Zeit ist ein hohes Gut
Gegenseitige Hilfe mit dem Verein "Geben und Nehmen"

Das gesellige Miteinander hat beim Verein „Geben und Nehmen“ einen hohen Stellenwert.  | Foto: Verein
  • Das gesellige Miteinander hat beim Verein „Geben und Nehmen“ einen hohen Stellenwert.
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Königswinter. Das Prinzip „Geben und Nehmen“ ist ein ganz altes der Menschheitsgeschichte. Von jeher haben Menschen einander unterstützt, sogar unterstützen müssen, um zu überleben. Das sinnvolle Prinzip lässt sich auf unsere Gesellschaft übertragen, wenngleich sich die Notwendigkeit des Gebens und Nehmens verlagert hat. Wir hierzulande leben im Überfluss. Da sollte doch für jeden alles vorhanden sein ... sollte man meinen. Doch die Familienstrukturen haben sich verändert. Die Zeit der Mehrgenerationen, die einander unterstützen können etwa im Wohnumfeld, ist lange vorbei. Viele ältere Menschen leben alleine und das bis ins hohe Alter. Oft fehlt es da an Unterstützung in handwerklichen Bereichen, beim Einkaufen oder auch - und das wird immer bedeutsamer - an geselligem Miteinander. Das Zusammenseinkönnen ist auch eine Form von Geben und Nehmen.

Der Verein „Geben und Nehmen“ in Königswinter hat genau das im Blick. Die Mitglieder des Vereins bringen ihre gegenseitigen Hilfen auf den Punkt oder genauer: Auf den Zeit-Punkt. Es geht darum, einander Zeit zu geben und diese mit entsprechender Hilfeleistung zu füllen. Im Verein gibt es eine Liste mit vielseitigen Angeboten der Unterstützung. Mehr als 300 unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten sind dort zu finden. Von A bis Z gibt es querbeet nahezu alles: Ausleihen von Apfelpresse, Betonmischer oder Anhänger, Beratungen jedweder Art, Büsche schneiden, Fahrdienste, Gesundheitscoaching, Gesellschaftsspiele, Papierkram, Restaurierung von Puppen, Schneidern, Stricken, Tanzen, Tiere betreuen, vegetarisches Essen zubereiten, Vorlesen, Wohnung renovieren oder Zeichnen und Malen lernen. Auch Trauerbegleitung, Gespräche gegen die Einsamkeit oder Lebensberatung werden angeboten. Einige Mitglieder des Vereins haben oft langjährig in entsprechend sozialen Berufen gearbeitet, sodass diese herausfordernden Bereiche auch fachlich gut eingebettet sind.

„Wir brauchen auch junge Leute im Verein“, erklärt die Vereinsvorsitzende Gabriele Neuse-Schülgen. Deshalb seien junge Familien herzlich willkommen. 2011 hat sich der Verein gegründet, seine Wurzeln liegen in der Aktion „Aktiv im Alter“. Mit acht Leuten hat alles begonnen. „Heute sind wir 100 mehr“, freut sich die Vorsitzende. „Als wir begonnen haben, haben wir uns auch an anderen Vereinen dieser Art orientiert“. Gut sei es, wenn die Hilfen möglichst in der Nähe des eigenen Wohnortes des Helfenden angeboten werden könnten. „Wir sind räumlich auf Königswinter beschränkt“, so Neuse-Schülgen. Geld wird für die Hilfen nicht bezahlt, sondern es werden Punkte gesammelt. Seit Beginn der Vereinsgründung bis heute (Stand 28.6.22) wurde 844 Mal geholfen und das in 1441,25 Stunden. Spitzenreiter bei den Hilfeanfragen sind die kleinen Reparaturen und die Hilfen am Computer, gefolgt von Gartenarbeiten oder Begleitung bei Spaziergängen. Große Arbeiten indes werden nicht angeboten, wie etwa ein ganzes Haus anstreichen. Da müssen Fachbetriebe bestellt werden. Wichtig für Interessierte sei zudem, dass man auch Vereinsmitglied werden kann, wenn man Hilfe in Anspruch nimmt und aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nur sehr wenig oder gar nicht Geben kann. Politisch sei der Verein auch nicht, betont die Frontfrau des Vereins.

Was übrigens Viele tatsächlich oft Überwindung kostet, ist Hilfe anzufragen. Das fühlt sich unangenehm an, ist manchen peinlich oder man ist es nicht gewohnt, Hilfe anzunehmen. Aber so ein Verein lebe vom „Nehmen“. Daher würde versucht, solche Hürden abzubauen. Koordiniert werden die Hilfen über Gabriele Neuse-Schülgen oder Geschäftsstellenleiter Günter Reiner. Wichtig bleibt die soziale Komponente im Verein. Einmal im Monat (jeder erste Mittwoch) gibt es ein Treffen, stets an unterschiedlichen Orten im Berg- oder Talbereich von Königswinter. Freundschaften haben sich längst entwickelt, privat werden Unternehmungen gestartet. Wer mitmachen möchte, kann sich an Gabriele Neuse-Schülgen wenden unter 02223-4088 oder unter geben.nehmen.53639@gmx.de melden.

Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:

Iris Zumbusch-Czepuck aus Königswinter

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