Nach dem großen Freudentaumel
Hey, FC: Wie jeit et wigger?

- Freudentaumel auf den Kölner Ringen am vergangenen Sonntag: Der Aufstieg wurde von Fans und Mannschaft bis in die tiefe Nacht gefeiert.
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Der 1. FC Köln hat als Zweitliga-Meister den direkten Wiederaufstieg in die Fußball-Bundesliga geschafft. Dank eines fulminanten 4:0-Sieges gegen den 1. FC Kaiserslautern am vergangenen Sonntag gelang die sofortige Rückkehr ins Oberhaus. Während Spieler und Fans die Korken knallen ließen, fängt für die Verantwortlichen die Arbeit erst an. Bereits an Tag Eins nach dem großen Triumph begann es in der Gerüchteküche zu brodeln.
von Martin Fernholz
Köln. Es gibt viel zu tun beim 1. FC Köln. Sportlich hat der Verein seine Hausaufgaben mit dem Wiederaufstieg gemacht. Aber damit für die kommende Spielzeit die Weichen richtig gestellt werden, muss auf einer ganzen Reihe von Baustellen ordentlich rangeklotzt werden. Es gibt viel zu tun – und das fängt schon mit der für den sportlichen Bereich wichtigsten Position an. Ein neuer Trainer wird dringend gesucht …
Der Cheftrainer
Aktuell steht der Verein für die Saison 2025/2026 ohne Cheftrainer da. Jede Menge Namen potenzieller Kandidaten machten zuletzt die Runde – konkretisiert hat sich keiner davon.
Als Favorit hatte sich Lukas Kwasniok (43) entpuppt. Der Deutsch-Pole hat in vier Jahren beim SC Paderborn für Furore gesorgt. Dies ist nicht unbemerkt geblieben, so hatte der FC Schalke sein Interesse hinterlegt. Doch zuletzt hatte Kwasniok angedeutet, eher zu einer Auszeit zu tendieren, anstatt sofort wieder an anderer Stelle an der Seitenlinie zu stehen.
Bestenfalls Außenseiterchancen dürften Christian Titz (54, derzeit in Magdeburg unter Vertrag) und Tim Walter (49, vereinslos) haben. Heißbegehrt auf dem Trainermarkt ist dagegen Sandro Wagner. Der Co-Trainer der deutschen Nationalelf strebt in die Bundesliga. Doch der selbstbewusste 39-Jährige hat andere Ambitionen als den Abstiegskampf, womit der FC raus sein sollte.
Da trifft es sich gut, dass Aufstiegscoach Friedhelm Funkel (71) seine Bereitschaft zum Weitermachen signalisiert hat. Ursprünglich nur dafür geholt, die Geißböcke über die Ziellinie zu schubsen, kann sich der Routinier jetzt mehr vorstellen: „Ich bin offen für alles.“ Der alte könnte also auch der neue Übungsleiter sein. Warum eigentlich nicht?
Die Mannschaft
Die abgelaufene Saison glich nicht gerade einem Triumphzug. Allzu dürftig waren die Leistungen des Teams über weite Strecken, insbesondere was das Spielerische betraf. Will der Klub in der ersten Liga nicht von Beginn an der Musik hinterherlaufen, braucht es Verstärkungen in allen Mannschaftsteilen.
Heißester Anwärter auf die Nachfolge von Tim Lemperle (23) im Sturm ist Ragnar Ache. Der 26-Jährige vom 1. FC Kaiserslautern hat in der Liga zuletzt zwei 18 Treffer markiert, aber kaum Bundesligaerfahrung vorzuweisen. Intensiv gefahndet wird überdies nach einer Alternative zu Jusuf Gazibegovic (25) auf der Rechtsverteidiger-Position. Diese beiden Verpflichtungen können indes nur der Anfang sein, es besteht erheblicher Handlungsbedarf.
