Die Krise bisher gut überstanden
Das Krankenhaus Porz sieht sich gut aufgestellt

Das Krankenhaus Porz hat die Pandemie bisher gut gemeistert. | Foto: König
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  • Das Krankenhaus Porz hat die Pandemie bisher gut gemeistert.
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Porz - (sr) Als die Pandemie nach Deutschland kam, wurde sie begleitet von
Bilder aus Italien. Bilder von überfüllten Krankenhäusern oder von
LKW, die hunderte Leichen abtransportierten, ließen das Blut in den
Adern gefrieren. Innerhalb kürzester Zeit wurde in den meisten
europäischen Ländern das soziale Leben komplett heruntergefahren,
das englische Wort „Lockdown“ steht inzwischen für weit mehr als
seine eigentlich Bedeutung „Ausgangssperre“.

Bilder, wie in Italien, Spanien, Frankreich oder auch in New York, gab
es bei uns nicht. Wir sind glimpflich davon gekommen, unser
Gesundheitssystem war nicht überfordert, es starben deutlich weniger
Menschen an COVID19 als in den meisten Nachbarländern. Die Zahlen der
Erkrankten sinken deutlich. Bisher. Aus diesem Grund haben die
Entscheidungsträger die Kontaktsperren, Vorschriften und Anordnungen
nach und nach gelockert.

Im Krankenhaus Porz beantworteten Arist Hartjes (Geschäftsführer),
Dr. Ranka Marohl (Chefärztin der Interdisziplinären
Notfallambulanz), Priv.-Doz. Dr. Henning Krep (Chefarzt der
Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie) und Andrea Hopmann
(Pflegedirektorin) unsere Fragen:

Wie viele Corona Fälle hatte das Krankenhaus bisher?

Dr. Marhol: Wir hatten 41 nachgewiesene COVID 19-Fälle. 15
davon lagen auf der Intensivstation, 13 mussten beatmet werden, 4 sind
verstorben. Die höchsten Zahlen hatten wir über Ostern, da waren es
21 Fälle, davon 9 auf der Intensiv, 8 wurden beatmet.

Stimmt es, dass es vor allem ältere Menschen trifft?

Dr. Krep: Wir hatten Patienten im Alter zwischen 42 und 90
Jahren auf der Intensivstation. Unsere 90-Jährige hatte eine ganz
schlechte Prognose, hat aber alles überstanden. Wir wissen heute,
dass es sich nicht nur um eine Lungenentzündung handelt, sondern,
dass das Virus auch andere Organe, wie die Nieren, befällt. So sind
die Patienten, die die Lungenentzündung überstanden haben, noch
nicht unbedingt geheilt. Aber die meisten werden wieder gesund, es
dauert aber.

Gab es einen Engpass in dieser Zeit?

Dr. Krep: Wir hatten keinen akuten Mangel, aber es gab knappe
Zeiten, in denen wir rechnen mussten. Es gab eine Zeit, in der neun
Patienten zeitgleich beatmet werden mussten. Nicht alle hatten COVID
19, andere Krankheiten gibt es ja auch noch.

Andrea Hopmann: Wir hatten sehr schnell eine Einsatzleitung
installiert, und im letzten Jahr machten wir eine große Übung. Das
alles hat uns sehr gut auf die Epidemie vorbereitet. Insgesamt kann
ich Ärzte, Pflegekräfte, Verwaltung und Haustechnik hier nur loben.
Ich bin erst seit Ende letzten Jahres am Krankenhaus Porz tätig und
habe vorher einige andere Krankenhäuser kennengelernt. Die
Zusammenarbeit hier in Porz nehme ich herausragend wahr. Das hat uns
gut durch die Krise gebracht.

Wie viele (Corona)-Plätze hat das Krankenhaus? Vor der Krise und
jetzt?

Dr. Marohl: Wir haben schon seit Jahren eine Isolierstation mit
15 Plätzen. Wir haben auf 45 Plätze in drei Isolierstationen
aufgestockt. Es gab also keinen Engpass hier.

