Eifeldom mit Orgelmusik berauscht
Hervorragendes Konzert des 37Jährigen Kirchenmusikers Thilo Morschel

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Barocke, romantische und moderne Orgelwerke: ein anspruchsvolles und vielseitiges Programm

Bad Münstereifel-Houverath. Das Thilo Morschel in gewisser Hinsicht durchaus ein „Allrounder“ ist, weiß man nicht erst, seit er vor einigen Jahren die Tätigkeit als Organist und Küster in der Pfarrkirche St. Thomas - bekanntlich mehr „Eifeldom“ benannt- angetreten hat. Nun entpuppte sich der 37Jährige nicht nur in diesen beiden Funktionen als Mann seines Fachs, sondern auch noch als gekonnt und rhetorisch gut vortragender Moderator. Dies bei seinem eigenen jüngsten Orgelkonzert bei freiem Eintritt, das den Besuchern einen abwechslungsreichen musikalischen Hochgenuss bot.

Schade nur, das sich vermutlich bedingt, so vom Kirchenvorstand Hans Josef Nolden, die schöne Jahreszeit mit seinem auch am späten Sonntagnachmittag „goldenen Oktober“ und die Ferienzeit weniger Menschen als vorab erwartet eigefunden hatten. Dies tat jedoch dem künstlerischen Wirken und Darbietungen keinen Abbruch. Schon vor dem Konzert hatte sich Thilo Morschel Fingerfäustlinge übergewogen, um seine Hände warm und geschmeidig zu halten. Ferner auf der Empore direkt neben der Orgel einen gut wärmender Heiz-Strahler war. Doch solch einen brauchten die Zuhörer dieses Konzertes nicht, denn bei einigen Stücken wurde ihnen auch so warm um´s Herz.

Der Organist und gleichzeitig durch das Programm führende Moderation Thilo Morschel, schritt bevor er die Stufen zur Orgel erklomm zuerst ins Kirchenschiff an die Ambo und begrüßte die Menschen sehr herzlich mit „ich freue mich, dass Sie heute nach St. Thomas gekommen sind und dieses Konzert besuchen. Wie im Orgelkonzert im Oktober des letzten Jahres möchte ich das musikalische Programm wieder ein wenig moderieren, so dass Sie die einzelnen Stücke besser verstehen und mit verfolgen können.“
Für dieses Konzert hatte Tilo Morschel Orgelwerke ausgesucht, die ihm persönlich am Herzen liegen. Habe er auch bewusst darauf geachtet, sowohl barocke als auch romantische Musik darzubieten. Am Ende sollten die Besucher ein paar modernere/ zeitgenössische Stücke hören und einige wahrscheinlich wiedererkennen.
Der Eintritt zu dem Konzert war frei, hatten aber alle die Möglichkeit, am Ende des Konzertes zu spenden.
Und als Morschel oben an der Orgel angekommen war, sagte er zu den Werken jeweils ein paar einleitende Worte, so dass die Kommentierung beim Hören der Stücke noch präsenter war.

Und in weiser Voraussicht einen freundlichen Hinweis gab es vom Organisten: „Schalten Sie gerne Ihre Handys aus oder stellen Sie diese zumindest auf lautlos.“ Und Schwups klingelte auch noch kurz ein Handy in der Kirche.

Orgelspieltisch mit all seinen Facetten

Das Konzert begann voluminös mit einem Marsch von Georg Friedrich Händel (1685- 1759), der für eine festliche Stimmung und Heiterkeit sorgte. Dabei konnten die aufmerksamen Zuhörer die Orgel auch im Tutti, also mit nahezu allen verfügbaren Registern hören. Anschließend folgte ein Choralvorspiel von Dietrich Buxtehude mit dem Titel „Komm, Heiliger Geist, Herre Gott“. Es handelte sich um ein sehr intensives musikalisches Bittgebet, um ein „Bestürmen“ des Heiligen Geistes in einer phantasievollen und deutlichen Sprache. Dietrich Buxtehude (1637-1707) gilt trotz seiner umstrittenen Nationalität – Däne oder Deutscher – als Hauptvertreter der sogenannten Norddeutschen Schule. Aufgewachsen in Helsingör (Dänemark) war er von 1668 bis zu seinem Tode Organist der Lübecker Marienkirche.

Georg Friedrich Händel (1685-1759) Marsch (aus der Ouvertüre zu „Occasional Oratorio“, für Orgel bearb. v. Prof. Dr. W. Bretschneider) Dietrich BUXTEHUDE (1637-1707) Komm, Heiliger Geist, Herre Gott (BuxWV 199).

