Osterarbeitswoche Trossingen
Treffpunkt von Akkordeonfans aus ganz Deutschland

Die Uraufführung des Lehrgangs "Dirigieren" von Silke D'Inka: Leon Jonas Thieme dirigierte sein eigenes Werk.  | Foto: Anita Brandtstäter
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Wesseling/Trossingen. Die Osterarbeitswoche 2023 des Deutschen Harmonika-Verband e.V. in der Bundesakademie Trossingen begann wie immer am Mittag des Palmsonntags. In fünf Lehrgängen musizierten insgesamt 120 Akkordeonistinnen und Akkordeonisten. Und am Gründonnerstag ging sie mittags zu Ende. Alle Teilnehmenden waren sich einig: es war wieder toll! Und die Dozierenden waren beeindruckend von den großartigen Leistungen, die in den Lehrgängen erbracht wurden. Die Ergebnisse zeigten die verschiedenen Lehrgangsorchester und -ensembles beim Abschluss im schönen Konzertsaal.

Die Lehrgänge

Es gab zum Abschluss sogar eine Uraufführung: Leon Jonas Thieme, 1. Preisträger des Wolfgang Jacobi Kompositionspreises 2023, hatte mal eben ein Werk für seinen Kurs "Dirigieren" bei Silke D'Inka geschrieben, und er präsentierte "Above" auch selbst - das Orchester wurde wieder von Studenten des Hohner-Konservatoriums Trossingen verstärkt. Viel Applaus - vom fachkundigen Publikum und von den Mitgliedern, die offensichtlich auch Freude hatten, es zu spielen.
Zwei Teilnehmerinnen und ein weiterer Teilnehmer dirigierten außerdem aus der Hexenmusik von Kai Armbruster den 3. Satz "Hexenküche" mit vielen Taktwechseln und die "Elegy" von Alla Pavlova im Arrangement der Dozentin.

Die »Orchesterwerkstatt« der Osterarbeitswoche 2023 beinhaltete Originalwerke und Arrangements des Komponisten und Dirigenten Ian Watson aus London, der zum ersten Mal auf Einladung des Deutschen Harmonika-Verband e.V. nach Trossingen kam. Er freute sich, mit den Teilnehmenden auch über den Kompositionsprozess und seine Gedanken "hinter der Musik" zu sprechen. Beim Abschlusskonzert am Donnerstag präsentierte das 30 Mitglieder starke Orchester »Peace« - schon in vielen Programmen deutscher Akkordeonorchester zu finden - und die farbenfrohe, neue Suite »The Legend Of King Arthur« mit den Sätzen: Welcome To Camelot, The Knights Of The Round Table, Guinevere and Lancelot, Arthur's Victory At Mount Badon. Offensichtlich hatten Dozent und Teilnehmende viel Freude bei der Erarbeitung der interessanten Musik - und waren auch glücklich über das musikalische Ergebnis.

Im Ensemblekurs von Andreas Nebl spielten 3,5 Ensembles: ein Bass-Ensemble hatte sich nämlich spontan zusätzlich gebildet. Bei der Abschlusspräsentation am Donnerstag präsentierten sich dann drei Ensembles: ein Quartett spielte von Claude Debussy "Ballet" aus der Petite Suite, 4. Satz, ein Sextett "Oblivion" von Astor Piazzolla und - last but not least - das Bass-Quartett "Adagio" und "Allegro" aus dem Concerto für vier Kontrabässe von Georg Philipp Telemann - und die zwei Bassistinnen und zwei Bassisten hatten sichtbar viel Spaß dabei.

Dieses Jahr war der 30. Lehrgang "Neue Literatur für Akkordeon-Orchester" von Hans-Günther Kölz und Wolfgang Ruß im Rahmen der Osterarbeitswoche. Die Dozenten berichteten im Kurs auch von den Anfängen, als ihr Konzept, ausgewählte Neuerscheinungen aus der eigenen »Werkstatt« im Wesentlichen aus dem Bereich der Popularmusik, aber auch konzertante Arrangements und Kompositionen zu erarbeiten, nicht von allen maßgeblichen Leuten aus dem Deutscher Harmonika-Verband e.V. und in der Akkordeonszene positiv aufgenommen wurde. Seit vielen Jahren ist es inzwischen der Kurs der Osterarbeitswoche mit den meisten Teilnehmenden.
Dieses Jahr war es wieder ein fast 50 Mitglieder starkes Orchester, das zum Abschluss der Präsentationen am Gründonnerstag noch vier Titel darbrachte: unter Leitung von Hans-Günther Kölz die Ouverture aus der "Big Apple Suite", mit der Wolfgang Ruß den 1. Preis beim Schweizer ARMA Kompositionswettbewerb 2022 gewonnen hat, als Opener, sein ganz frisches, konzertantes Arrangement von John Lennons "Imagine", das ganz aktuell oft als Friedenslied interpretiert wird, und seine Komposition "Spirit" zum Jubiläum des Deutschen Harmonika-Verband e.V. zum Dank für ehrenamtliches Engagement. Zum Abschluss dirigierte Wolfgang Ruß dann sein Arrangement des Jazz-Klassikers "Watermelon Man" - mit Improvisationseinlagen am Akkordeon, am Keyboard und am Klavier.

