Diskussionsrunde "Pazifismus"
Kriegsursachen erkennen

Podiumsdiskussion mit Siegfried Charlier, Philip Nock, Dr. Gudula Frieling, Torben Peping (v.l.).  | Foto: Manfred Stern
  • Podiumsdiskussion mit Siegfried Charlier, Philip Nock, Dr. Gudula Frieling, Torben Peping (v.l.).
  • Foto: Manfred Stern

Lindlar. Frieden schaffen ohne Waffen!? „Kann man heute noch Pazifist*in sein?“ So der Titel der Diskussionsrunde, die in der Voßbruch-Halle Lindlar rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer anzog. Der „Runde Tisch für Frieden und Gerechtigkeit Lindlar“ hatte drei Redner eingeladen, die sich aus ihrer persönlichen Sicht zu dieser Frage äußerten: ein Friedensaktivist, ein Politikwissenschaftler und eine Theologin. Während der Theologe Michael Hänsch aus Lindlar die erste Hälfte des Abends moderierte, übernahm in der zweiten Stunde der Student und SPD-Politiker Torben Peping die Gesprächsführung.

Boykott als bewährtes Mittel

Siegfried Charlier, Buchautor und Supervisor aus Lindlar, forderte in seinem Impulsvortrag eine neue europäische Friedensordnung, in der Russland nicht ausgegrenzt werde. Kriegsursachen gelte es frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen, dazu gehörten Abhängigkeiten wie die deutsche Abhängigkeit vom russischen Gas. Putins Angriff auf die Ukraine, so der Friedensaktivist, sei ein klarer Völkerrechtsbruch. Die westlichen Staaten, insbesondere die USA, hätten aber im Vorfeld ebenfalls das Völkerrecht gebrochen, so im Irak oder in Serbien. Zusagen, die Nato nicht nach Osten zu erweitern, habe der Westen nicht eingehalten. Der Boykott von deutschen Firmen, die von Geschäften mit Russland profitieren, wäre ein gewaltfreies Mittel, den Angreifer zu schwächen. Die Friedensbewegung, so der Aktivist, sei nicht am Ende. Man könne und müsse immer protestieren, wenn Unrecht geschieht, unter Umständen auch mit zivilem Ungehorsam.

Negativer und positiver Frieden

Den Unterschied zwischen negativem und positivem Frieden machte Philip Nock deutlich. Als Doktorand am Lehrstuhl für internationale Beziehungen der Universität Bonn beschäftigt er sich unter anderem mit internationaler Sicherheitspolitik. Er zitierte den Friedensforscher Johan Galtung: Der „positive Frieden“ sei der Zustand, in dem eine Gesellschaft insgesamt ohne personelle und strukturelle Gewalt lebt. Ein „negativer Frieden“ herrsche in einer Gesellschaft, die nicht in einem Kriegszustand ist.

Insgesamt habe auf der Welt die Zahl der zwischenstaatlichen Kriege abgenommen, so der Politikwissenschaftler, die bewaffneten Konflikte innerhalb eines Staates aber zugenommen. Er verwies auf das Conflict Data Program der schwedischen Universität Uppsala, das alle militärischen Konflikte seit dem Zweiten Weltkrieg verzeichnet.

Nock sieht die Idee „Wandel durch Handel“ als gescheitert an. Ziel müsse es sein, technologische Abhängigkeiten von einzelnen Länder wie etwa bei der Chip-Produktion zu verringern.

Sicherheit neu denken

Auf das Konzept „Sicherheit neu denken“ verwies die Dortmunder Theologin Dr. Gudula Frieling. Die Initiative hat „Impulse für eine entschlossene und besonnene Reaktion auf Putins Krieg“ zusammengestellt und verweist auf Wege zur gewaltfreien Konfliktbewältigung und Deeskalation, unter dem Dach der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa).

Frieling sprach als Mitglied des „Ökumenischen Instituts für Friedenstheologie“, in dem sich Wissenschaftler verschiedener Hochschulen und Glaubensrichtungen zusammengeschlossen haben.

Sie plädierte für aktive Gewaltfreiheit, man müsse zwischen den Menschen und ihren Handlungen unterscheiden.

Auch der Feind könne zum Partner werden, denn letztlich sei jeder Mensch von Gott angenommen.

Publikumsdiskussion

Das Konzept der Publikumsdiskussion, bei dem die Anwesenden Gäste möglichst früh im Veranstaltungsverlauf die Möglich-

keit haben, sich zu äußern und Fragen zu stellen, hat sich an dem Abend bewährt.

Der Meinungsaustausch mit den Vortragenden, aber auch innerhalb des Publikums, war lebhaft und auch von persönlicher Betroffenheit geprägt.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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