Kling, Glöckchen, klingelingeling
Glockenstuhl des Bonner Münsters erkundet

Foto: Weiler
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Bonn - Wenn de Mönsterjlocke klinge, ja, dann macht man am besten eins:
Nicht daneben stehen. Trotz "Micky Mouse" als Ohrenschutz setzt sich
der Klang der mächtigen Glocke durch. Und drückt die Trommelfelle
nach innen. Es ist die Glocke der Stadtpatrone.

Wir besuchen alle sechs Glocken bei einer der seltenen Führungen im
Glockenstuhl des Bonner Münsters. Anlass ist das Glockenfest, zuletzt
gefeiert 2006. Und jetzt wieder zum 260. Geburtstag der Glocken im
Bonner Münster.

Eine bewegte Geschichte wüssten sie schon zu erzählen, könnten sie
denn sprechen. Sie sprechen nicht, tönen aber. Und übertönen alles,
was sonst noch in der Nachbarschaft klingt. Es ist schon ein
mächtiger Trumm, die Clemens August Glocke, benannt nach ihrem
Stifter, dem Kurfürsten, der zugleich auch Erzbischof war. 1756 kam
es zur Weihe, nachdem sie auf Bonns Münsterplatz gegossen worden war.
Zu dieser Taufe erschien der Kurfürst persönlich. Gegossen hat die
Bronzeglocke Martin Legros. Der stammte aus der Nähe von Lüttich.
Und war ein Außenseiter. Hatte doch die Kölner Zunft der
Glockengießer das Gießmonopol für die Umgegend. Der Kurfürst
wollte aber partout keinen Kölner Glockengießer. Und so erhielt
Legros den Auftrag. Und goss nicht nur eine, sondern gleich mehrere
Glocken. Später auch in Köln. So kam er im Rheinland auf rund 200
Glocken. Am 8. Dezember 1796 waren sechs von acht Glocken gegossen.
Sie wiegen rund 10 Tonnen. Die Kurfürstenglocke hat einen Durchmesser
von 1,78 Meter.

Die zwei kleinsten der ursprünglich acht Glocken kamen aufgrund
spezieller Umstände dem Glockenturm abhanden. Auch sie haben aber,
wie die übrigen sechs, alle Wirren der Geschichte überlebt. Sie
fehlen aber beim Gesamt-Klangeindruck aller im Glockenturm hängenden
Glocken. Vielleicht gibt es ja einmal zwei weitere Glocken für den
Glockenturm...

Die zweitgrößte, die Patronatsglocke, benannt nach den Stadtpatronen
Bonns, ist mit Wunden gezeichnet. Sie ist einst aus einer Höhe von 20
Metern heruntergefallen. Und hat den Sturz überlebt, wenn auch mit
einer Scharte.

Hier noch mal zusammenfassend: Im Glockenturm des Bonner Münsters
hängen sechs von ursprünglich geplanten acht Glocken, vier davon im
Hauptturm. Die zwei größten sind die Kurfürstenglocke und die
Patronatsglocke. Sieben Glocken hat der Meister Martin Legros vor dem
Münster gegossen. Am 8. Dezember 1756 kam es anlässlich eines
großen Festes zur Weihe. Dazu wurden die Glocken gewaschen, erhielten
Krankenöl und wurden nach einem komplexen Ritus auf ihre Rolle für
die nächsten Jahrhunderte vorbereitet. Weihrauch waberte durch die
Szenerie, die etwas Mystisches hatte, wie die „Kölner Gazette"
ergriffen berichtet.

Und heute?

Profan angetrieben durch einen Elektromotor, schlägt der Klöppel auf
das Gehäuse. Und: Die Glocke klingt. Der Klöppel darf übrigens
nicht mit aller Macht gegen das Gehäuse schlagen. Er darf es im
Gegenteil lediglich „küssen". Andernfalls zerspringt das gute
Stück. Der Klöppel ist dabei nicht aus vergleichsweise edler Bronze,
sondern aus Eisen.

Das Geheimnis besteht darin, den Klang aufeinander abzustimmen. Eine
Wissenschaft für sich, der sich in Bonn eine Spezialfirma widmet. Im
Zuge der Gesamtsanierung des Bonner Münters in den nächsten Jahren
wird auch der Glockenstuhl saniert.

Mit Wissenschaft kann man ja viel erklären. Aber nicht den Klang der
mächtigen Glocken. Der übt auf viele - auch heute noch - eine
magische Wirkung aus. Und lädt ein zum Gottesdient, zur Weihnacht,
zur festlichen Hochzeit und zu anderen festlichen Anlässen. Die Magie
der Bonner Glocken beschreiben Franz Wahl und Gregor Kess von dieDREI
1, wenn sie den Song spielen, der auch auf dem Anrufbeantworter des
Stadtdekanats ertönt: „Wenn de Mönsterjlocke klinge".

Süß klingen die Glocken des Münsters nicht. Eher machtvoll
verkünden sie die Größe Gottes, auch zum 260. Jahrestag ihrer
Weihe. Und vielleicht in 260 Jahren immer noch? Die Bonner jedenfalls
lieben den Klang ihrer Glocken.

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- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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