Baumschutzsatzung für Frechen
Bäume können aufatmen

Finger weg von der Kettensäge. Frechen hat jetzt wieder eine Baumschutzsatzung. Wer Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 80 Zentimetern ohne Erlaubnis fällt, dem drohen hohe Bußgelder. | Foto: pixabay
  • Finger weg von der Kettensäge. Frechen hat jetzt wieder eine Baumschutzsatzung. Wer Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 80 Zentimetern ohne Erlaubnis fällt, dem drohen hohe Bußgelder.
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Frechen - Die Baumschutzsatzung ist zurück. Der Rat der Stadt Frechen hat ihre
Wiedereinführung beschlossen. Bei der Abstimmung und den heftigen
Diskussionen zuvor präsentierte sich die Ratskoalition aus CDU, FDP
und Grünen erneut nicht als geschlossene Einheit.

Vor einigen Jahren noch schaute ich beim morgendlichen Kaffee aus der
heimischen Küche auf drei riesige Bäume in unterschiedlichen
Nachbarsgärten. Elstern und Tauben bauten dort ihre Nester (übrigens
keine gute Kombination für junge Tauben), ein Reiher nutzte einen der
Bäume als Aussichtsplattform, um die fischreichen Gartenteiche
auszuspähen und sogar ein Storch stattete den Bäumen ab und zu einen
Besuch ab. Alles in allem ein sehr schöner Anblick. Jetzt sind alle
drei Bäume weg.

Warum? Hohe Bäume machen Arbeit, verlieren Laub, verschatten
Grundstücke und Häuser, Wurzeln heben Terrassenplatten an, … es
gibt genügend nachvollziehbare Gründe, keinen großen Baum im
eigenen Garten haben zu wollen.

13 Jahre lang durften Bürger und Wohnungsbaugesellschaften mit
Mietobjekten in Frechen, frei über Leben und Tod von Bäumen und
Hecken auf ihrem Grund, entscheiden.

Damit ist es jetzt vorbei: Die Baumschutzsatzung ist zurück. Nach
zähem Ringen, heftigen Diskussionen und einem einjährigen
Arbeitskreis wurde im Rat der Stadt Frechen ihre Wiedereinführung
beschlossen.

Dabei sah es Anfang der Sitzung nicht gut für die Befürworter einer
solchen Satzung aus. Zwei Ratsmitglieder der SPD fehlten
krankheitsbedingt. Somit waren SPD, Perspektive und LINKE, auf
Abweichler aus der Ratskoalition CDU, FDP und Grüne angewiesen.

Diese hatte kurzfristig einen Gegenentwurf zur, im interfraktionellen
Arbeitskreis erarbeiteten, Beschlussvorlage vorgelegt. So kurzfristig,
dass selbst einige Ratsmitglieder der Grünen, deren
Fraktionsvorsitzende Miriam Erbacher den Antrag immerhin mit
unterschrieben hatte, dessen Inhalt nicht kannten.

Der Vorschlag von CDU, FDP und Grüne: Die Baumschutzsatzung solle
nicht für privat genutzte Gärten gelten. „Ich fühle mich auf den
Arm genommen“, ärgerte sich Stefanie Geier von der SPD. Das Jahr
Arbeitskreis hätte man sich sparen können. Der kurzfristig
vorgelegte Gegenentwurf stände zudem juristisch auf wackligen Beinen.
Stefanie Geier: „Eine Satzung ist allgemeingültig. Da kann man
nicht einfach Teile ausklammern. Das wäre so, als ob die
Abfallsatzung nicht für blonde Frauen und glatzköpfige Männer
gelten soll.“

Auch Bürgermeisterin Susanne Stupp und Dieter Dumstorff, Leiter der
Rechtsabteilung im Rathaus, bestätigten ihre „rechtlichen
Bedenken“ zu dem Vorschlag von CDU, FDP und Grüne.

Trotzdem wollte die Ratskoalition daran festhalten. „Eine
Lachnummer!“, ärgerte sich Dieter Zander von der Perspektive für
Frechen, „Verfassungsrechtlich höchst bedenklich“, warnte Peter
Singer von der Linksfraktion, „da kann man sich nur noch an den Kopf
fassen“, resümierte Hans Günter Eilenberger, Fraktionsvorsitzender
der SPD.

Aber die CDU-Fraktionsvorsitzende Karla Palussek blieb ihrer Linie
treu: „Wir stimmen nur zu, wenn privat genutzte Gärten
ausgeschlossen werden.“ Das sahen anscheinend aber nicht alle in der
Ratskoalition so, denn in geheimer Abstimmung fand sich eine 23:21
Mehrheit für die Einführung einer Baumschutzsatzung für alle
Frechener Bürger. Schon wie bei der Entscheidung für einen
Technischen Beigeordneten präsentierte sich die Jamaika-Koalition,
die bei einheitlicher Abstimmung auf 25 Stimmen gekommen wäre, nicht
als geschlossene Einheit. Jetzt hat auch Frechen, als letzte Stadt im
Rhein-Erft-Kreis, eine Baumschutzsatzung. Bäume mit einem Stammumfang
von mindestens 80 Zentimetern (ausgenommen Obstbäume) und
freiwachsende Hecken mit einer durchschnittlichen Höhe von mindestens
zwei Metern dürfen jetzt nicht mehr einfach entfernt werden.
Zuwiderhandeln kann mit Geldbußen von bis zu 50.000 Euro bestraft
werden. Die Entfernung solcher Bäume und Hecken muss mit der Stadt
abgestimmt werden.

Redakteur/in:

Lars Kindermann aus Rhein-Erft

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