Plakate in 100 Wupsi-Bussen
Infos über anonyme Spurensicherung

- Mit Plakaten in 100 Wupsi-Bussen macht der Verein Frauennotruf auf die „Anonyme Spurensicherung“ aufmerksam. Zum Auftakt kamen neben Andrea Frewer (rechts) und Cornelia Richrath (links) auch Marc Kretkowski (hinten rechts) und Uwe Richrath (hinten links) zusammen.
- Foto: Gabi Knops-Feiler
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Leverkusen - Laut Statistik wird in Deutschland alle drei Minuten eine Frau
vergewaltigt. Jetzt, zu Zeiten von Corona, vermutlich noch öfter. In
Leverkusen gehen bei der Polizei vor Ort und pro Jahr immerhin 30
Meldungen wegen Vergewaltigung ein. Die Dunkelziffer dürfte um ein
Vielfaches höher sein, denn nur wenige Betroffene erstatten
Anzeige.
Sie haben entweder Angst vor dem Täter, vor dem Prozess oder
schweigen, weil sie sich vor Freunden und Familie schämen.
Tatsächlich wird nur jeder achte Sexualtäter verurteilt, Prozesse
werden oft aus Mangel an Beweisen eingestellt. Deshalb ist es für die
spätere Beweisführung umso wichtiger, Tatspuren gerichtsverwertbar,
also innerhalb der ersten 72 Stunden, zu sichern. An dieser Stelle
greift das Modell der so genannten „Anonymen Spurensicherung nach
Sexualstraftaten“ (ASS).
Etwas mehr als fünf Jahre, nachdem der Leverkusener Verein
„Frauennotruf“ zum ersten Mal diese Möglichkeit in der Stadt
vorgestellt hatte, startete nun eine groß angelegte Plakataktion, mit
der weibliche Fahrgäste in insgesamt 100 Wupsi-Bussen auf allen
Linien informiert werden sollen. Zum Auftakt waren Oberbürgermeister
Uwe Richrath und Wupsi-Chef Marc Kretkowski dabei und waren sich
einig, es sei erschreckend und traurig, dass diese Maßnahme in
unserer zivilen Gesellschaft immer noch notwendig sei.
Und darum geht es: Opfer können sich nach einer Tat anonyme Hilfe im
Klinikum Leverkusen holen. Zugleich mit der körperlichen Untersuchung
werden restliche Spuren von Sperma gesichert und Verletzungen
dokumentiert. Die Proben werden anschließend anonym an die
Rechtsmedizin nach Köln gesendet und zehn Jahre dort aufbewahrt. Die
anonyme Spurensicherung ist insbesondere für Frauen interessant, die
sich nicht sofort nach der Tat für eine Anzeige bei der Polizei
entscheiden können.
„Opfer, die vergewaltigt wurden, sind traumatisiert. Sie können
weder klar denken noch wichtige Entscheidungen treffen“, beschreibt
Andrea Frewer, Projektkoordinatorin und Psychotherapeutin der
Leverkusener Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt, den üblichen
Zustand nach einer solchen Tat. Deshalb sollen die Frauen erstmal Zeit
erhalten, um psychisch wieder stabil zu werden und erst dann zu
überlegen, ob sie den Täter nach einer Weile doch noch anzeigen
wollen. Denn in der Regel verjährt Vergewaltigung erst nach 20
Jahren.
Laut Frewer haben seit Projektbeginn im Jahr 2015 insgesamt 27
Leverkusenerinnen die anonyme Spurensicherung in Anspruch genommen.
Vier davon haben den Täter nachträglich angezeigt und einen Prozess
angestrebt. „Jeder Fall ist einer zu viel“, kommentierte Cornelia
Richrath, die Leiterin des Frauenbüros der Stadt Leverkusen, das sich
seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema auseinandersetzt.
Am Klinikum werden anonyme Untersuchungen schon länger angewendet.
Doch erst seit das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege
und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2015 die
Fördergelder in Höhe von 5.000 Euro bewilligte, konnte die seit 1986
bestehende Beratungsstelle mit der Initiative auch offiziell an die
Öffentlichkeit gehen. Weitere Infos unter
www.frauennotruf-lev.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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