Kölner Verein sucht neue Leselernhelfer
Text ist das Tor zur Welt

Andrea Pohlmann-Jochheim (l.) und Agnes Gorny freuen sich über 20 Jahre erfolgreiche Leseförderung.
 | Foto: Priska Mielke
  • Andrea Pohlmann-Jochheim (l.) und Agnes Gorny freuen sich über 20 Jahre erfolgreiche Leseförderung.
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Nur wer so flüssig und sicher liest, dass er die Bedeutung von Texten erfasst, kann sich eine Meinung bilden, einen Schulabschluss machen und ein selbstbestimmtes Leben führen. Doch fast jeder fünfte Viertklässler in Deutschland kann nicht richtig lesen (IGLU-Studie 12/17) und jeder fünfte 15-Jährige liest nicht auf Grundschulniveau (Pisa 2018). Als 2001 die Ergebnisse der PISA-Studie einen regelrechten Schock auslösten, ergriff der Buchhändler Otto Stender die Initiative.

von Priska Mielke

Köln. Vor 20 Jahren rief Otto Stender in Hannover die Bewegung „MENTOR – Die Leselernhelfer“ ins Leben. Die Idee: Leseförderung nach dem 1:1-Prinzip, das heißt, ein Mentor oder eine Mentorin kümmert sich um ein Kind. Immer mehr regionale Vereine entstanden, und 14 von ihnen gründeten vor 15 Jahren den Bundesverband, dem heute deutschlandweit 113 Vereine und 10 kooperierende Initiativen angehören. Aktuell fördern 13 000 Mentorinnen und Mentoren etwa 16 000 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren – und das mit Erfolg: 95 Prozent der Kinder machen Fortschritte.

Der Kontakt zu MENTOR kommt über die Schule des Kindes oder des Jugendlichen zustande. In Köln arbeitet der Verein mit 132 Schulen zusammen. In der gewohnten Umgebung der Schule finden auch die Lesestunden statt. Dabei ist es besonders wichtig, dass eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Mentor und Kind entsteht.

Doch wie wird man Lesementor oder Lesementorin? Besondere Vorkenntnisse sind nicht nötig, um in dieses Ehrenamt zu starten. Allerdings sollte man mindestens eine Stunde Zeit pro Woche erübrigen können und außerdem Geduld und Einfühlungsvermögen mitbringen, um die vorhandenen „Lücken“ gemeinsam anzugehen und Begeisterung für das Lesen zu wecken. Verlangt wird allerdings ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis.

Jeder neue Lesementor nimmt zunächst an einem Einführungsseminar teil. Dort geht es beispielsweise darum, wie eine Lesestunde aufgebaut und ansprechend gestaltet werden kann. „Wer gut qualifiziert wird, bleibt länger“, ist Andrea Pohlmann-Jochheim, 2. Vorsitzende des MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverbandes e.V., überzeugt. In Köln sind die Einführungsseminare im Programm der VHS zu finden.
„Corona war eine große Herausforderung“, erinnert sich Andrea Pohlmann-Jochheim, „aber in den einzelnen Vereinen wurde sehr schnell nach Lösungen gesucht.“ Da wurden Briefe an die Lesekinder geschrieben oder Material in Papierform an die Haustür gebracht. Durch die Zugangsbeschränkungen in den Schulen habe es aber auch „einen ziemlichen Schub in Sachen Digitalisierung“ gegeben. Die Lesestunden fanden zum Beispiel per Videocall statt.

Im Rahmen des vierjährigen Projektes „Digitaler Treffpunkt der Generationen“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Forschung und Bildung zudem eine Lese-App entwickelt, die sowohl in den Lesestunden vor Ort als auch auf Distanz zum Einsatz kommen kann. So wird der ehrenamtliche Einsatz oft zur Win-win-Situation, denn während die – meist älteren – Mentoren in die Welt der Buchstaben einführen, wissen die Lesekinder genau, wie eine Smartphone-App funktioniert.

Für die Zukunft hat Andrea Pohlmann-Jochheim vor allem zwei Wünsche, nämlich, „dass alle Kinder, die einen Mentor brauchen, auch jemanden an die Seite gestellt bekommen, und dass das gesamte Schulsystem sich so weiterentwickelt, dass unsere Hilfestellung in diesem Maße überflüssig wird.“
Wer sich für eine Qualifizierung zum Leselernhelfer interessiert, kann sich direkt bei Lesementor Köln melden. Infos gibt es unter: lesementorkoeln.de

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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