Zum zweiten Mal gab es bei der Osterarbeitswoche einen Lehrgang für Steirische Harmonika. In diesem Kurs entführte Michaela Fürnschlief die Teilnehmenden in die Welt der alpenländischen Volksmusik. Sie gab praktische Tipps, sprach über Notationsformen, vermittelte Begleitformen.... Der Unterricht erfolgte sowohl in der Gruppe als auch im offenen Einzel-Unterricht.
Zwar gab es keinen Auftritt am Donnerstag bei der Abschlusspräsentation der Kurse im Konzertsaal, dafür aber am Abend vorher im Rahmen der Open Stage im Foyer der Bundesakademie.

Die Konzerte

Der erste Abend am Sonntag war gleich ein Highlight: Das 2011 gegründeten Bezirksorchester der DHV-Bezirke Staufen und Stuttgart-Ludwigsburg präsentierte unter Leitung von Erwin Schuster sein aktuelles Programm "Aus den Welten: von Wesen und Gestalten". Die Gestaltung des Eröffnungskonzertes bei der Osterarbeitswoche war ursprünglich für 2020 geplant - coronabedingt musste die Lehrgangswoche abgesagt werden. Dafür wirken bei der 10. Auflage des Projektorchesters 2023 40 Musikerinnen und Musiker mit!
Auf dem Programm: »Raider's March« von John Williams, aus »Enigma Variationen« Nimrod von Edward Elgar, die Uraufführung von »Im Land der Trolle« von Simone Kopp, der Konzertmeisterin, und als Hauptwerk die »Bilder einer Ausstellung« von Modest Mussorgskij - mit allen zehn Bildern, verbunden durch die Promenade. Viel Applaus und stehende Ovationen gab es zum Schluss für die Akteure.

Eine der Höhepunkte beim Montagskonzert der Osterarbeitswoche, in dem sich traditionell das Hohner-Konservatorium Trossingen vorstellt: die Aufführung der Auftragskomposition "My Switzerland" von Hans-Günther Kölzdurch das Hohner-Akkordeonorchester 1927 Trossingen e.V. und das Seminarorchester des Kons unter Leitung von Johannes Baumann. Sowohl der Komponist als auch der Dirigent waren sichtlich zufrieden - Standing Ovations des Publikums.
Sein fulminantes Dirigerdebüt gab Alex Rose: das Gesamtorchester spielten unter seiner Leitung drei Sätze aus seinem eigenen Werk, der Filmmusik "The Stolen Princess". Tolle Akkordeonmusik, wunderbar arrangiert und präsentiert, mit den Sätzen: The Shrink Machine - Grounded - Main Theme.
Vor dem Orchesterprogramm präsentierten sich Ensembles und Solisten mit einem breiten Programm von Scarlatti und Dvorak über Originalwerke von Wolfgang Jacobi und Viktor Vlassov sowie Astor Piazzolla bis zu Duke Ellington einerseits und zu einem ukrainischen Tanz andererseits. Es traten Patrick Meier aus der Jugendklasse Andreas Nebl, Sandra Giepmann aus der Solistenklasse Andreas Nebl sowie Anna Matchenko und Dima Sakovych aus der Vollzeitklasse Wladimir Maretchko auf und beeindruckten die Teilnehmenden.
Eröffnet wurde das Konzert mit dem vielen schon bekannten Quartett Jessica Winterholler,Simon Lauenstein,, Nils Aebersold,Karla Gvozden und dem 2. Satz Adagio aus dem Streichquartett G-Dur Op. 106 von Antonin Dvorak. Das Quintett mit Sandra Giepmann, Ines Dieterle, Bianca Rieger, Sarah Gimbel und Juliana Kraus spielte das Arioso aus der Sinfonischen Suite von Wolfgang Jacobi. Zum Abschluss des ersten Programmteils gab es noch einen Ukrainischen Tanz, gespielt vom Trio Ivan Tsarynnyk, Dima Sakovych und Anna Matschenko. Diese drei Ensembles wurden von Andreas Nebl vorbereitet.
Sarah Gimbel spielte außerdem im Duo mit ihrem Lehrer Hans-Günther Kölz am Klavier "It Don't Mean A Thing' von Duke Ellington. Ein hochklassiges und abwechslungsreiches Programm.

Auch die beiden weiteren Abendveranstaltungen waren großartig: ein Duo und ein Solist.
Am Dienstag präsentierten Antje Steen, Akkordeon, und Fabian Dobler, Klavier und Transkription, Beethovens Klaviersonate No 32 in c-Moll Op. 111. Wie bei einer künstlerischen Schwarz-Weiß-Fotografie wird der Gegensatz des gehaltenen Akkordeon-Tons zum perkussiven Klavier zum Spiel von Licht und Schatten. Das erzeugt emotionale Spannung. Siehe: https://fabian-dobler.de/

Und am Mittwoch gab es ein Solo-Programm des 18-jährigen Antonio Del Castillo aus München, er hat Unterricht bei Marko Sevarlic. Antonio gewann 2022 beim Coupe Mondiale den ersten Preis in der Junior Kategorie. In seiner Programmauswahl waren sowohl moderne Originalwerke für das Akkordeon aus Japan, Russland und Spanien als auch klassische Kompositionen von Bach, Scarlatti und Mendelssohn. Mit einer beeindruckenden Leichtigkeit präsentierte er die technisch und musikalisch höchst anspruchsvollen Werke, auch die Werke der Neuen Musik gestaltete er mit viel Ausdruck und oft einem Lächeln auf den Lippen.

