Kirche St. Pantaleon
Stand der Sanierung

Die Sanierung der Kirche St. Pantaleon in der Kölner Innenstadt hat ihren Höhepunkt erreicht. | Foto: Alexander Roll
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Innenstadt. Die Sanierung der romanischen Pfarrkirche St. Pantaleon läuft seit drei Jahren. Aktuell befinden sich die Arbeiten in Langhaus, Seitenschiffen, Chor und Querhäusern auf dem Höhepunkt.
„Wir freuen uns, dass wir trotz Corona und zahlreicher unvorhersehbarer Schwierigkeiten weitgehend im Zeitplan geblieben sind“, erklärte der Pfarrer der Kirchengemeinde St. Pantaleon, Dr. Volker Hildebrandt. Dazu zählt auch die Kostensteigerung, verursacht durch höhere Baumaterialkosten und zusätzliche Arbeiten. Sie stiegen "maßvoll" von den anfangs 12 Mio. Euro auf 14 Mio. Euro. Den größten Anteil davon übernimmt das Erzbistum Köln. Der Bund gibt einen Zuschuss von 1,5 Mio. Euro, das Land NRW gut 600.000 Euro.

Positiv habe sich Nutzung des sanierten Westwerks als Interimskirche entwickelt. „Durch den Einbau eines Alkovens in die Baustelle hinein konnten wir die Anzahl der Plätze verdoppeln“, so Hildebrandt. Auf diese Weise konnten auch hohe kirchliche Feste wie zu Weihnachten die Christmette oder nach Ostern die Erstkommunion zwar beengt, aber für alle zufriedenstellend gefeiert werden.

Eine kleine Sensation - so Hildebrandt - habe sich in dem Fund zweier Wandschränke in der Ostwand des Chors ereignet. Diese Boxen sind nachweislich mehr als 130 Jahre verborgen gewesen. Beide waren ausgemalt, der kleinere linke in blau auf roter Grundierung, der rechte größere mit weißen Sternen auf blauem Grund. In der bündig abgeschlagenen Laibung befinden sich Aussparungen für Scharniere, was auf Türen oder aufklappbare Gitter schließen lässt. Die Funktion der Wandschränke ist unklar. Wegen der Höhe von mehr als drei Meter über dem Chorboden kommen sie als Aufbewahrungsort für Hostien nicht in Frage. Denkbar ist allerdings die Präsentation von Reliquien darin.

Von einer komplexen und für die Fachfirmen höchst anspruchsvollen Aufgabe sprach
Dipl.-Ing. Max Ernst, der leitende Architekt von Ernst Architekten Zülpich. Oberstes Gebot sei die Erhaltung der Originalsubstanz in Gestalt des teilweise mehr als 1.000 Jahre alten Mauerwerks. Dies erfordere etwa bei der Verlegung von Stromkabeln und Steuerleitungen viel Raffinesse, indem beispielsweise Mauerfugen oder alte Leitungsschlitze genutzt würden. Vor vielen technischen Entscheidungen müssten Fachleute des Bauherrn, der städtischen Denkmalpflege und des Denkmalfachamtes zu Rate gezogen werden. „Wir sind froh, dass die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten klappt, und dass wir stets Lösungen finden, bei denen Denkmalschutz, ästhetische Anforderungen und Wirtschaftlichkeit gleich stark berücksichtigt werden“ bestätigte Ernst.

Bis August werden die Dachflächen von Langhaus, Chor und Querhäusern - annähernd 1.900 Quadratmeter - komplett verschiefert sein. Parallel dazu wird das Mauerwerk oberhalb der Seitenschiffe neu verfugt. Dann kann das Gerüst im oberen Bereich abgebaut werden, um die flachen Seitenschiffdächer neu mit Bleiblechen zu belegen. Davor muss beim nördlichen Seitenschiff ein neuer hölzerner Dachstuhl errichtet werden, da der jetzige durch Feuer an Stabilität eingebüßt hat.
Eine unvorhersehbare Herausforderung - so Ernst - habe sich bei den großen Maßwerkfenstern in Chor, Langhaus-Obergaden und Seitenschiffen ergeben. Dort habe ich herausgestellt, dass die horizontalen Metallstege (Windeisen), welche die Glasflächen mit der Fensterlaibung verbinden, nicht tief genug im Mauerwerk verankert sind. Diese Stege müssten also sämtlich ausgetauscht werden.

Ähnlich wie im Westbau wurden in den Mauern des Kirchenschiffs oberhalb der Arkadenbögen eingemauerte Bauhölzer gefunden. Die Rundhölzer aus Eiche gehörten zum mittelalterlichen Baugerüst und sind so fest in der Wand verankert, dass die Maurer sie nach Fertigstellung nicht herausziehen konnten, sondern bündig abgesägt haben. Die unter dem Putz verborgenen Holzstücke sind mehr als 1.000 Jahre alt und wurden bei den Sanierungsarbeiten wiederentdeckt. Das Leibniz-Labor der Universität Kiel bestimmte zwei Proben durch eine Radiocarbon-Untersuchung auf die Zeit zwischen Ende des 9. und Ende des 10. Jahrhunderts. „Mit diesen Erkenntnissen konnten wir die Baugeschichte der Kirche in der Zeit von Erzbischof Brun und Kaiserin Theophanu wesentlich präzisieren“, berichtete Dr. Ulrike Heckner, Bauforscherin im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland.
Die Wände des Langhauses mit ihren flachen Blendbögen sind nicht in karolingischer, sondern in ottonischer Zeit entstanden. Die Holzfunde deuten auf eine Bauzeit in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts hin. „Dies deckt sich mit den schriftlichen Quellen, die von reger Bautätigkeit nach dem Tod von Erzbischof Brun im Jahr 965 berichten“, legte Heckner dar. Brun hatte in seinem Testament die stolze Summe von 300 Pfund hierfür bereitgestellt. Nach 984 bestimmte Theophanu die Kirche zu ihrer Grablege und es begannen erneut Bauarbeiten. In dieser zweiten ottonischen Bauphase, nur wenige Jahre später, erfolgte eine Verlängerung des Kirchenschiffs nach Westen, die Errichtung eines neuen Westbaus und eines neuen Chorabschlusses im Osten.
Die Anbauten im Westen und Osten lassen sich durch baugeschichtliche Untersuchung des Mauerwerks nachweisen, so Heckner. Während die älteren Wandpartien durch ein eher unregelmäßiges Tuffsteinmauerwerk gekennzeichnet sind, zeigen die Erweiterungen eine gleichmäßige Mauertechnik mit plastisch ausgebildeten Fugen und dekorativ verwendeten römischen Ziegeln. Durch Abnahme des Putzes sind diese Wandflächen erstmals seit Jahrzehnten wieder frei sichtbar. Mit Hilfe der digitalen Kartierung lassen sich die Bauphasen der Kirche vom frühen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert deutlich machen, was den Medienvertreter*innen auf einem Tablet-PC demonstriert wurde. „Wir sind glücklich über diese einzigartige Gelegenheit, die Vergangenheit dieser Kirche zu erforschen“, so Heckners Fazit.

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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