Bach wird von vielen als der größte Komponist für Orgelwerke gesehen und sollte daher, so Morschel, in diesem Konzert nicht fehlen. Bach schrieb in seiner Leipziger Zeit sieben Konzerte für Cembalo und Orchester, das Konzert f-moll (BWV 1056) war das kürzeste Konzert der Reihe. Das folgende Largo dieses Konzertes ein ruhiges, lebensfrohes und lichtvolles Stück, das der Seele guttat, „neue Hoffnung und Zuversicht schenken“ sollte.

Johann Sebastian BACH (1685-1750) Largo (aus dem Concerto f-moll BWV 1056)

Nach den Orgelwerken der Barockzeit begab sich der Organist mit seinen Kirchenbesuchern in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und konnte Musik des französischen Organisten Léon Boellmann gehört werden hören, der ab 1887 als Titularorganist der Pariser Kirche Saint-Vincent-de-Paul arbeitete. Konnten zwei Sätze aus der sogenannten Suite gothique angehört werden. Das Attribut „gothique“, also gothisch ist zunächst eine Stilbezeichnung aus der Architektur, die den Kirchenraum insbesondere in seiner vertikalen Dimension und Schwerelosigkeit zur Geltung bringen möchte. In der St. Thomas Kirche kam dies besonders gut zur Geltung mit einen enormen und wundervoll dargebrachten Klangfülle Dank dem jungen Houverather Organisten. Das Menuett ein tänzerisches und schwungvolles Stück, das durch seinen Wechsel von Laut und Leise die Weite des Raumes beziehungsweise die Großräumigkeit einer gotischen Kathedrale nachempfinden lässt. Das anschließende Prière à Notre-Dame ein ruhiges, melodiöses, inbrünstiges Gebet, das vor allem die mystische Vision des gotischen Kathedralraums erkennen ließ. Man denke zum Beispiel an die Pariser Hauptkirche Notre-Dame. Auch hier wird der Kirchenraum wieder in seiner vertikalen Weite hervorgehoben, insofern die Melodiestimme den vertikalen Raum in kaum weniger als drei Oktaven
durchschreitet.

Léon BOËLLMANN (1862-1897) Menuet gothique (II) Prière à Notre-Dame (III aus: Suite gothique, op. 25)

Johann Pachelbel (1653-1706) war der größte Nürnberger Orgelmeister. Organisten-Tätigkeiten in Wien, Eisenach, Erfurt und ab 1695 in seiner Heimatstadt Nürnberg an der berühmten Sebalduskirche. Als eine der zentralen Persönlichkeiten süd- und mitteldeutscher Orgelkunst hat er zahlreiche, meist choralgebundene Orgelwerke hinterlassen. Weltberühmt wurde sein Canon in D.

Die Ciacona f-moll, ein tanzartiges Orgelstück im Dreivierteltakt, dessen Eigentümlichkeit darin besteht, dass ein vier Takte langes, melodisch recht einfaches Bassthema (vorspielen!) beständig wiederholt wird, während die Oberstimmen über jeder Wiederholung immer neue Variationen ausführen. Mitunter wird auch das Bassthema selbst variiert. Für Thilo Morschels Empfinden „drückt diese Ciacona eine gewisse Melancholie und Sehnsucht aus, die aber durch tänzerische Elemente aufgebrochen wird. Ich mag das Stück persönlich sehr, weil die Variationen sehr einfallsreich sind und so viel Abwechslung bieten.“
Johann PACHELBEL (1653-1706) Ciacona f-moll

Mit „You Raise Me Up“ ein bekannter Popsong, der 2001 von dem Norweger Rolf Løvland für sein Duo Secret Garden komponiert wurde, wagte Morschel etwas mehr als nur „gelungenes“ und sehr gut bei den Zuhörern ankommendes Stück mit eigenem Arrangement. Ursprünglich war das Lied als Instrumentalversion mit dem Titel Silent Song gedacht. Løvlands Mutter starb während der Produktion des Liedes, und so wurde das Stück bei ihrer Beerdigung in einer Instrumentalversion uraufgeführt.[1] (Der Text des Songs wurde auf Wunsch Løvlands von dem irischen Schriftsteller und Komponisten Brendan Graham verfasst.)
2001 wurde der Song auf dem Album Once in a Red Moon von Secret Garden veröffentlicht und erreichte in Norwegen Platz eins der Single-Charts, hatte aber zunächst nur wenig Erfolg im Ausland. Erst mit der Neueinspielung durch Josh Groban 2004 wuchs die internationale Popularität des Liedes.[5] In den folgenden Jahren wurde das Lied immer wieder neu eingespielt, inzwischen mehr als 500 Mal. Eine besonders bekannte Coverversion ist die der Gruppe Westlife aus dem Jahre 2005.

Thilo Morschel: Auch ich mag auch dieses Lied sehr, da es sehr gefühlvoll und innig ist. Somit bin ich der Ansicht, dass es auch auf der Orgel gut darstellbar ist.“ Wie recht der Organist doch haben sollte, wie auch die späteren applaudierenden kundtaten.

