800 Jahre Gymnicher Ritt
Reiterprozession seit dem Hochmittelalter

Pfarrer Joseph Pikos sieht im traditionsreichen Gymnicher Ritt ein Fest für alle Generationen. | Foto: Archiv/Claudia Scheel
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Der Gymnicher Ritt, der alljährlich auf Christi Himmelfahrt stattfindet, ist eine religiöse Reiterprozession und ein Volksfest mit Fahrgeschäften und zahlreichen Ausstellern zugleich. In diesem Jahr lädt die Pfarrgemeinde St. Kunibert Gymnich am Donnerstag, 29. Mai, zum 800-jährigen Jubiläum des Brauchtums ein und erwartet auch eine Reihe von Ehrengästen. Kardinal Rainer Maria Woelki zelebriert die Messe um 10.45 Uhr. Zum Pogramm gehört auch ein Konzert mit Kathy Kelly, das am Sonntag, 25. Mai, 19 Uhr, in der Kirche St. Kunibert in Gymnich stattfindet.

Erftstadt-Gymnich (red). An Christi Himmelfahrt ist in Gymnich sprichwörtlich „die Hölle los“ - aus „himmlischem“ Grund. Denn seit mittlerweile 800 Jahren pilgern hunderte Reiter und Fußgänger ab dem frühen Morgen entlang der Gemarkungsgrenzen der Fluren Gymnichs. Aufgrund der zunehmenden Pilgerzahl hat sich der Gymnicher Ritt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zu einem überregionalen Ereignis im Rheinland und darüber hinaus entwickelt. Seit vielen Jahren wird er von Angehörigen der katholischen Pfarrgemeinde St. Kunibert Gymnich organisiert und durchgeführt. Aber warum ziehen die Pilger eigentlich rund um Gymnich?

Joachim Axer, Organisationsleiter des Gymnicher Ritts, erklärt zur Historie: „Die heute am stärksten verbreitete Meinung zur Entstehung des Gymnicher Ritts verknüpft ein urkundlich bezeugtes historisches Ereignis mit einer einleuchtend klingenden Sage. In einer Schenkungsurkunde aus dem Jahre 1219, die der Jülicher Graf Wilhelm während des 5. Kreuzzuges (1217-1221 und 1228-1229) ausstellte, wird der ‚miles‘ (Ritter) Arnoldus de giminich genannt. Während des Rückzuges aus dem heutigen Ägypten setzt die Sage in einer überfluteten Nil-Landschaft ein. Ritter Arnold geriet mit seinem Pferd in einen Sumpf und sah sich in aussichtsloser Situation auf eine Rettung. Da soll Ritter Arnold gelobt haben, für den Fall seiner Rettung, alljährlich, Gott zu Ehren, einen Ritt um Gymnich zu halten. Kaum habe er das Gelöbnis ausgesprochen, sei das Pferd von einem Schilfhuhn erschreckt worden, habe sich aufgebäumt und mit einem großen Sprung festen Boden erreicht“, fasst Joachim Axer zusammen.

Die Art und Weise des heutigen Ritts gehe auf die Initiative des Vikars Josef Weißenfeld von 1910 zurück: „Mit dem damaligen Schloßherrn, Graf Franz Vicomte de Maistre, führte er eine Erneuerung des Ritts durch – und so ist es bis heute geblieben“, erklärt Joachim Axer. Dabei spielen, neben der Pfarrgemeinde St. Kunibert Gymnich, auch die beiden großen Gymnicher Schützenvereine eine entscheidende Rolle: die St. Sebastianus Bruderschaft und die St. Kunibertus Schützengesellschaft.

Die Feierlichkeiten beginnen um 8 Uhr mit einer Pilgermesse. Um 8.10 Uhr hält die St. Sebastianus Bruderschaft Einzug am Schloss zur Übergabe der Schlossstandarte. Um 8.30 Uhr zieht dann die St. Kunibertus Schützengesellschaft zur Übergabe der Kreuzpartikel, die der Legende nach dem Kreuze Jesu entstammen, ans Schloss.

Die Übergabe der Kreuzpartikel durch den Präsidenten der St. Kunibertus Schützengesellschaft an den Priester erfolgt um 8.55 Uhr am Treppenaufgang zur Kirche. Wenig später zieht dann die Fußprozession um 9 Uhr los. Im Anschluss beginnt die Reitermesse auf dem Rittplatz. Gegen 9.35 Uhr erfolgt dann auch der Auszug der Reiterprozession.

Während die Pilger rund drei Stunden lang auf ihrem rund zwölf Kilometer langen Weg sind, wird um 10.45 Uhr die heilige Messe gefeiert. Um 11.30 Uhr beginnt das Aufstellen zum Einholen der Prozession vor der Kirche. Die Prozession wird dann am Ortseingang (Pilgerweg) abgeholt. Um kurz nach 12 Uhr erfolgt die Pferdesegnung an der Mariensäule, bevor dann gegen 12.45 Uhr der Einzug der Prozession auf den Rittplatz beginnt. Mit dem Schlusssegen endet um 13 Uhr der christliche Teil des Gymnicher Ritts.

Zu dieser Zeit hat allerdings der „weltliche“ Teil längst begonnen. Denn anlässlich des Gymnicher Ritts wird auch einer der größten Jahrmärkte der Region in Gymnich gefeiert – mit Fahrgeschäften und zahlreichen Ausstellern, die ihre Waren und Dienstleistungen mitten im Ort anbieten. Um 19 Uhr endet dann das bunte Treiben mit „Himmel“ und „Hölle“ rund um den Gymnicher Ritt.

Pfarrer Joseph Pikos sieht im traditionsreichen Gymnicher Ritt ein Fest für alle Generationen. | Foto: Archiv/Claudia Scheel
Der Prozessionsweg im Ort wird besonders festlich mit zahlreichen Fahnen geschmückt: die Schützenbruderschaften St. Kunibertus und St. Sebastianus beschreiten den Pilgerweg zu Pferd. | Foto: Archiv/Claudia Scheel
Redakteur/in:

Georg Zingsheim aus Kerpen

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