Wahl für Menschen ohne deutschen Pass
„Dass es so viele sind, war mir nicht klar"

- Eine Wahlkabine für alle, die nicht wählen dürfen: Tomke Winterboer, Aurore Lescot, Clara Napp, Jakub Wandzioch (alle Akademie der Künste) und Elizavetha Kahn (v.l.) haben die Aktion „Bundesmigratinnenwahl 21“ ins Leben gerufen.
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Köln - (hwh). Wer sich ein wenig im Stadtteil auskennt, weiß, dass der
ohne Elizaveta Khan und ihren unermüdlichen Einsatz für die Belange
von Zuwanderern ein ganzes Stück ärmer wäre. Die Gründerin und
Vorsitzende des Vereins Integrationshaus hat keinen deutschen Pass.
Folglich darf sie bei der Bundestagswahl nicht mitmachen. Doch seit
kurzem steht neben dem Eingang zum Integrationshaus am Ottmar
Pohl-Platz eine ganz besondere Wahlkabine – eine Wahlkabine für
Menschen, die gar nicht wählen dürfen, sozusagen.
„Es geht selbstverständlich nicht um mich, sondern um die vielen
Zuwanderer, die hier gleich nach ihrer Ankunft Demokratiekurse
absolvieren müssen, aber dann an den demokratischen Prozessen
überhaupt nicht teilnehmen dürfen“, erklärt Khan die Aktion
„Bundesmigrantinnenwahl 21“.
In der Wahlkabine, die montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr
aufgestellt ist, hätten schon in der ersten Woche 70 Menschen ihre
Stimme abgegeben. Online-Wahl geht auch, ein QR-Code auf der Kabine
führt zur entsprechenden Seite. Das vorläufige Endergebnis vom
Ottmar Pohl-Platz soll noch am Wahlabend ausgezählt sein und an die
zuständigen Stellen der Bundesregierung weitergeleitet werden.
Die Akademie der Künste der Welt ist Mitinitiatorin der
„Bundesmigrantinnenwahl 21“. In Deutschland lebten mehr als 11
Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, von denen knapp 7
Millionen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, rechnet
Akademie-Mitglied Clara Napp vor. Davon wiederum kämen rund 80
Prozent aus Nicht-EU-Staaten, dürften also nicht einmal bei
Kommunalwahlen mit abstimmen. Zu den Forderungen der Veranstalter
gehöre aber nicht gleich, dass alle hier lebenden Nicht-EU-Bürger an
Bundestagswahlen teilnehmen dürfen: „Aber über die Kommunal- oder
Landtagswahlen sollte man nachdenken“, stellt Elizaveta Khan klar.
So ganz folgt die Wahl den demokratischen Gepflogenheiten nicht. So
können die Teilnehmer ihr Kreuz nur bei zehn statt der 47
zugelassenen Parteien machen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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