Rolf LOVLAND/ Brendan GRAHAM You raise me up (Morschels Arrangement für Orgel)

Durften die Besucher zu Beginn des Konzertes ein Choralvorspiel von Buxtehude hören, in dem um das Kommen des Heiligen Geistes intensiv gebittet wurde, folgte als Pendant dazu mit dem Taizé-Gesang Veni Sancte Spiritus ein weiteres Mal den Heiligen Geist anrufen und mit Hilfe verschiedener Variationen um seinen Beistand zu bitten. Die Improvisation begann eher leise und verhalten, steigerte sich dann um lebhafter und lauter zu werden. Den Text des Taizé-Gesanges trug Morschel übersetzt vor: Komm, Heiliger Geist, entzünde das Feuer Deiner Liebe. Komm, Heiliger Geist, komm, Heiliger Geist.“ Genau wie bei dem barocken Choralvorspiel von Buxtehude handelt es sich also um ein inbrünstiges Bittgebet, das nun in einer moderneren Tonsprache erklang.

Improvisation über einen Taizé-Gesang 345 Veni Sancte Spiritus

Das danach folgende Stück „Highland Cathedral“ und den meisten in der Kirche bestens bekannt ist ursprünglich eine sehr bekannte (vielleicht weltbekannte) Dudelsackmelodie, die 1982 von den Deutschen Ulrich Roever und Michael Korb komponiert wurde. Die Originalfassung wurde von Michael Korb auf dem Dudelsack interpretiert; die Komposition ist inzwischen international 882 (?) mal auch von anderen Tonträgern veröffentlicht worden, wird von allen schottischen Pipe-Bands (Besetzung aus Dudelsäcken und Trommeln) gespielt und zählt zu den bekanntesten Dudelsack-Melodien der Welt. Für die Melodie sind im Laufe der Jahre unterschiedliche Texte verfasst worden. Der hierzulande bekannteste Text stammt wohl von der Kölschen Kultband Bläck Fööss, die Highland Cathedral im Jahre 2002 unter dem Titel „Du bes die Stadt“ als Hommage an die Stadt Köln in Kölscher Mundart coverte. Das Lied wurde dann auch vor allem im Kölner Karneval ein großer Hit.

Michael KORB/ Uli ROEVER Highland Cathedral (Arrangement für Orgel: Antony Baldwin)

Ein paar Zeilen zur Person des vielseitigen Musikers Thilo Morschel mit Jahrgang 1985 (37 Jahre alt): In Düren geboren und zur Schule (Gymnasium) gegangen, Abschluss: Abitur (2005) Erste Instrumente waren vor einer Orgel Akkordeon und Klavier und wurde schon Unterricht während der Schulzeit genommen. Dann entdeckte der junge Thilo die Orgel „für mich entdeckt und lieben gelernt“. Folgte die Katholische Hochschule für Kirchenmusik St. Gregorius Aachen: Ausbildung zum kirchenmusikalischen Dienst, Abschluss: C-Kirchenmusiker (2005) Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Katholisch-Theologische Fakultät: Diplomstudium der katholischen Theologie, Abschluss: Diplom (2012) Bischöfliches Generalvikariat Aachen: Sakristanausbildung der Erzdiözese Köln und der Diözese Aachen, Abschluss: Sakristan (2017) Organistentätigkeit in der Region Aachen. Während des Theologiestudiums: jahrelanger Orgelunterricht bei Prof. Dr. Wolfgang Bretschneider: bei ihm (Priester und Kirchenmusiker) vor allem gelernt, die geistliche Tiefe der Musik zu durchdringen und darzulegen. Seit April 2019 Küster und Kirchenmusiker im Seelsorgebereich Bad Münstereifel (Schwerpunkt in Houverath und dort auch gerne wohnhaft). Begeisterung für Kirchenmusik, insbesondere Orgelmusik und der Wunsch, „den Menschen damit eine Freude zu bereiten und die Liturgie zu vertiefen und zu bereichern“. Neben der Kirchenmusik mag Thilo Morschel auch viele Songs internationaler Popmusik. Hatte er daher bewusst auch das gefühlvolle Lied „You raise me up“ mit ins Programm des jüngsten und durchweg gelungenen abwechslungsreichen Orgelkonzertes aufgenommen. Morschel:“ Die emotionale Seite der Musik ist mir (neben der geistlichen) auch sehr wichtig: Gefühle ausdrücken: Trauer, Sehnsucht, aber auch Hoffnung, Freude, Zuversicht, Trost.“ Und wie er im gemeinsamen Gespräch betonte und unterstrich: Wohne sehr gerne in der Eifel, genieße so oft es geht die Natur, bin mit dem Fahrrad und zu Fuß unterwegs.“ Mg / Manfred Görgen

LeserReporter/in:

Manfred Görgen aus Bad Münstereifel

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