Rechnen Sie mit einer zweiten Welle und wenn, wann?

Dr. Krep: Seit zwei bis drei Wochen haben wir deutlich weniger
COVID 19- Patienten. Wir gehen aber davon aus, dass die Zahlen wieder
ansteigen. Wie schnell und ausgeprägt, lässt sich nicht voraussagen.
Wir gehen davon aus, dass die Aufmerksamkeit insgesamt deutlich
gestiegen ist und davon, dass uns das Thema noch Monate bis Jahre
beschäftigen wird. Inwieweit welche Lockerungen angemessen sind,
fragen und diskutieren wir auch privat. Auf jeden Fall sind wir im
Gesundheitswesen alle besser vorbereitet bei einer neuen Welle.

Was glauben Sie, warum Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern
deutlich weniger Todesfälle im Verhältnis zu den Infiziertenzahlen
verzeichnet?

Dr. Marohl: Zum einen denke ich, dass wir mehr testen als
andere. Zum anderen hatten wir immer ausreichend Intensiv- und
Beatmungsplätze. Auch hatten wir mehr Zeit uns vorzubereiten, als zum
Beispiel Italien.

Kann im Porzer Krankenhaus schon wieder von Normalität gesprochen
werden?

Arist Hartjes: Besucher sind in diesem Monat noch nicht
zugelassen, mit wenigen Ausnahmen zum Beispiel bei Schwangeren und
Kindern. Wir sind dabei, ein neues Besucherkonzept zu entwickeln, das
auch für die Zukunft tragbar ist.

Gibt es auch Dinge, die in der Krise entstanden sind und sich auch
für die Zeit danach etablieren sollten?

Arist Hartjes: Ein Besucherkonzept auf jeden Fall. Es gab
sicher auch Menschen, die unter der Einsamkeit gelitten haben. Aber
sehr viele Patienten empfanden es erholsam, dass nicht andauernd
Besucher am Bett, oder am Nachbarbett saßen. Den Besuchsverkehr
werden wir sicher dauerhaft einschränken. Das heißt natürlich
nicht, dass Angehörige, deren Besuch für Patienten von großer
Bedeutung ist, ausgeschlossen werden. Aber wir werden darauf achten,
dass Patienten mehr Ruhe zum Genesen bekommen. Ich glaube, dass auch
die Politik und die Bevölkerung eine andere Wahrnehmung entwickelt
hat, und dass über die bisher angedachten strukturellen
Veränderungen in Bezug auf angebliche Überkapazitäten im
Krankenhausmarkt noch einmal neu nachgedacht werden muss.

Andrea Hopmann: Unser Krankenhaus hat sich als krisensicher
erwiesen. Nun müssen wir abwarten, wie es weiter geht, wie sich die
Infektionsrate weiterentwickelt.

Gibt es noch etwas, dass Sie der Porzer Bevölkerung mitteilen
möchten?

Dr. Marohl: Seien Sie kritisch, wenn Sie die Meinung von
Fachleuten lesen. In Deutschland haben wir viele herausragende
Experten auf allen Bereichen in der Medizin. Nur, nicht jeder ist auch
automatisch ein Experte, wenn es um SARS-CoV-2 Viren geht. Zudem sind
nicht alle Forschungsergebnisse ganz einfach zu deuten und eins zu
eins auf unsere Situation zu übertragen. Hier sollten die Leser
durchaus kritisch bleiben. Wir sind uns hier einig, dass sowohl das
Robert-Koch-Institut als auch der Virologe Professor Dr. Christian
Drosten sehr gute Arbeit leisten.

Arist Hartjes: Dem schließe ich mich an. Wenn Sie etwas lesen,
schauen Sie immer genau nach, wer was gesagt hat. Glauben Sie nicht
alles, vertrauen Sie den Renommierten.

Redakteur/in:

Sabine Robels aus Köln

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