Geschäftsführer Sport
Wer nimmt eigentlich Trainer und Spieler beim Effzeh unter Vertrag? Genau: der Geschäftsführer Sport. Dumm nur, dass dieser Posten nach der Trennung von Christian Keller (46) derzeit vakant ist. Immer wieder mal rund ums Geißbockheim gehandelt wurde Rachid Azzouzi (54). Der frühere Profi von Fortuna Köln hat in gleicher Funktion bei der SpVgg Greuther Fürth Herausragendes geleistet, aber Köln ist noch mal eine andere Hausnummer, was Druck und Umfeld betrifft. Zudem sind am Rhein die sportlichen Erwartungen traditionell etwas übertrieben, was den Job nicht leichter macht.
Ebenfalls durch die Gerüchteküche wabern Namen wie Jonas Boldt (43, u.a. Bayer Leverkusen und Hamburger SV), Alexander Rosen (46, Ex-Hoffenheimer) und Pablo Thiam (51). Letzterer brächte als früherer FC-Kicker den vielbesungenen Stallgeruch mit. Ein eindeutiger Favorit hatte sich bis Redaktionsschluss (20. Mai) nicht herauskristallisiert.
Nach EXPRESS-Informationen kommt, Stand Dienstag, aber wohl eine interne Lösung zum Zug: Thomas Kessler (39), der erst kürzlich vom Leiter der Lizenzspielerabteilung zum Sportdirektor aufstieg. Für den gebürtigen Kölner spricht nicht zuletzt seine hohe Identifikation mit dem Verein. Nun soll er in dieser Funktion die sportliche Ausrichtung verantworten. Sprich: einen Trainer verpflichten und den Kader für die Bundesliga fit machen. Ob dann noch ein externer Geschäftsführer Sport dazustößt, entscheidet sich voraussichtlich erst im Herbst.
Der Vorstand
Der Amtierende um Präsident Werner Wolf (68) wird in dieser Konstellation bei der Mitgliederversammlung im September nicht mehr antreten. Bislang hat nur Vizepräsident Carsten Wettich (45) die Karten auf den Tisch gelegt. Er wird mit dem Unternehmer Wilke Stromann (44) als Präsident und der Ex-FC-Spielerin Tugba Tekkal (44) kandidieren. Die heutige Menschenrechts-Aktivistin wäre die erste Frau im Präsidium. Unklar ist, ob Wolf und der zweite Vize Eckhard Sauren (53) an neuen Teams basteln. In Konkurrenz zu Wettich tritt Sven-Georg Adenauer (65). Der Enkel von Konrad Adenauer und Jurist hat sich mit dem Unternehmensberater Thorsten Kiesewetter (53) und dem Metzgermeister Martin Hollweck (57) zusammengetan.
Weitere Spekulationen ranken sich um Nicole Grünewald (52, Präsidentin der IHK) oder Alexander Wüerst (59, noch Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Köln). Das sind nur zwei weitere Namen, die kursieren. Eine wichtige Rolle bei der Findung spielt der Mitgliederrat. Das Gremium führt Gespräche mit Kandidaten und wird den Mitgliedern ein Dreiergespann ans Herz legen.
Das Fazit
Offene Fragen, wohin das Auge blickt. Angesichts der Vielzahl der zu beackernden Felder kann dem geneigten FC-Fan schon etwas schwummrig werden. Zwar steht der Verein trotz der noch mehr als 13 Wochen Zeit bis zum Bundesligastart unter erheblichem Zeitdruck, doch hektische Schnellschüsse verbieten sich. Vielmehr muss für jede Position – auf und abseits des Platzes – die bestmögliche Lösung gefunden werden.
Niemand möchte im WM-Sommer 2026 die nächste „Mission Wiederaufstieg“ ausrufen. Ein FC in ruhigen Fahrwassern, der sich mit einem guten Punktepolster in der ersten Liga hält und eventuell sogar wieder irgendwann in Richtung europäische Wettbewerbe schielen darf, dürfte den Fans besser gefallen.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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