Tagung „Arbeitsmarkt Bornheim inklusiv?!“
Stadt Bornheim informierte die Arbeitgeber

Gelungene Integration in den Arbeitsalltag am Beispiel der Bonner Werkstätten im Herseler Werk. Hier kreieren und produzieren Mitarbeiter mit geistiger oder körperlicher Behinderung alljährlich den Karnevalsorden ihrer Einrichtung selbst. | Foto: Frank Engel-Strebel
  • Gelungene Integration in den Arbeitsalltag am Beispiel der Bonner Werkstätten im Herseler Werk. Hier kreieren und produzieren Mitarbeiter mit geistiger oder körperlicher Behinderung alljährlich den Karnevalsorden ihrer Einrichtung selbst.
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Bornheim /Region - (fes) „Ich finde es immer wieder toll, wenn ich Schüler mit
einer Behinderung sehe, die es in den Beruf geschafft haben. Denn
Inklusion endet nicht mit der Schule“, meint Gisela Rothkegel. Sie
leitete viele Jahre die Verbundschule in Uedorf, eine Förderschule
für Kinder mit Sprach- und Lernbeeinträchtigung, und ist
mittlerweile für die Stadt Bornheim als Inklusionsbeauftragte
tätig.

In Sachen Inklusion hat Bornheim in den vergangenen Jahren vieles
umgesetzt und auf den Weg gebracht, vornehmlich in den Kitas, Schulen
und in der Erwachsenenbildung. „Trotzdem stellen wir fest, dass
einige Ziele noch nicht erreicht wurden. Bei der Inklusion im
Arbeitsmarkt haben wir noch Nachholbedarf und möchten Wegbereiter
sein“, erklärte Bornheims Soizaldezernentin Alice von Bülow zu
Beginn der Tagung „Arbeitsmarkt Bornheim inklusiv?!“ im Ratssaal
des Rathauses. Neben interessierten Gästen und Arbeitgebern kamen
auch Vertreter unterschiedlicher Behörden und Einrichtungen, um den
Teilnehmern zu erklären, welche Förder-und Vermittlungsangebote es
gibt.

Das Hautproblem: Es gibt viele Ängste und Sorgen, die auch
nachvollziehbar sind, so Gisela Rothkegel. Mitarbeiter mit einem
Handicap seien „keine Selbstläufer“: „Sie brauchen mehr
Aufmerksamkeit und Unterstützung.“ Diese Scheu gilt es zu nehmen,
ergänzte von Bülow. Positive Beispiele aus der Praxis konnte etwa
Ulrich Rehbann, Vorstand beim StadtBetrieb Bornheim (SBB), mitbringen.
Vier von derzeit 14 in der Grünflächenpflege beschäftigten
Mitarbeiter haben eine Behinderung, darunter ein Gehörloser und zwei
Sehbehinderte sowie ein Kollege mit einer geistigen Einschränkung,
der allerdings körperlich sehr fit ist: „Alle leisten sehr gute
Arbeit, bedürfen aber der permanenten Anleitung und Betreuung“,
schilderte Rehbann.

Auch Uwe Beu, Leiter des Seniorenheims St. Josef in Roisdorf, brachte
Erfahrungen mit, die Mut machen. So gibt es in dem Altenheim seit
Jahren eine Kooperation mit einer Förderschule. Wechselnde Schüler
betreuen die älteren Damen und Herren. Sie gehen mit den Bewohnern
spazieren, unterhalten sich mit ihnen oder spielen gemeinsam. Da es
sich hierbei um eine 1:1-Betreuung handelt, sprich, auf einen Bewohner
kommt ein Schüler, profitieren beide Seiten davon. „Die Schüler
fühlen sich von der Gesellschaft oft missverstanden. Gemeinsam mit
den Bewohnern, fühlen sie sich gebraucht und verstanden.“ Zudem
werde das Personal entlastet.

Froh ist Cordula Müller, dass ihr geistig behinderter Sohn Tom im
Roisdorfer Seniorenheim einen festen Arbeitsplatz fand. Zuvor leistete
er in der Einrichtung ein Freiwilliges Soziales Jahr. Bis es zu dieser
Anstellung jedoch kam, musste Cordula Müller eine wahre Odyssee
hinter sich bringen und erlebte einen wahren Behördenmarathon. Ihr
Problem: Sie fand keinen kompetenten, zentralen Ansprechpartner für
ihre Belange. Mal war die IHK, ein anderes Mal die Arge und dann
wieder die Agentur für Arbeit zuständig gewesen. Zudem hab es
ständig wechselnde Mitarbeiter gegeben. Auch auf rechtliche Fragen
fand sie keine passenden Ansprechpartner: „Ich habe mir die Finger
wund gewählt. Solange mein Sohn in der Schule war, lief alles
reibungslos.“ Danach fehlten ihr die passenden Kontakte. Am Ende
ging nicht nur für Tom Müller, der nun einen geregelten Arbeitstag
hat, alles gut aus, sondern auch für seine Mutter, die nun auch
endlich selbst wieder arbeiten gehen kann und keine Klinken mehr
putzen muss.

Hilfe und Unterstützung bieten in der Region zahlreiche Akteure,
die sich auch auf der Inklusionsveranstaltung in Bornheim vorstellten.
Namentlich sind dies die Agentur für Arbeit Bonn, die Industrie- und
Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, das JOBSTER.team der Bonner
Werkstätten der Lebenshilfe Bonn, die Tertia-Berufsförderung GmbH
mit Hauptsitz in Alfter sowie der Integerationsfachdienst
Bonn/Rhein.

Über ein umfangreiches Netzwerk verfügt zudem die Initiative
Inklusiver Arbeitsmarkt Alfter (www.iia-alfter.de),
die Menschen
mit Behinderung im Raum Bonn/Rhein-Sieg Praktika und Arbeitsplätze
vermittelt.

Ein paar Zahlen:

Laut dem Inklusionsbarometer der „Aktion Mensch“ sank die Zahl der
Arbeitslosen mit einer Behinderung 2018 auf ein Rekordtief von 162.373
(Vorjahr: 170.508) Suchenden. Dennoch, so die Stadt Bornheim, bleibe
es wichtig „die Problemfelder auszumachen und hierfür Lösungen zu
schaffen.“ Denn: Der Abstand zur allgemeinen Arbeitslosenquote (5,7
%) der Menschen ohne Behinderung hat sich zuletzt erstmals wieder
vergrößert. Arbeitslose mit Behinderung suchen trotz leichter
Verbesserung noch immer durchschnittlich 366 Tage nach einem Job. Das
sind 104 Tage länger als bei Nicht-Behinderten. Der Anteil der
Langzeitarbeitslosen ist mit 44,4 % deutlich höher als bei Menschen
ohne Behinderung (35,6 %).

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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