Holocaust-Gedenktag
Jugend muss Bescheid wissen

Professor Igor Epstein und Mechthild Franke.  | Foto: Michael Kupper
  • Professor Igor Epstein und Mechthild Franke.
  • Foto: Michael Kupper

Nümbrecht. Die Feierstunde zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ ist in Nümbrecht längst Treadition.

Dieses Mal wurde sie vom Freundeskreis Nümbrecht-Mateh Yehuda und der Gemeinde gestaltet, um an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau vor 80 Jahre zuerinnern.

Mit einer klagenden Weise eröffnete Professor Igor Epstein, Leiter der Kölner Weltmusik Akademie, die Veranstaltung auf seiner Violine, ergänzt durch das Fötenspiel der Nümbrechterin Mechthild Franke.

„Das ist ein starkes Zeichen“, freute sich Bürgermeister Hilko Redenius über die mehr als 120 Gäste.

Er unterstrich, dass diejenigen, die Erinnerungskultur pflegen und die Mahnung aufrechterhalten, sich nicht zu den “ewig Gestrigen“ zählen dürften. Der Rathauschef bedauerte, zeigte aber Verständnis dafür, dass Landrat Avishai Cohen von Mateh Yehuda seinen geplanten Besuch im Oberbergischen aufgrund der aktuellen politischen Situation kurzfristig abgesagt hatte.

„Die Befreiung bedeutete das Enden der Leiden“, sagte Ehrengast Ruth Schulhof-Walter. Sie ist die Vorstandsvorsitzende des Kölner Vereins „Jüdisches Leben in Europa“. „Aber war es für die Menschen eine wirkliche Befreiung? Konnten sie danach ein ganz normales Leben führen?“, fragte sie und berichtete den Tränen nah von einem Bekannten, der das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau überlebt hatte und auch Jahrzehnte danach nicht richtig in den Schlaf finden konnte. Einmal habe sie ihn gefragt, ob er denn nicht erzählen wolle, wie es damals im KZ gewesen sei. Darauf habe sie nur einen einzigen Satz zur Antwort bekommen: „Frag mich das nie wieder!“

„Sechs Millionen Tote während des Holocausts, eine davon in Auschwitz – das sind Zahlen, aber hinter jeder einzelnen steht ein Mensch“, führte sie aus. Heute sei gewiss, dass die Deutschen über das Verschwinden von Menschen und deren Schicksal Bescheid wussten, wenn auch nicht immer im Detail.

Heute gebe es wesentlich bessere Kommunikationsmöglichkeiten als damals, dafür aber auch KI-generierte Fake-News, die von echten Nachrichten kaum zu unterscheiden sind.

Sie appellierte vor allem an die jüngere Generation, nicht leichtgläubig zu sein und sich tiefgründig zu informieren:

„Die Jugend muss Bescheid wissen und verstehen.“ Für die Einordnung der aktuellen Situation sei die Kenntnis der Vergangenheit unabdingbar: „Wenn die Freiheit einmal verloren ist, wird es wirklich kritisch.“

An der Feierstunde hatten sich auch Antonia Riederer und Anna Jäger mit ihrer Lehrerin Britta Elkmann vom Homburgischen Gymnasium Nümbrecht beteiligt.

Nach ihrer Fahrt zur Gedenkstätte Birkenau schilderten die Schülerinnen, dass sie das Zitat von Primo Levi „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen“ besonders beeindruckt habe. Maßgeblich für die damaligen Geschehnisse sei Gleichgültigkeit und fehlende Wachsamkeit gewesen: „Das Gegenteil von Gleichgültigkeit ist Liebe.“

„Gedichte sind eine Möglichkeit, Schmerz und Lebensgefühl auszudrücken, ohne die Gräuel explizit zu benennen“, leitete Nadine Friederichs vom Waldbröler Hollenberg-Gymnasium die lyrischen Vorträge von Emilie Selent, Mirja Ising und ihrem Mitschüler Yannick Steiniger ein.

Marion Reinecke, Vorsitzende des Freundeskreises Nümbrecht-Mateh Yehuda, dankte besonders den Schülern für ihre Teilnahme: „Ihr seid meine Hoffnung. Bleibt so, wie Ihr seid und gestaltet die Zukunft dieses Landes.“

Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:

Michael Kupper aus Reichshof

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