„Eins-zu-Eins-Unterricht ist durch nichts zu ersetzen"
Musikunterricht per Chat

Trompetenlehrer Bernhard Schwanitz, erteilt virtuellen Musikunterricht. | Foto: Herrlich
  • Trompetenlehrer Bernhard Schwanitz, erteilt virtuellen Musikunterricht.
  • Foto: Herrlich
  • hochgeladen von RAG - Redaktion

Köln - (her)  Bernhard Schwanitz, seines Zeichens Trompetenlehrer, sitzt
in seinem Arbeitszimmer in der Niederichstraße im Kölner Norden.
Sein Schüler steht ihm virtuell gegenüber und versucht sich an
Lippenlockerungs-Übungen. Die sind schwerer für ihn geworden,
seitdem der 16-jährige Gymnasiast eine „Invisible“-Zahnspange
bekommen hat.

„Da hast du sogar noch Glück gehabt“, tröstet ihn sein Lehrer,
„mit den Drahtspangen auf den Zähnen wäre das Trompetenspielen
jetzt für dich erstmal durch“. Jonathan Schäfer nickt in die
Kamera, über die er Kontakt zu seinem Lehrer hält. Unterricht in
Zeiten von Corona: „Homeshooling“ ist auch im
Instrumentalunterricht angekommen.

Schwanitz – und mit ihm hunderte privater oder kommunaler Anbieter
von Instrumental-Unterricht -  begreift die Krise auch als Chance.
„Natürlich ist ein Eins-zu-eins-Unterricht durch nichts zu
ersetzen“, weiß er, „aber wenn wir unsere Kunden erreichen
wollen, müssen wir uns eben alternative Lösungen einfallen
lassen!“. In seinem Fall die Anschaffung einer Web-Cam mit guter
Bildauflösung und überraschend gutem Ton. „Meine Schüler finden
das sehr cool; und die Eltern sehen: Wir versuchen irgendwie mit der
Situation fertig zu werden“.

Die Stimmungslage unter den Dozenten an den Musikschulen im Kölner
Raum ist recht gemischt. Die einen finden den digitalen Unterricht
effektiv und halten diese Form für eine durchaus akzeptable, wenn
auch nicht ideale Alternative. Die anderen beklagen den herabgesetzten
Qualitätsstandard solcher „Videokonferenzen“; denn: Für einen
reibungslosen Ablauf einer solchen digitalen Unterrichtsstunde müssen
Lehrer und Schüler eine stabile Kommunikation haben. Was, je nach
benutzter Hardware beziehungsweise  WLAN-Qualität, nicht immer der
Fall ist. „Es kommt oft vor, dass der Schüler am anderen Ende zu
weit vom Router entfernt sitzt, dann wird es echt schwierig“,
kommentiert Ronny Derouiche, Gitarrenlehrer, seine Erfahrungen.

Zudem, ist er überzeugt, taugt die digitale Lösung zum Einsatz nicht
für jeden Schüler. „Für sehr kleine Kinder zum Beispiel ist das
nichts, die brauchen unbedingt die persönliche Betreuung vor Ort.
Außerdem muss ich im Raum sein, um sofort Haltungsfehler zu
korrigieren. Über den Bildschirm ist das nicht möglich“.

Die Corona-Krise ist unbestritten auch für  Musikschulen eine
Herausforderung, denn den laufenden Gebühren stünden ohne irgendwie
geartete Alternativlösungen keinerlei Serviceleistungen gegenüber.
Daher haben – zumindest in NRW – die Musikschulleiter ihre
Lehrkräfte unisono dazu angehalten, etwas zu tun, was es auch sei.
Denn die wirtschaftlich schwierige Lage, in der sich Deutschland
derzeit befindet, und deren Ende und Ausgang zurzeit niemand kennt,
kann fatale Auswirkungen auf den Schülerbestand haben: Eine Welle von
Kündigungen könnte die Konsequenz sein.

Da müssen Konzepte her, die Kunden soweit das geht, bei der Stange zu
halten. Ein bisschen Sorge um die Existenz schwingt daher mit, wenn
Alfred Schulze-Aulenkamp, Regionalsprecher der Musikschulen im
Regierungsbezirk Münster, seine Kolleginnen und Kollegen explizit
über die einzelnen Plattformen, deren Möglichkeiten und
Funktionsweise und den Umgang mit den Schülern informiert.

Fazit: Was immer ihr tut, macht einen professionellen Eindruck. Denn
die Nichtbeherrschung der digitalen Tools könnte mehr schaden als
nutzen. Was bei Bernhard Schwanitz ganz offensichtlich kein Thema ist.
„Die Kamera ist super, meine Unterrichtsinhalte kann ich wie gewohnt
transportieren; für die Schüler das derzeit überhaupt leistbare
Optimum!“. Findet auch sein Schüler. „Diese Form des Unterrichts
ist für mich unglaublich cool. Wenn ich mal nicht gefahren werden
kann, wäre das zum Beispiel eine super Idee“.

 

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

28 folgen diesem Profil