Ausfall von Atemschutzgeräten immer noch ungeklärt
Eine gewisse Ungewissheit bleibt

Feuerwehrleute sind im gefährlichen Rauch auf ihre Atemschutztechnik angewiesen. Pressluft in der Flasche auf dem Rücken versorgt sie dann mit Luft zum Atmen.  | Foto: Benjamin Nolte - stock.adobe.com
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  • Feuerwehrleute sind im gefährlichen Rauch auf ihre Atemschutztechnik angewiesen. Pressluft in der Flasche auf dem Rücken versorgt sie dann mit Luft zum Atmen.
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Seit fast einem Jahr fährt bei vielen Kölner Feuerwehrmännern auf dem Weg zum Einsatz nun schon die Angst mit. Im Frühjahr 2023 versagten mehrere Atemschutzgeräte im Einsatz. Sie sind die Lebensversicherung der Floriansjünger im gefährlichen Rauch. Doch die Ursache der Ausfälle konnte immer noch nicht gefunden werden.

von Serkan Gürlek

Köln. Am 16. April 2023 blieb zwei Feuerwehrleuten beim Versuch, einen Senior über das Fenster seiner brennenden Wohnung in die Drehleiter zu retten, auf einmal die Luft weg. Das Atemschutzgerät lieferte plötzlich trotz ausreichend voller Flaschen keine Pressluft mehr in die Masken der beiden Retter.
Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich kurze Zeit später – zum Glück bei einer Trainingseinheit und daher ohne Folgen für den betroffenen Floriansjünger. Weitere Mängel an den Atemschutzgeräten ließen nicht lange auf sich warten: So zeigte eines plötzlich nicht mehr die noch verfügbare Atemluft an, ein anderes gab zu viel Pressluft in die Maske.

Die Atemschutzgeräte der Kölner Feuerwehr, Modell „Airboss Connect“, stammen vom renommierten Hersteller Dräger aus Lübeck. Sie wurden erst 2021 zum Preis von 2,8 Millionen Euro angeschafft, lösten die 20 Jahre alte Ausrüstung ab. Nach der Berichterstattung durch diese Zeitung im Juni 2023 traten die Fälle mit den defekten Atemgeräten an die Öffentlichkeit. Es folgten weitere Medienberichte und auch politische Debatten.

Stadt: „Eine eindeutige Ursache für die Ausfälle konnte bislang nicht gefunden werden.“

Aber was hat sich inzwischen – zehn Monate nach dem ersten Ausfall – getan? Offenbar nicht viel, wie auch Katja Reuter vom Presseamt der Stadt Köln gegenüber „EXPRESS – Die Woche“ resümiert: „Eine eindeutige Ursache für die drei ausgefallenen Atemschutzgeräte aus April und Mai 2023 konnte bislang durch die externen Gutachter nicht gefunden werden. Die technische Untersuchung der drei Atemschutzgeräte ist zwischenzeitlich abgeschlossen, da sich für die externen Gutachter keine neuen Ansatzpunkte darstellten.“
Aus Sicht der Kölner Feuerwehrleute eine maue Antwort, geht es schließlich um überlebensnotwendige Technik. Immerhin: Weitere Ausfälle von Atemschutzgeräten wurden seither nicht aus Köln gemeldet.

Melanie Kamann, Pressesprecherin des Herstellers Dräger, teilt zum Stand der Dinge gegenüber dieser Zeitung mit: „Die Feuerwehr Köln hat sich als einer der ersten Kunden für dieses neue Atemschutzgerät (…) entschieden. Wir haben den Kunden eng begleitet, um die ersten Erfahrungen im Einsatz zu verfolgen. Dabei haben wir leider mehrere voneinander unabhängige Funktionseinschränkungen identifiziert. (…) Die Sicherheit der Einsatzkräfte hat für uns oberste Priorität.“ Doch auch vonseiten des Herstellers bleibt es bei der Frage nach der Ursache der Ausfälle beim Schulterzucken.

Wie sich Feuerwehrleute bei einem Ausfall ihres Atemschutzgeräts verhalten sollen, wird regelmäßig trainiert und gehört bundesweit zur Ausbildung dazu. Zusätzlich wird bei Bränden immer ein Sicherheitstrupp alarmiert, der im Fall der Fälle die Einsatzkräfte sichern und aus der Gefahrenzone retten soll. Allerdings wird dieser Sicherungstrupp aufgrund von personellen Engpässen regelmäßig im Rettungsdienst eingesetzt.

So kommt es laut Kölner Feuerwehrkreisen durchaus dazu, dass Feuerwehrleute – entgegen der Dienstvorschrift – bereits vor dem Eintreffen des nächsten verfügbaren Sicherheitstrupps mit Einsätzen unter Atemschutz beginnen müssen. Eben weil der für die Kameraden zuständige Trupp gerade im Rettungswagen Patienten durch Köln fahren muss, statt seine Kameraden im Einsatz schützen zu können.
Oft muss daher ein Sicherungstrupp einer anderen, in den meisten Fällen weiter entfernten Wache den Einsatz übernehmen. Und dessen Eintreffen kann dauern ...

Die Probleme mit den Atemschutzgeräten haben tiefe Verunsicherung in den Reihen der Feuerwehr Köln gesät. Sicher ist, dass der Beruf von Feuerwehrleuten ein hohes Grundrisiko mit sich bringt, dem man mit international geschätzter Ausbildung, Personalstärke und guter Ausstattung zu begegnen versucht, jedoch belasten die Ausfälle immer noch die Psyche der Kölner Retter.

„Jedes Mal, wenn ich die Atemschutzmaske anlege, versuche ich den Gedanken an die Ausfälle auszublenden und mich auf den Einsatz zu konzentrieren“, äußert sich ein Mitglied der Kölner Feuerwehr anonym gegenüber dieser Zeitung. „Und so geht es nicht nur mir, sondern vielen Kameraden.“

Kölner Retter im Würgegriff
Feuerwehrleute sind im gefährlichen Rauch auf ihre Atemschutztechnik angewiesen. Pressluft in der Flasche auf dem Rücken versorgt sie dann mit Luft zum Atmen.  | Foto: Benjamin Nolte - stock.adobe.com
Bei jedem Feuer entstehen giftige Rauchgase. Feuerwehrleute werden mit Atemschutzgeräten, die sie mit Pressluft versorgen, davor geschützt – vorausgesetzt diese funktionieren einwandfrei. | Foto: Gerhard Seybert - stock.adobe.com
Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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