Die Workshops

Bei der Osterarbeitswoche gibt es neben der Lehrgängen auch Workshops, die dieses Jahr auf viel Interesse stießen.

Am Montagabend war Christines Schmidt zu Gast zum Thema Bühnenpräsenz: In schwierigen Situationen souverän bleiben, eine kraftvolle und energiegeladene Stimme trainieren, gute Atemtechnik und eine richtige Körperhaltung erlernen, das Lampenfieber im Zaum halten, Unsicherheiten überwinden... Eine inspirierende Stunde!

Auch ein Thema eines Workshops: Neue Ideen für den Akkordeon-Unterricht mit Kindern. Jessica Winterholler und Manuela Glock berichteten von ihren Erfahrungen beim Unterrichten von Kindern im Verein und in der Musikschule. Eine Schülerin und vier Schüler präsentierten dann auswendig einen Ausschnitt aus ihrem Repertoire und ihren Etüden. Einige "standen das erste Mal auf der Bühne", andere waren schon wettbewerbserfahren.

»Let’s groove this funky Body Beat« - unter diesem Motto gab Christine Genserich in einem Abend-Workshop Anregungen, Bodypercussion als Auflockerung und Abwechslung in die Probe oder den Unterricht integrieren. Neben dem großen Spaßfaktor werden Rhythmusstabilität und Koordination geschult.

In einem weiteren Workshop erläuterte Theresa Demandt vom Bundesmusikverband Chor & Orchester e.V., wie man passende Fördermittel findet und erfolgreich beantragt.

Der letzte Workshop war der Mitgliedergewinnung & Nachwuchssicherung gewidmet: Marco Geigges vom Bund Deutscher Blasmusikverbände und Schwäbischen Chorverband erläuterte Zielgruppen und Formate zur Nachwuchsgewinnung. Nachwuchs für das Orchester zu gewinnen und diese Musikerinnen und Musiker auch im Verein zu halten gehört zu den zentralen Herausforderungen in jedem Orchester. Praxiserprobte Ideen und Modelle, wie das gelingen kann, wurden in diesem Kurzworkshop vorgestellt.

Das sonstige Rahmenprogramm

Nicht nur in den Lehrgängen wurde Akkordeonmusik gemacht. Einige Teilnehmerinnen des Lehrgangs Steirische Harmonika bei Michaela Fürnschliefhatten am Dienstagabend in ihrem Kursraum Musik gemacht - und es fanden sich immer mehr Teilnehmende ein: zunächst zum Tanzen, dann aber auch zum Mitspielen - mit drei Morinos und einem kleinen Schlagzeugbesteck. Dann kam auch Ian Watson dazu und begleitete die volkstümliche Musik mit einer Morino oder am Klavier. Er hatte viel Spaß dabei - wie alle Besucherinnen und Besucher der spontanen Jam-Session.

Am Mittwochabend gibt es immer eine Open Stage im Foyer der Bundesakademie. Eröffnet wurde sie 2023 durch die Dozenten Hans-Günther Kölz am Flügel und Wolfgang Ruß am Bass sowie zwei Studenten des Hohner-Konservatorium Trossingen. Und dann wurde auch ein Schlagzeug aufgebaut, Eric Dann, Geschäftsführer des Kons, kam dazu... Die Dozentin Michaela Fürnschlief für Steirische Harmonika gab ein Solo, begleitet von Wolfgang Ruß an der Gitarre und Hans-Günther Kölz am Klavier. Und es wurde sogar ein Boarischer getanzt, denn Volksmusik ist Tanzmusik! Gute Stimmung unter den Teilnehmenden bis spät in die Nacht - bei tollen Jazz-Standards.

Wie in den letzten Jahren war auch wieder der Service von Hohner drei Nachmittage in der Bundesakademie. Instrumentenchecks, Akkordeonreinigung und kleine Reparaturen wurden direkt vor Ort gemacht. Herzlichen Dank.

Zur Osterarbeitswoche gehörten auch wieder zwei Notenausstellungen.
Notenwunderland und Jetelina Akkordeonmusik waren mit einem großen Sortiment im Foyer der Bundesakademie. Sie konnten auch direkt Bestellungen von Stimmensätzen für die Teilnehmenden erfüllen, weil sie ihr großes Lager ja in Trossingen haben.
Aus Marl angereist waren Stefanie und Tobias Dalhof von der Amusiko Musikverlage Verlagsgruppe.

LeserReporter/in:

Anita Brandtstäter aus Köln

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