Warum so viel Müll herumliegt
Köln, warum bist du so dreckig?

Nach dem Grillen werden die Reste oftmals einfach liegen gelassen oder neben die Mülltonne gestellt. | Foto:  Axel König
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  • Nach dem Grillen werden die Reste oftmals einfach liegen gelassen oder neben die Mülltonne gestellt.
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Köln gehört zu den dreckigsten Städten Deutschlands, es wimmelt bei uns nur so von Müll. Das wird offensichtlich, jeden Tag – ob bei einem Spaziergang am Rhein, einer Runde durch den Park oder beim Einkaufen in der Innenstadt. Nur: Wer ist daran schuld? Und wie lässt sich die Situation endlich in den Griff bekommen?

von Alexander Büge

Köln. Fakt ist: Aktuell ist die Lage desolat, in jedem Veedel, vor allem an Wochenenden mit gutem Wetter. Und das, obwohl im Auftrag der Stadt Köln bei den Abfallwirtschaftsbetrieben (AWB) fast 2000 Personen mit der Müllentsorgung beschäftigt sind. Kostenpunkt für Kölner Steuerzahler: 60 Millionen Euro pro Jahr!
Kein Wunder also, dass Oberbürgermeisterin Henriette Reker gegenüber „Koelnistkool“ bereits im Mai an die Kölner appellierte: „Sie sollen sich gerne im öffentlichen Raum aufhalten, aber bitte nicht alles stehen und liegen lassen. Oder ihre Kaffeebecher fallen lassen oder ihre Pizza-Kartons. Und das ist besonders schlimm, wenn Events stattgefunden haben und die Stadt total vermüllt ist.“

Geändert hat sich das Stadtbild seither nicht. Allerdings gibt es dafür auch einen Grund. Denn: Je dreckiger es irgendwo ist, desto geringer die Hemmschwelle der Menschen, dort weiteren Müll zu hinterlassen. „Man nennt das auch den Broken-Window-Effekt“, erklärt der Kölner Sozialpsychologe Prof. Dr. Andreas Glöckner. „Wenn einmal ein Fenster zerbrochen ist oder ein Ort schmutzig aussieht, kann es schnell zu einem weiteren Verfall kommen.“

Auf der Zülpicher Straße sind Müllanhäufungen wie diese trauriger Alltag. | Foto: Alexander Büge

Verantwortlich dafür seien laut Glöckner weniger stark verinnerlichte Verhaltensregeln - sogenannte soziale Normen - und eine geringere Aktivierung dieser Normen in einer verdreckten Umgebung. „Wenn bei der Erziehung nachlässig mit diesem Thema umgegangen wurde, kann das auch im Verlauf des Lebens eine weniger große Rolle spielen“, sagt Glöckner. Werte wie Sauberkeit und Müllvermeidung seien aber vermutlich auch nicht mehr so stark in der Gesellschaft verankert, weshalb die Bevölkerung als Gesamtes weniger oft auf dieses Thema zu sprechen komme oder Verursacher darauf aufmerksam mache.

Dementsprechend sehen auch die AWB die Kölner selbst in der Pflicht. „Sauberkeit ist eine Gemeinschaftaufgabe. Es kommt auf bedarfsgerechte Reinigung und Entsorgungsmöglichkeiten für Abfälle an, aber auch auf das richtige, bewusste Verhalten der Menschen“, teilen die Abfallwirtschaftsbetriebe auf Anfrage von „Express – Die Woche“ mit. „Insgesamt fehlen Bewusstsein, Respekt und Wertschätzung für den öffentlichen Raum.“

Mehrere Bürgervereine im Stadtgebiet stellen aber auch Mängel bei den AWB fest. Es gäbe zu wenige Mülltonnen und Abfalleimer, die zudem zu selten geleert würden. Die Folge wären Müllanhäufungen, die sich bei stärkerem Wind oder durch Vögel auf den Straßen oder in den Parks flächendeckend verteilen.
Klar ist somit: Um das Müllproblem zu lösen, müssen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden. Um diese zu bündeln, erstellt die Stadt gemeinsam mit externen Experten derzeit den „Masterplan Sauberkeit“.
Wie genau dieser aussehen soll, ist noch nicht bekannt. Allerdings haben die AWB schon klare Vorstellungen davon, wie die Stadt dauerhaft sauberer werden könnte. Neben einem gesteigerten Bewusstsein in der Bevölkerung sowie häufigeren Leerungen von Mülltonnen brauche es weiterhin Kontrollen und Sanktionen von Fehlverhalten. Dazu müsste klarer zwischen den verantwortlichen Akteuren kommuniziert sowie eine kontinuierliche Qualitätssicherung bei der Ausführung von Reinigungsleistungen durchgeführt werden.

In der Stadt gibt es nicht genug Mülltonnen, die zudem nicht oft genug geleert werden. | Foto: Büge

Außen vor lassen möchten die Verantwortlichen des Masterplans die Kölner Bürger allerdings nicht. Im Gegenteil: Ab dem 24. Juli bekommen sie über das Beteiligungsportal der Stadt Köln unter der Adresse meinungfuer.koeln die Möglichkeit, Ideen einzubringen oder auf bisher unbekannte Problemfelder aufmerksam zu machen.

Klar ist aber schon jetzt: Köln spürbar sauberer zu bekommen, wird zu einem enormen Kraftakt werden. Deutlich mehr finanzielle Mittel müssten dafür bereitgestellt und die Bürger entsprechend sensibilisiert werden. „Durch eine Kombination von mehreren Maßnahmen könnte man viel erreichen. Zum einen müsste die gesamte Stadt einmal richtig sauber gemacht werden. Gleichzeitig müsste eine unmissverständliche Kommunikations-Kampagne ins Leben gerufen werden“, empfiehlt Glöckner. „Durch eine solche Botschaft könnte in den Köpfen der Menschen verankert werden, dass Köln ab sofort als eine saubere Stadt wahrgenommen werden soll und jeder etwas dazu beitragen kann.“
Jeder Einzelne ist also gefragt. Und zwar schon jetzt und nicht erst, wenn der Masterplan steht. Also Kölle: Auf geht‘s, packen wir es an!

Auszug aus dem Bußgeldkatalog

  • Spucken: 30–60 €
  • Kaugummi ausspucken: 40–75 €
  • Notdurft verrichten: 60–200 €
  • Tauben füttern: 35–1000 €
  • Kippe wegwerfen: 50–150 €
  • Hundekot liegen lassen: 35–500 €
  • Ablagern von Sperrmüll ohne Termin: 200–10 000€
  • Wegwerfen von Lebensmittelresten, Plastikflaschen, Leeren von Autoaschenbechern etc.: 50–150 €
Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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