9€-Ticket
Kolumne: Chancen und Risiken des 9€-Tickets

Jeder spürt es bereits deutlich. Die Energiepreise sind teurer geworden. Deutlich teurer. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Zum einen gab es nach der Coronarezension wieder eine höhere Nachfrage nach Energie in der Industrieproduktion weltweit. Zum anderen steigen die Preise für CO2-Emissionen, was jedoch in Anblick des Klimaschutzes auch gewollt ist. Des Weiteren sei ein Grund zu nennen, welcher häufig fälschlicherweise als der einzige Verursacher dieser hohen Preise dargestellt wird. Der Ukraine-Krieg.
All diese Faktoren verursachen also, dass das Autofahren, gerade für einkommensschwache Menschen, fast unbezahlbar geworden ist. Aufgrund dessen hat die Regierung richtigerweise beschlossen, die BürgerInnen zu entlasten und ihnen eine günstige, attraktive Alternative zum mittlerweile sehr teuren Autofahren zu bieten. Das Resultat war unter anderem das am 1. Juni 2022 eingeführte 9€-Ticket.
Mit dieser Einführung wollte man nicht nur, wie bereits erläutert, die Menschen entlasten, sondern auch einen wichtigen Schritt in Richtung Verkehrswende gehen, welcher in Bezug auf das Erreichen der Klimaziele fundamental ist.
Die Resonanz auf die Einführung des 9€-Tickets war erst einmal sehr euphorisch. Schließlich konnte man so für nur 9€ einen ganzen Monat in ganz Deutschland den ÖPNV benutzen. Dieses günstige Angebot hat natürlich dazu geführt, dass der Ansturm auf das 9€-Ticket gewaltig war. Ungefähr 21 Millionen Mal wurde es bereits verkauft.
Doch diese hohen Verkaufszahlen täuschen. Sie spiegeln nämlich nicht wider, dass viele Menschen mittlerweile eine ablehnende Haltung gegenüber dem ÖPNV entwickelt haben. Gerade das Zugfahren wird häufig stark kritisiert. Teils stundenlange Verspätungen oder gänzlich ausfallende Züge, die teils zu verpassten Terminen führen, und oft überfüllte Züge, sind die Ursachen für solch einen berechtigten Unmut.
Dieser entstandene Unmut ist meiner Meinung nach deswegen so problematisch, da das 9€-Ticket eine Auslastung des ÖPNV geschaffen hat, wie man es sich bei einer angestrebten ökologischen Verkehrswende eigentlich wünscht. Doch nur leider ist der derzeitige ÖPNV keineswegs für eine solch gewaltige Nachfrage gewappnet, und die Menschen merken und merkten es Tag für Tag.
Wenn diese Frustration dazu führt, dass die Menschen in Zukunft wieder vermehrt auf das individualisierte und klimaschädlichere Autofahren zurückgreifen, dann haben wir, dann hat das Klima, ein echtes Problem. Denn eine tiefsitzende negative Haltung gegenüber dem ÖPNV lässt sich nur schwer wieder ändern.

Deswegen muss der Appell an die Regierung lauten, proaktiv mit den BürgerInnen zu kommunizieren. Denn bislang stellt der Verkehrsminister häufig nur mit Worten, wie z.B. "Erfolg" oder "Kassenschlager", in den Vordergrund, wie gut das Ticket angenommen wurde oder wiegelt die Problematik der überfüllten Züge mit der Aussage ab, dass die Länder es schon so organisieren werden, dass es zu einem "reibungslosen Verkehr" in ganz Deutschland komme.
Das ist keine Kommunikation, die so wirkt, als ob man die Probleme der BürgerInnen ernst nehmen würde. Dies muss sich ändern!
Eine offene Kommunikation, die die Probleme mit dem ÖPNV deutlich thematisiert, Lösungsvorschläge präsentiert und einen kräftigen Ausbau des ÖPNV bis zu einem konkret genannten Zeitpunkt garantiert, sind in solch einer Zeit angemessen, damit der ÖPNV niemals mit negativen Erfahrungen assoziiert wird. Denn ein gut ausgebauter, pünktlicher und demnach auch attraktiver und verlässlicher ÖPNV trägt maßgeblich dazu bei, dass die Bevölkerung bereit ist, sich vom Auto zu lösen und den klimafreundlichen ÖPNV zu nutzen.

LeserReporter/in:

Tom Braun aus Köln

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