Motorradgottesdienst
Apokalypse? Nur keine Panik!

Der 24. Motorradgottesdienst lockte bei strahlendem Sonnenschein rund 200 Biker auf den Platz vor der Evangelischen Kirche in Waldbröl.                                                                                   | Foto: Jürgen Sommer
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  • Der 24. Motorradgottesdienst lockte bei strahlendem Sonnenschein rund 200 Biker auf den Platz vor der Evangelischen Kirche in Waldbröl.
  • Foto: Jürgen Sommer

Waldbröl. Wenige Minuten vor dem 24. Motorradgottesdienst (MOGO) steht der bikende Pfarrer, Jochen Gran, mit einem Brötchen in der einen und einem Kaffee in der anderen Hand hinter der Bühne und lässt die Jahre Revue passieren:

„Es hat sich einiges geändert. Früher half jeder jedem wenn es eine Panne gab, und auch die Veranstaltungen mit Inhalt werden von Bikern nicht mehr so wahrgenommen“. Der 24. MOGO, das steht fest, war in jedem Fall eine Veranstaltung mit Inhalt. „Apokalypse Now“, den Filmtitel zum Vietnamkrieg hatte Gran zum diesjährigen Thema erhoben. Ein wahrlich dickes Brett, was es zu bohren galt, in Zeiten voller Unsicherheiten, mit Krieg und teils politischer Unzufriedenheit im Land.

„Ein sonniger Tag, genau der richtige Tag um über das Weltende nachzudenken“, rief er den rund 200 Gottesdienstbesuchern zu, die vor der Evangelischen Kirche saßen oder im Schatten der Häuserwände an der Hochstraße neben ihren Maschinen standen. Mit dem Unterton der Ironie begonnen, verließ der Pfarrer schnell den argumentativ ausgetretenen Pfad des Meinungs-Mainstreams, kritisierte, mahnte und teilte auch aus. So bekam seine alte Biolehrerin ihr Fett weg, die bei ihren evolutionstheoretischen Ansätzen im Bio-Leistungskurs keinen Widerspruch duldete.

Frage auf Frage folgte. Gibt es keine globale Gerechtigkeit mehr? Auf der einen Seite werden Milliarden für Waffen ausgegeben, während Millionen Menschen Hunger leiden! Machen wir die Welt schöner durch Windräder? Warum muss unsere schöne Landschaft zugebaut werden, beschleunigt durch die Stadtflucht vieler Menschen? Apokalypse now!

Für ungezählte Soldaten, egal auf welcher Seite sie stehen, geht die Welt jetzt gerade, in diesem Augenblick, unter. Für viele hungernde Kinder ebenso! „Wann und wie der Untergang kommen wird, das weiß ich auch nicht“, sagte der Pfarrer, „aber keine Panik, der Untergang der Menschheit bedeutet nicht das Ende der Welt“.

Die theologische Antwort folgte: „Für uns Christen wird es eine neue Erde und einen neuen Himmel geben“. Ohne Zweifel blieben nach der Predigt doch Fragen offen, die viel Nachdenklichkeit initiierten. Wie gewohnt holte Gran auch Interview-Gäste auf die Bühne. Reiner Stegemann, NABU aktiver Umweltschützer, möchte, dass den Politikern mehr auf die Finger geschaut wird.

Im Sinne des Insektenschutzes wird die Landwirtschaft seiner Meinung nach durch die flächenbezogenen Subventionen an der falschen Stelle gestützt. Stegemann distanziert sich bei allem Engagement für die Umwelt klar von der letzten Generation, den Festklebern und Kunstwerkbeschmierern. Als Vertreter der jungen Generation betraten Julius und Cassian Feuerstein mit Adrian Oetzel die Bühne. Der Zukunft sehen die drei jungen Männer, alle um die 20 Jahre alt, ohne Angst entgegen. „Und was würdet ihr tun, wenn morgen die Welt unterginge?“ Eine Antwort kommt spontan: „Dann würde ich mich mit einem Bier auf die Terrasse setzen und dem Feuerwerk zuschauen!“ Weltuntergang als Event mit Knalleffekt? Jeder so wie er mag. So schlimm kann es dann wohl nicht werden.

Die christlich orientierte „Jordan Wells Band“ aus Siegen sorgte für die musikalische Unterstützung des Gottesdienstes. Nach der Gedenkminute für die im Jahresverlauf tödlich verunglückten Verkehrsteilnehmer, sind sicher einige der knapp 200 Biker mit viel Nachdenklichkeit auf ihre Maschinen gestiegen, um an der durch Feuerwehr und Polizei gesicherten Ausfahrt teilzunehmen.

Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:

Jürgen Sommer aus Waldbröl

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