Wie die Geriatrie der Pandemie begegnete
Keine Infektion. Kein Todesfall.

- Sascha Wihstutz, Chefarzt der Geriatrie im Wiesdorfer St. Josef Krankenhaus, sieht bisher positiv auf die Herausforderung mit Covid-19-Fällen zurück.
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Leverkusen - Es ist schon eine Last, die von seinen Schultern fällt. Seit etwas
über einem Jahr ist Sascha Wihstutz jetzt Chefarzt der Geriatrie im
Wiesdorfer St. Josef Krankenhaus. „Corona war eine große
Herausforderung“, sagt er. Die aber mit Erfolg gemeistert wurde.
Bislang hat sich im St. Josef Krankenhaus weder ein Patient noch ein
Mitarbeiter mit Covid-19 angesteckt, noch gab es einen
Corona-bedingten Todesfall. „Aber wir müssen dranbleiben“, sagt
Sascha Wihstutz, der angesichts der Bilder von fast schon
überfüllten Urlaubsstränden einen neuen Ausbruch befürchtet.
„In Leverkusen haben wir mit den drei Krankenhäusern eine
komfortable Situation“, ist sich Sascha Wihstutz bewusst. Erste
Anlaufstelle war die Infektionsabteilung des Städtischen Klinikums,
aber auch im St. Remigius Krankenhaus hatte man Isolierbereiche sowie
zusätzliche Intensiv-und Beatmungsmöglichkeiten geschaffen. Damit
konnte die geriatrische Fachklinik an der Adolfsstraße weitgehend
Covid-frei gehalten werden. Schließlich gehören deren Patienten zu
einer doppelt gefährdeten Gruppe. Auf der einen Seite steht das
Alter. Auf der anderen Seite kommt mindestens eine, meist chronische
Erkrankung wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck hinzu.
Maßgeblich für den Erfolg ist auch das Hygienekonzept.
Hygienefachkraft Natalie Commandeur hatte gemeinsam mit dem Krisenstab
alle Hände voll zu tun, die immer wieder neuen Erkenntnisse,
Verordnungen und Erlasse zu prüfen, umzusetzen und zu kommunizieren.
„Wir haben neue Strukturen aufgebaut und die Patienten auf Symptome
untersucht“, sagt Natalie Commandeur. „Ohne die Ärzte und
Pflegekräfte, die alle professionell und umsichtig gearbeitet haben,
wäre der Erfolg allerdings nicht möglich gewesen.“
Zum Können kommt dann Glück. „Ich weiß nicht, was passiert wäre,
wenn eine ganze Pflegeeinrichtung hätte evakuiert werden müssen“,
sagt Sascha Wihstutz. Entlassen wurde nur mit zwei negativen
Covid-19-Abstrichen, die an aufeinanderfolgenden Tagen abgenommen
wurden. „Wir mussten und wollten ganz sicher gehen“, sagt Natalie
Commandeur. Einen positiv getesteten Patienten gab es während der
Zeit, der dann so schnell wie verantwortbar verlegt wurde. Angesteckt
habe sich niemand, so Sascha Wihstutz.
Die psychische Belastung für die Mitarbeiter war hoch. Gerade
demenziell veränderte Patienten fällt die Umstellung auf ein neues
Umfeld – und das ist der Aufenthalt in einem Krankenhaus – schwer.
„Kommt dann noch hinzu, dass die Bezugsperson nicht zu Besuch kommen
darf, kann die Situation noch verschärft werden.“ Sascha Wihstutz
ist dankbar und auch ein bisschen stolz, dass insbesondere die
Pflegekräfte mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld den Patienten
Sicherheit gegeben hätten.
Es gab Geriatrien in Nordrhein-Westfalen, die keine Patienten
aufgenommen haben. Das war im St. Josef Krankenhaus zu keinem
Zeitpunkt Thema. Schließlich habe man nicht nur einen
Versorgungsauftrag, es sei auch mit dem Selbstverständnis nicht
vereinbar. „Alte und kranke Menschen dürfen nicht allein gelassen
werden“, sagt Sascha Wihstutz. Nur die Geriatrische Tagesklinik muss
bis heute weiterhin geschlossen bleiben. Hier kommen normalerweise bis
zu 17 Patienten tagsüber zusammen, um ein intensives Diagnose- und
Therapieprogramm – oft in Gruppensitzungen – zu durchlaufen.
Abstandsregelungen zum Schutz der Patienten waren hier nicht
umzusetzen, so dass man schweren Herzens das Angebot aussetzen muss.
Schutzkleidung war ein großes Thema. „Die Pandemie ist auch die
Stunde des Einkaufs“, sagt Natalie Commandeur. Ohne sich selbst zu
schützen, können keine Pateinten versorgt werden. Zu jeder Zeit
waren Masken, Handschuhe, Schutzkittel und Visiere vorrätig gewesen.
„Manchmal wurde es knapp, aber dann hat der Einkauf wieder irgendwo
einen Lieferanten aufgetan.“ Oder es wurde gespendet: Unternehmen
brachten Spezialmasken, Desinfektionsmittel wurde gespendet, ehemalige
Mitarbeiter und Ehrenamtliche der Krankenhaushilfe nähten
Stoffmasken, Kinder haben gebastelt, Firmen und Restaurant sorgten
für Nervennahrung. „Das war eine tolle Solidarität“, erinnert
sich Sascha Wihstutz.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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