum Jahresende an. In der Ortschaft Hummelsheim hatten sich Nachbarn zu einer Flutopferinitiative zusammengeschlossen und stellten verschiedene Forderungen. Unter anderem sollte die Stadt Leverkusen dafür sorgen, dass die Odenthaler Straße zwischen Dhünnbrücke und Ortseingang Schlebusch in ihrer Wirkung als „Straßendeich“ zum Schutz gegen Überflutung dienen könne. Nicht zuletzt sei das „Konzept zur naturnahen Entwicklung der Dhünn“ des Wupperverbandes in enger Zusammenarbeit mit den Anrainerkommunen zu prüfen und die Ergebnisse zeitnah vorzustellen. Es sei zu vermuten, teilte die Initiative mit, dass vor allem Uferveränderungen und bestimmte Sohlengestaltungen in der Dhünn dazu geführt hätten, dass Treibholz die Stauwirkung begünstigte und die Anrainer gefährdete.

Auch die erst kurz vor dem Jahrhunderthochwasser frisch renovierte evangelische Kindertagesstätte „Unterm Himmelszelt“ wurde von der Flut heimgesucht. Viele Spender ermöglichten seither den Wiederaufbau. „Neben einem verstärkten Hochwasserschutz für das Gebäude“, erläuterte Finanzkirchmeisterin Petra Kern, die mit den Arbeiten ehrenamtlich betraut ist, „hat sich die Gemeinde für eine CO2- neutrale Umrüstung der Kita entschieden. Zukünftig wird die Kita mit Solarkollektoren und einer Wärmepumpe ausgerüstet, um den strengen Umweltmaßstäben, denen sich die Evangelische Gemeinde in Schlebusch verpflichtet hat, gerecht zu werden. Oberstes Ziel bei allen Planungen ist es aber, dass sich die Kinder am Ende in ihrer Kita wohlfühlen werden.“ Die gute Nachricht lautet: Wenn alles planmäßig läuft, können Kinder und Erzieher voraussichtlich am 1. Advent die erste Kerze in der neuen Kita anzünden. Opladen: Awo- Familienseminar, Bielertkirche, DRK-Heim, Kleingartenanlage Ruhlach und Theodor-Heuss-Realschule sind nur einige von besonders betroffenen Einrichtungen. Für rund 850 Realschüler und das Lehrerkollegium fiel der Unterricht kurzfristig aus, bis alle Klassen in Ausweichquartieren untergebracht waren. Die Schäden, die der Wiembach verursachte, waren immens: Im Altbau stand das Kellergeschoss komplett, das Erdgeschoss bis zu einer Höhe von rund 1,60 Meter unter Wasser. Betroffen waren Aula, Lehrerzimmer, Cafeteria und Naturwissenschaftliche Räume. Sämtliche technischen Anlagen und EDV wurden zerstört. Das gesamte Mobiliar und alle Akten wurden vernichtet. Die Turnhalle musste wegen erheblicher Schäden sogar komplett abgerissen werden. Diese war schon zuvor in baulich schlechtem Zustand. Obendrein musste ein vor der Flut geplanter Neubau einer Dreifachhalle verschoben werden. Bei einer ersten groben Schätzung für alle notwendigen Kosten zum Wiederaufbau war von rund 16,5 Millionen Euro die Rede. Mit einem Rückzug der Realschule an ihren alten Standort ist nicht vor Sommer 2024 zu rechnen.

In der Bielertkirche hat die Sanierung noch nicht mal begonnen. Zurzeit ruhen alle Arbeiten, weil Falken im Kirchturm brüten. Nach Angaben von Pressesprecher Tobias Falke ist die Kirchturmsanierung einschließlich Dach für dieses Jahr geplant, ehe 2023 die Sanierung von Dach und Fassade des Kirchenschiffs ansteht.

„Die Schäden zu beseitigen und das Vereinsleben wieder in normale Bahnen zu führen, wird lange Zeit benötigen“, prognostizierte Bezirksbürgermeister Heinz-Jürgen Pröpper zu den Schäden im Kleingartenverein Ruhlach. Obwohl die älteste und größte Leverkusener Kleingartenanlage nach der Flut großflächig gestört wurde, gaben die Hobbygärtner nicht auf. Bis auf zehn von 192 Betroffenen beschlossen alle, wieder bei Null anzufangen. „Die Druckwelle hat alles komplett zerstört“, berichtete Vereinsvorsitzender Wolfgang Müller beim Rundgang durch die Anlage unmittelbar nach der Flut. Das Wasser hatte nicht nur einen fast zwei Meter hohen Zaun und umliegende Häuser zerstört, sondern auch einen etwa drei Meter langen und zwei Tonnen schweren Baum in die Anlage geschwemmt. Inzwischen blüht und grünt es bei den Laubenpiepern fast so schön, wie zuvor.

Nur mit Schrecken denkt Dr. Josef Peters, DRK-Kreisgeschäftsführer und Leiter des Opladener DRK-Alten- und Pflegeheims, zurück an die Katastrophe, die nicht alleine das Haus an der Düsseldorfer Straße schwer getroffen hat. „Bis alles wieder hergestellt ist, wird es noch lange dauern“, konstatierte Peters. Noch in der Flutnacht fiel die komplette Technik aus. Weder Strom, Aufzug, Lüftung noch Telefon oder Brandmelder funktionierten. Drei von vier zerstörten Heizungen waren erst kurz zuvor erneuert worden. Nachdem Bewohner aufgeklärt und beruhigt waren, versuchten Helfer wertvolle Daten vor dem Ruin zu retten. Gelungen ist das nur teilweise. Gerade sind 1500 Ordner in der Wiederaufbereitung. Insgesamt 2000 Akten gingen komplett verloren, darunter auch die 50-jährige Geschichte des DRK Kreisverbandes Leverkusen. Glück im Unglück: Einrichtungsleiter Peters hatte rund 25 Jahre zuvor eine Elementarversicherung für alle Gebäude abgeschlossen und die Summe vor der Flut nochmals erhöht. Außerdem waren alle wichtigen Daten für den laufenden Betrieb erst 14 Tage zuvor gesichert worden. Der Gesamtschaden an vier DRK-Gebäuden umfasst rund 10 Million Euro. Von der Flut betroffen waren neben dem Alten- und Pflegeheim auch die DRK-Sozialstation, Berufsschule für Soziales und das DRK Service-Center.

Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:

Gabi Knops-Feiler aus Leverkusen

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