Kirchenkonzert in St. Michael
„Dass alles so erstaunlich bleibt…“

Das Ensemble „Opella Nova gastierte in der Pfarrkirche St. Michael.                              | Foto: Walter Köster
  • Das Ensemble „Opella Nova gastierte in der Pfarrkirche St. Michael.
  • Foto: Walter Köster

Waldbröl. Bereits im Januar 2016 gastierte das Ensemble „Opella Nova“ in fünfstimmiger a-cappella-Besetzung in St. Michael, damals wie heute mit dem Impuls der Hoffnung auf den bald endenden Winter. Die Auswahl der vorgetragenen Stücke hatte zwar ihren Schwerpunkt in der mehrstimmigen Vokalmusik der Renaissance und des Frühbarock, enthielt aber auch Vokalwerke der Romantik und des 20. Jahrhunderts, nicht zuletzt auch der Popularmusik.

Ergänzt wurden die musikalischen Beiträge mit eindrucksvoll rezitierten Gedichten, die dazu einluden, dem Neuen Jahr mit Fröhlichkeit und Staunen über das Wiedererwachen der Natur zu begegnen. So ist auch der Impuls dieses Konzertes zu verstehen. Mit Gesang und Poesie wird die winterliche Melancholie vertrieben, wie in Thomas Weelkes (1576-1623) Motette ‚To Shorten Winter’s Sadness‘.

Die Ausdrucksvielfalt der Vokalmusik jener Zeit, aber auch deren Textinhalte sind nicht aus dem Kontext des Zeitgeschehens herauszulösen. Die Jahreszeiten mit ihren Stimmungswechseln, die politischen, oft religiösen Ereignisse, liefern Anregungen, die in Wort und Ton zum Ausdruck kommen. Vor allem in der mehrstimmigen Vokalmusik der nachreformatorischen Epoche präsentierte das Quintett in gewohnter Perfektion das Lebensgefühl der Menschen jener Zeit, die mit Gottvertrauen in ihrem Lebensalltag der Natur, der Liebe und den Katastrophen begegnen und ihre Empfindungen in Wort und Musik zum Ausdruck bringen. Der Winter als ‚Antichrist‘ enthält reformatorische Polemik und lässt tief in die Spaltung der Konfessionen blicken. (So treiben wir den Winter aus) Heinrich Schütz und Andreas Gryphius lebten während der Zeit des 30-jährigen Krieges, der größten Katastrophe im vorindustriellen Zeitalter.

Vor diesem Hintergrund ist Gryphius‘ Gedicht ‚Betrachtung der Zeit‘ zu verstehen, in dem er den „Augenblick“ in jener Zeit beschwört. … „und nehm ich den in acht, so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht“. Die auf einem Text Luthers basierende Motette ‚Verleih uns Frieden gnädiglich‘ veröffentlichte der protestantische Komponist Heinrich Schütz im Jahre 1648 gegen Ende des 30-jährigen Krieges. Eine musikalische Bitte um Frieden, die häufig vertont wurde, wie von Felix Mendelssohn (1809-1847), dessen Trio ‚Hebe deine Augen auf zu den Bergen‘ aus dem Oratorium Elias von den drei Frauen des Ensembles mit voller Wärme und Emotion vorgetragen wurde. Vertreter aus dem 20. Jahrhundert sind Helmut Barbe (*1927) und Wolfgang Stockmeier (1931-2015).

Während Barbe eher traditionell komponiert, so in seinem anmutigen Satz ‚Das Lieben bringt groß Freud‘ enthält Stockmeiers ‚In dich hab ich gehoffet, Herr‘ experimentelle Elemente, die vor dem Hintergrund komplexer Satztechnik perfekt und eindringlich vorgetragen wurden. Im letzten Teil des Konzertes sang ‚Opella Nova‘ popularmusikalische Stücke von Sting, Pentatonix und den Beatles, die von namhaften Arrangeuren handwerklich professionell, kreativ und pfiffig chorgerecht arrangiert wurden.

Der Interpretationsstil des Ensembles ist an der frühbarocken Aufführungspraxis orientiert. Der elegante Umgang mit Stilelementen des Blues und Jazz begeisterte das Publikum. Die Akustik der gut besuchten Kirche ermöglichte dem Ensemble eine Präsenz, die sowohl der Transparenz in den Stimmen als auch der Textverständlichkeit in besonderer Weise gut tat. Der leidenschaftliche Vortrag zum Thema Liebe und Beziehungsstress wurde zu einer überzeugenden Darbietung chorischer Interpretation von Popmusik.

Die fünf Solisten, die im Kollektiv bestens harmonieren, verabschiedeten sich nach dem begeisterten Applaus des Publikums mit dem Volkslied ‚Ade, nun zur guten Nacht‘.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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