Im OP statt Urlaub unter Palmen
Klinikum-Mitarbeiter reisen nach Malawi, um zu helfen

Die Hälfte des Urlaubs und seiner Überstunden bringt Dr. Werner Wagner, Facharzt für Allgemein- und Visceralchirurgie im Klinikum, für seinen ehrenamtlichen Einsatz auf. | Foto: Gabi Knops-Feiler
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  • Die Hälfte des Urlaubs und seiner Überstunden bringt Dr. Werner Wagner, Facharzt für Allgemein- und Visceralchirurgie im Klinikum, für seinen ehrenamtlichen Einsatz auf.
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Leverkusen - Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr reisen Dr. Werner Wagner,
Facharzt für Allgemein- und Visceralchirurgie in der Klinik für
Allgemein-, Visceral- und Thoraxchirurgie, und Annette Jumpertz,
OP-Schwester der OP-Abteilung am Klinikum Leverkusen, nach
Südostafrika. Ihr Ziel ist die Stadt Chitipa im Staat Malawi, der mit
rund 17,6 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von 118.484
Quadratkilometern zu den ärmsten Ländern der Welt gehört.

Die Anreise mit einem Offroad-Geländewagen bis zum dortigen District
Hospital ist beschwerlich und dauert insgesamt zwei Tage. Dort
angekommen wartet viel Arbeit auf das Team, das vom Klinikum jedwede
Unterstützung erhält.

Denn als Mitglieder der Interplast Germany e.V., einem gemeinnützigen
Verein für Plastische Chirurgie in Entwicklungsländern, verbringen
sie einen Großteil ihres Urlaubs nicht etwa entspannt unter Palmen,
sondern mit plastisch-chirurgischen Operationen und einem gewaltigen
Arbeitspensum, insgesamt 30 Operationen innerhalb von zehn Tagen. Bei
diesem schon bekannten „Operations-Marathon“ geht es zunächst
darum, alle Notfälle zu versorgen, ehe demnächst die Patienten an
die Reihe kommen, die Wagner zuletzt aus Zeitmangel unversorgt
zurücklassen musste.

„Mit Schönheitschirurgie hat das nicht annähernd etwas zu tun,
vielmehr geht es um schwere Deformationen, die behoben werden
müssen“, erläuterte der 58-jährige Spezialist vor seiner Abreise.
Dazu zählen in erster Linie krankhaft vergrößerte Schilddrüsen, so
genannte Strumen. Die Struma ist weltweit die häufigste Erkrankung
der Hormondrüsen, eine Folge von Jodmangel. Dazu kommen Hernien, also
Brüche in der Bauchwand. Genauso oft behandelt er aber auch Folgen
von schweren Verbrennungen oder Defekte wie Lippen-, Kiefer-,
Gaumenspalten sowie andere, groteske Gesichtsdeformierungen, über die
selbst Profis wie er erschrocken sind.

Die Operationen sind nicht ganz einfach. Einheimische Ärzte gibt es
in dem Land nicht, allenfalls medizinische Assistenten. Diejenigen,
die einigermaßen ausgebildet sind und die Operationen übernehmen
könnten, arbeiten lieber in der Stadt. Knochenbrüche gehören zu den
harmlosen Fällen, die Wagner bei seinen Einsätzen antrifft. Bei
Bedarf muss er mal gynäkologisch, urologisch oder plastisch arbeiten.
Wagner: „Ich tue, was ich kann.“ Sein schlimmster Einsatz vor
etlichen Jahren war in Sri Lanka, als er eine Frau behandelte, die mit
Kerosin überschüttet und angezündet worden war, weil der Ehemann
diese nicht mehr bei sich haben wollte.

Seine größte Herausforderung sei es, mit dem Equipment vor Ort
klarzukommen. Wagner verdeutlicht: „Dort muss man unglaublich
improvisieren.“ Damit die Überwachung während der Narkose gut
gelingt, hat er mit eigenen Mitteln einen tragbaren
Überwachungsmonitor angeschafft, den er jedes Mal hin- und
hertransportiert. In seinem Gepäck sind insgesamt zwei Koffer mit
jeweils 23 Kilo, in denen sich außer einem persönlichen Kulturbeutel
nur medizinisches Material befindet. Die persönliche Kleidung passt
ins Handgepäck. Wagner: „Ich brauche nicht viel, denn ich stehe den
ganzen Tag im OP.“

Seit fast 15 Jahren reist der Mediziner regelmäßig zu Einsätzen in
Entwicklungsländern. Was ihn dazu antreibe, gestand er, sei vor allem
Abenteuerlust. Außerdem: „Wir leben in einer reichen Welt. Von dem
was ich habe, möchte ich den Armen etwas zurückgeben.“ Dort, in
Afrika, seien die Menschen schon zufrieden, wenn sie nur ein Dach
über dem Kopf und ausreichend Nahrung hätten.

Mit Dank seien sie hingegen zurückhaltend. Aber den erwarte er auch
nicht. „Ich versuche so viel zu helfen, wie es geht“, sagte
Wagner, er freue sich, wenn die Patienten gesund nach Hause gehen
könnten. Nur einmal habe ihm eine Frau beschämt. Sie fragte nach
seinem Vornamen, um ihn in ihr tägliches Gebet einzuschließen.

Die Hälfte des Urlaubs und seiner Überstunden bringt Dr. Werner Wagner, Facharzt für Allgemein- und Visceralchirurgie im Klinikum, für seinen ehrenamtlichen Einsatz auf. | Foto: Gabi Knops-Feiler
Blick in ein Krankenzimmer des 100-Betten-Krankenhauses in der Stadt Chitipa im Südostafrikanischen Staat Malawi. | Foto: Wagner
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