Damals und heute
"Lebensläufer": Geschichten der Flucht

Lebensläufe(r) ist ein ehrgeiziges Projekt, das die Veröffentlichung von Briefwechseln zwischen Geflüchteten unterschiedlicher Länder und Epochen zum Thema hat.  | Foto: Britta Meyer
  • Lebensläufe(r) ist ein ehrgeiziges Projekt, das die Veröffentlichung von Briefwechseln zwischen Geflüchteten unterschiedlicher Länder und Epochen zum Thema hat. 
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Opladen -  „Lebensläufe(r)“ ist ein schwieriges Projekt, das sich das
Brachland-Ensemble, eine Kooperation des Jungen Theater Leverkusen und
des Westdeutschen Tourneetheaters Remscheid, vorgenommen hat. Eine
Brieffreundschaft zwischen ehemals, heute hier lebenden Geflüchteten
und jüngst zu uns geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Voneinander
lernen sollen sie, Erfahrungen austauschen und für hier geborene eine
Chance des Verstehens geben.
Per Postbote werden die Briefe überbracht, Übersetzer helfen bei der
teils komplizierten Kommunikation, anschließend werden sie in einer
Ausstellung präsentiert und von Schauspielern auf die Bühne
gebracht, immer unter Wahrung der Anonymität. „Wir haben nicht mit
so vielen Hindernissen gerechnet“, berichtet Dominik Breuer, der das
Projekt betreut. „Alleine die Kontakte zu interessierten Teilnehmern
herzustellen, ist schwierig.“
So haben die Akteure festgestellt, dass Menschen, die nach dem Krieg
aus ihrer Heimat vertrieben wurden, heute immer noch unter einer
mangelnden Wertschätzung ihrer eigenen Geschichte leiden. Mit Sätzen
wie „uns hat damals auch keiner geholfen“ wird teils wenig
Verständnis für die Geflüchteten von heute aufgebracht. Zudem
erweist sich die Kontaktaufnahme zu allen Generationen als aufwendig
bis nahezu unmöglich.
Über Seniorenheime oder Verbände können nur wenige Menschen
angesprochen werden, der Kontakt zu eingewanderten Bürgern nach dem
Balkankrieg in den 1990er Jahren ist nicht minder kompliziert. Und die
Kinder und Jugendlichen, die derzeit in den Flüchtlingsunterkünften
leben, sind oft so abgeschirmt, dass eine simple Anfrage nicht
möglich ist und das Überbringen der Post fast ein Abenteuer wird.
„Wenn aber eine Brieffreundschaft entstanden ist, dann ist diese ein
wertvoller Einblick in die Lebensgeschichte dieser Personen“, so
Breuer. „Alleine dafür lohnt sich der Aufwand.“ Für Dominik
Breuer und seine Mitstreiter zeigt sich in dem Projektverlauf mit
seinen Hindernissen ein Abbild der aktuellen gesellschaftlichen
Situation, die es zu hinterfragen gilt. Und Fragen kommen auf, die
nach dem Warum zu stellen sind, weshalb nach dem zweiten Weltkrieg
Vertriebene auch heute noch Probleme mit der Wertschätzung ihrer
eigenen Lebenssituation haben und wieso kaum Immigranten der jüngeren
Generation für die Brieffreundschaft gewonnen werden konnten.
Spannend wird es, wenn am 17. Februar die Ausstellung in den Räumen
des Jungen Theaters eröffnet wird und Briefe sowie Bilder aus der
halbjährigen Arbeit der Öffentlichkeit präsentiert werden. Parallel
findet dann auch die Premiere der szenischen Lesung im Jungen Theater
statt mit Auszügen aus den Briefen und der Korrespondenz bei der
Suche nach Teilnehmern. Im Anschluss sind weitere Veranstaltungsorte
geplant sowie eine Tour der Ausstellung durch NRW und Deutschland.
Dabei steht im Fokus, dass das Projekt im Werden begriffen ist und
neue Brieffreundschaften jederzeit entstehen können. Damit verstanden
wird, was Flucht und Ankommen bedeutet.

 

- Britta Meyer

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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