Deutsche Steinzeug in Witterschlick
Dreht Putin Gashahn zu, stehen hier die Bänder still

Werksleiter Thomas Hammer (links) zeigte Oliver Baron, Volker Bouffier, Oliver Krauß und Rolf Schumacher (von links) die Produktionshallen.  | Foto: fes
2Bilder
  • Werksleiter Thomas Hammer (links) zeigte Oliver Baron, Volker Bouffier, Oliver Krauß und Rolf Schumacher (von links) die Produktionshallen.
  • Foto: fes

Witterschlick (fes). Die Sorge vor einem Stillstand der Bänder wächst mit jedem Tag. Als energieintensives Unternehmen ist auch die Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG mit ihrem Hauptsitz in Witterschlick von den steigenden Energiekosten extrem betroffen und stark abhängig vom Gas aus Russland. Über die Herausforderungen durch die Invasion von Putins Truppen in die Ukraine, aber auch durch die Corona-Pandemie, berichtete kürzlich der Vorstandschef des Keramikproduzenten Dieter Schäfer anlässlich eines Werksbesuches des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier. Dieser kam ebenso wie Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher und der Kreiswahlkampfbeauftragter Oliver Baron auf Einladung des Alfterer Landtags- und Kreistagsabgeordneten Oliver Krauß (alle CDU) nach Witterschlick.

Lagen die Energiekosten vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine für alle vier Standorte der Deutschen Steinzeug noch bei 1,5 Millionen Euro pro Monat, so bewegen sich diese mittlerweile zwischen drei und vier Millionen Euro, erklärte Schäfer. Der Energieverbrauch des Unternehmens entspricht in etwa dem einer Kleinstadt mit 30 000 Einwohnern (zum Vergleich: Die Gemeinde Alfter hat aktuell knapp 24 000 Einwohner).

Würde Wladimir Putin den Gashahn abdrehen, stünden die Produktionsstätten rasch still. Das hätte auch Einfluss auf die Gewerbesteuer, denn mit rund 300 Kollegen, die in der Produktion, im Lager und in der Verwaltung arbeiten, ist die Deutsche Steinzeug einer der größten Arbeitgeber in der Gemeinde Alfter. Um Energie zu sparen wäre es nicht sinnvoll, einzelne Teilbereiche kurzzeitig ruhen zu lassen, da dadurch die Arbeitsketten unterbrochen werden. Zudem sei es wichtig laut Schäfer, dass der Betrieb gleichmäßig mit Energie beliefert werde, nur so könne auch CO2 eingespart werden. Würden Öfen abgeschaltet, und dann später wieder hochgefahren, würden mehr Emissionen freigesetzt als bei gleichlaufendem Betrieb.

Volker Bouffier (70) sprach sich zwar für einen schnellstmöglichen Öl- und Kohleboykott gegen Russland aus, bei den Gaslieferungen plädierte er jedoch für ein Handeln „mit Augenmaß“ um die deutsche Wirtschaft nicht zu gefährden: „Deutschland befindet sich in einer abenteuerlichen Situation. Auf der einen Seite überweisen wir jeden Tag Millionen nach Russland und demgegenüber stehen viele ermordete Mütter, Väter und Kinder.“ Käme es zu einem Gasembargo drohten nicht nur noch höhere Preise, sondern möglicherweise auch eine Massenarbeitsarbeitslosigkeit.

Bouffier warnte zudem: „Wir müssen Putins Aussagen unbedingt ernst nehmen. Stalin und Hitler wurden damals auch nicht ernst genommen. Kommt der Krieg zu uns, reden wir nicht mehr über Gasbezug. Daher sei es auch wichtig, dass die USA und die

Europäer sich weiter einig sind.

Da das Unternehmen laut Pressesprecherin Gabriele Busse seine Rohstoffe zu 84 Prozent aus Deutschland beziehe, könne die Firma unabhängig von internationalen Lieferketten und trotz Pandemie und Krieg weiterhin alles produzieren. Die Deutsche Steinzeug ist spezialisiert auf Wohn-, Schwimmbad- und Fassadenkeramik und beliefert hauptsächlich den Großhandel.

Das Traditionsunternehmen, dessen Geschichte bis ins Ende des 19. Jahrhunderts zurückreicht, steht aber noch vor einer weiteren großen Herausforderung, wie Dieter Schäfer erklärte: Es fehlt an Fachkräften.

An allen vier deutschen Standorten werden derzeit 40 junge Menschen ausgebildet. Weniger als noch einige Jahre zuvor: „In der Spitze hatten wir 70 bis 80 Azubis, wir können dringend weitere Kräfte gebrauchen.“ Der Vorstandschef kritisierte, dass Jugendliche, die kein Abitur machen möchten oder auf die Universität gehen, oft abgestempelt werden nach dem Motto: „Ach, der geht nur zur Berufsschule. Das ist falsch. Wir brauchen auch gute Leute, die bereit sind, sich die Hände schmutzig zu machen, sonst haben wir ein großes Problem.“ Sein Unternehmen bilde in den unterschiedlichsten Bereichen aus, etwa zum Elektroniker, Industriekeramiker, Fachinformatiker oder zu Industriekaufleuten.

Werksleiter Thomas Hammer (links) zeigte Oliver Baron, Volker Bouffier, Oliver Krauß und Rolf Schumacher (von links) die Produktionshallen.  | Foto: fes
Die Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG ist spezialisiert auf Keramikfliesen und beschäftigt alleine im Witterschlicker Hauptwerk 300 Mitarbeiter.  | Foto: fes
Redakteur/in:

Frank Engel-Strebel aus Bornheim

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.