Ungewöhnliches Bild
Dat Wasser vun Kölle es fott!

Blick von Poll nach Rodenkirchen Anfang der Woche: Wo ist nur der Rhein? | Foto: Alexander Büge

Staub, Müll und Muscheln inmitten einer Steinwüste: Wo sich normalerweise metertief Wassertiere im Rhein tummeln, herrscht derzeit massive Trockenheit. Der Rhein hatte am vergangenen Mittwoch einen Pegel von 1,14 Metern und ist damit so niedrig wie nur selten. Und der Pegel wird weiter fallen …

von Alexander Kuffner

Köln. Die Langzeitvorhersage der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) in Bingen sagt voraus, dass der Kölner Pegelstand bis Anfang August vermutlich im Sinkflug bleibt. Natürlich hängt das mit der Wetterprognose zusammen, doch diese ist für die nächsten Wochen ebenfalls knochentrocken.
Die meisten Probleme durch den niedrigen Wasserstand hat die Schifffahrt – eine volle Ladung ist für Lastkähne derzeit nicht möglich, dafür ist der Pegel zu gering. „Bei Niedrigwasser werden jedoch, anders als bei Hochwasser, keine Einschränkungen für die Binnenschiffer ausgesprochen“, sagt WSV-Sprecher Florian Krekel. Jeder fährt sozusagen auf eigene Gefahr. Das führt momentan jedoch nicht zu weniger Verkehr auf dem Rhein. Im Gegenteil: Es sind mehr Schiffe unterwegs, da die Ladung auf mehrere Pötte verteilt wird.
Dazu muss man wissen, dass selbst bei einem sehr niedrigen Pegel noch Schiffe fahren können. Wie das geht? Krekel: „Der Nullpunkt des Pegels wurde vor langer Zeit willkürlich festgelegt und passt natürlich nicht überall.“ Dazu komme die Fahrrinne, die man sich wie einen Kasten im Wasser vorstellen müsse, so der Experte.

Ein kleines Rechenbeispiel: Bei einem Kölner Pegel von 1,39 Metern ist der Rhein in der Fahrrinne noch 2,50 Meter tief. Frachtschiffe brauchen unbeladen etwa einen Meter Wasser unter dem Kiel – plus einen Sicherheitsabstand von 30 Zentimetern. Der bisher tiefste Stand des Kölner Pegels betrug 67 Zentimeter, gemessen am 23.10.2018. Damals stand das Wasser in der Fahrrinne also noch 1,83 Meter hoch – für unbeladene Frachtschiffe kein großes Problem. Selbst bei einem Pegel von null würde man also bei einem Spaziergang ans andere Ufer noch bis zum Bauch nass. Versuchen sollte das jedoch niemand, denn die starke Strömung würde einen schnell von den Beinen holen.

Doch zurück zum aktuellen Wasserstand, der laut Florian Krekel noch kein ökologisches Problem darstellt: „Problematisch wird es erst, wenn die Wassertemperatur des Rheins über 28 °C steigt. Dann wird es eng mit dem Sauerstoff und es kann zu einem Fischsterben kommen.“ Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe am Mittwoch, 20. Juli, war der Rhein je nach Uhrzeit um die 25°C warm.

Sommerliche Hitze und ein Rhein mit Freibadtemperaturen – das verlockt immer wieder Menschen dazu, sich im Fluss abzukühlen. Doch ein Bad im Rhein ist bei Niedrigwasser noch gefährlicher als ohnehin schon! Schwimmer planschen dann näher an den Schiffen und somit auch nah an den gefährlichen Strudeln: absolute Lebensgefahr!

Und dass wir uns im Zuge des Klimawandels an das derzeitige Rheinpanorama gewöhnen müssen, zeigten kürzlich die Resultate aus einem Forschungsprojekt. Dieses stellte im Auftrag der länderübergreifenden Kommission zur Hydrologie des Rheins (KHR) fest, dass schmelzende Gletscher und weniger Schnee zukünftig die Niedrigwassersituationen im Rhein von Basel bis zur Nordsee verschärfen könnte.

Die Auswirkungen wären erheblich und würden nicht nur die Rheinschifffahrt und deren wichtigen Gütertransport beeinträchtigen. Kraftwerke könnten weniger Strom produzieren und Trinkwasserversorger müssten sich auf häufigere Wasserknappheitssituationen vorbereiten. In landwirtschaftlich stark genutzten Gebieten könnte außerdem das Wasser während der Wachstumsperiode im Sommer knapp werden.

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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