Benefiztheater
Wie man Stroh zu Gold macht

- Was verhilft zu neuen Lebensquellen, wenn Verlust und Trauer zu verkraften sind. Schauspielerin Annette Schramm gab in ihrem Theaterstück Anregungen.
- Foto: Sylvia Schmidt
Windeck. „Stroh zu Gold, statt Geld wie Heu“, mit dieser provokanten Frage beginnt Fillipas Suche nach goldenen Strohhalmen in schwierigen Lebensphasen. Die Windecker Schauspielerin Annette Schramm begibt sich im Theaterstück „Filippas Suche nach dem Tor zur Welt“ auf die Suche nach ihrem Platz im Leben, auf eine lange Reise von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter.
Kein ablenkendes Geräusch war im Haus des Gastes in Herchen zu hören. Konzentriert auf das eindringliche Spiel auf der Bühne, schien den rund einhundert Zuschauern die Zeit abhandengekommen zu sein.
Um die großen Fragen im Leben geht es beim Ökumenisch ambulanten Hospizdienst Windeck/Eitorf, zu dessen Gunsten Annette Schramm das Stück unter Regie von Christine Schmücker als Benefizveranstaltung aufführte. Als ehemalige Sozialarbeiterin ist die Schauspielerin schon immer mit der Hospizarbeit verbunden.
Seit 2021 ist sie ehrenamtliches Mitglied beim hiesigen Hospizdienst. Das Stück, bereits ihr drittes über Tod und Verlust, hat sie wieder selbst geschrieben. Filippa ist Stellvertreterin für alle, die nach ihrer Mitte suchen, die einen Verlust zu verkraften haben.
Ohne die Schwere Überhand gewinnen zu lassen, gelingt es Schramm sich auf die Auseinandersetzung mit den Anforderungen des Lebens einzulassen.
Filippa wächst in einer Großfamilie auf einem Bauernhof auf. Das Kind empfindet Einsamkeit und Langeweile. Für solche Gefühle ist kein Platz, denn tägliche Arbeit steht für die Erwachsenen im Vordergrund. Geschickt webt Schramm auf einer zweiten Ebene zu den jeweiligen im Stück auftretenden Lebensstationen kurze Texte von Mystikern und Dichtern aus alter und neuer Zeit als Bausteine ein. Sie können dabei helfen, den Herausforderungen mit einer gewissen Resilienz zu begegnen. Ein solcher Baustein ist aber auch das kindliche Spiel, die absichtslose Versunkenheit ins Tun. Schramm zitiert der „Der spielende Mensch“ vom zeitgenössischen Dichter Heiner van Sandt „Spielen, spielend leben, einzigartig, ohne Umschweife, echt, immer gegenwärtig“. Im Abstand von zwei Jahren sterben Fillipas Großeltern, später begeht die geliebte Tante Selbstmord, der hier stellvertretend für jede Art von „selbst Mord“ steht. Über Tod und Trauer wird in der Familie nicht gesprochen.
Fillipa erfindet für sich eine Strategie. Sie versteht es, in jeder Person einzelne „goldene Strohhalme“ zu sehen. Ihrem Tagebuch, sie nennt es „All Mut“, vertraut sie nach einer durchwachten Nacht an: Der Suizid war ihre Wahl, ihre Verantwortung. Ich werde ihre guten Dinge in Ehren halten“. Sie gibt der Tante einen schönen Platz in sich und damit sich selbst eine neue Quelle der Lebensfreude und Leichtigkeit. Hinzu nimmt Schramm einen Text von persischen Dichter Rumi, der die ganze Welt auf der Suche nach Gott durchstreift und nirgends gefunden hatte. Als er wieder nach Hause kam, sah er ihn vor der Türe seines Herzens stehen und er sprach: Hier warte ich seit Ewigkeiten. „Da bin ich mit ihm in mein Haus gegangen“, sagt der Heimkehrer.
Für ihr minimalistisches, intensives Spiel erhielt Annette Schramm begeisterten Applaus. Im Anschluss gab es Gelegenheit, im Foyer miteinander ins Gespräch zu kommen. Gespendet wurden 1290 Euro für die Hospizarbeit, die es für die Sterbe- und Trauerbegleitung verwenden wird.
Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:Sylvia Schmidt aus Windeck |
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