Wie ef­fek­tiv sind All­tags­mas­ken?
DLR richtet Blick auf viel dis­ku­tier­te Fra­ge

Der Experimentierraum mit winzigen Seifenblasen: Für den Ver­suchsauf­bau wur­de ein 12 m³ großer Ex­pe­ri­men­tier­raum mit Sei­fen­bla­sen ge­flu­tet, die so klein sind wie Zucker­kör­ner (Ø ~ 350 µm). Durch ih­re He­li­um-Luft-Fül­lung schwe­ben sie län­ge­re Zeit in der Luft und fol­gen dem kom­ple­xen Strö­mungsfeld des Rau­mes. | Foto: DLR
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  • Der Experimentierraum mit winzigen Seifenblasen: Für den Ver­suchsauf­bau wur­de ein 12 m³ großer Ex­pe­ri­men­tier­raum mit Sei­fen­bla­sen ge­flu­tet, die so klein sind wie Zucker­kör­ner (Ø ~ 350 µm). Durch ih­re He­li­um-Luft-Fül­lung schwe­ben sie län­ge­re Zeit in der Luft und fol­gen dem kom­ple­xen Strö­mungsfeld des Rau­mes.
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Sie sind mittlerweile ständige Begleiter im Alltag:
Gesichtsmasken. Sie stellen eine wichtige Komponente in der
Bekämpfung der Corona-Pandemie dar. Neueste Erkenntnisse des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zeigen, wie beim
Tragen einer Stoffmaske die Atemluft umgelenkt wird und wohin sich die
darin befindlichen Aerosole verteilen.

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In einem interdisziplinären Gemeinschaftsprojekt haben mehrere
Institute des DLR die Funktionsweise und Wirksamkeit von Alltagsmasken
aus Stoff untersucht. Die Experimente zeigen deutlich den Einfluss von
Alltagsmasken auf die Verteilung ausgeatmeter Aerosole und Partikel
sowie ihren positiven Beitrag zum Schutz vor Infektionen.

Filterwirkung und aerodynamischer Effekt

Bereits die erste Auswertung der Versuchsdaten zeichnet ein deutliches
Bild über den Wirkungsmechanismus von Masken:

Die Versuche zeigen deutlich den positiven Effekt von Alltagsmasken
und das obwohl kleine Aerosole den Stoff durchdringen können",
erklärt Versuchsleiter Prof. Andreas Schröder vom DLR-Institut für
Aerodynamik und Strömungstechnik.

Ausgeatmete Bioaerosole sind zu einem wesentlichen Anteil kleiner als
5 µm, die Maschenweite von Stoffmasken liegt deutlich darüber. Die
Aerosole passieren fast ungehindert die Maschen der Versuchsmasken und
folgen im weiteren Verlauf dem Strömungsfeld im Raum.

Stoffmasken schützen aber dennoch!

Der Wirkungsmechanismus liegt im Verlangsamen und Umlenken der
Atemluft. Die Laborversuche zeigen, dass die Mund-Nasen-Masken den
ausgeatmeten Luftstrom mit den Aerosolen effektiv abbremsen.

Die Thermik, hervorgerufen durch die Körperwärme, lässt mögliche
infektiöse Partikel, die durch die Maskenwirkung bei ruhiger Raumluft
in Körpernähe bleiben, in Richtung Raumdecke schweben, wo sie der
Luftströmung folgen und sich langsam im Raum verteilen. Bei längeren
Wegen durch den Raum und durch die begleitende turbulente
Durchmischung mit der Raumluft werden die Aerosole weiter verdünnt.
Die lokale Konzentration der möglichen infektiösen Aerosole im Raum
sinkt durch die Masken insbesondere gegenüber Personen, die sich in
der Nähe aufhalten.

Auf regelmäßige Lüftung muss dennoch geachtet werden, um
Anreicherungen möglicher Bioaerosole im Raum zu vermeiden. Aus
physikalischer Sicht vergrößert sich das Volumen mit der dritten
Potenz des Abstands (vgl. die Angabe Kubikmeter, m³), wodurch die
Konzentration von Bioaerosolen sinkt. Deshalb ist es auch beim Tragen
einer Maske ratsam, die Abstandsregeln zu beachten.

Zum Hintergrund der Studie: die Methodik

Die bildgebenden Messverfahren des Instituts für Aerodynamik und
Strömungstechnik werden im DLR üblicherweise für die Untersuchung
von Strömungen in der Luft- und Raumfahrt genutzt. Im Projekt
Aeromask wird eine im DLR entwickelte "3D Particle
Tracking-Technologie" eingesetzt, um an der Verbreitung infektiöser
Sars-CoV-2-Viren zu forschen. Die Technik ermöglicht es, den
Luftstrom des Atmens, seine Ablenkung durch Masken und den damit
einhergehenden Transport von Aerosolen in einem mehrere Kubikmeter
großen abgeschlossenen Raum bis zu einer Scala von einigen
Millimetern genau zu verfolgen. Eine Visualisierung veranschaulicht
die dynamische Verteilung der potentiell infektiösen Aerosole und
Partikel im Raum.

In der ersten Phase wurden die Strömungsmechanik der Atem- und
Raumluft und der Einfluss unterschiedlicher Alltagsmasken untersucht.
Dazu wurde ein 12 m³ großer Experimentierraum mit Seifenblasen
geflutet, die so klein sind wie Zuckerkörner (Ø ~ 350 µm). Durch
ihre Helium-Luft-Füllung schweben sie längere Zeit in der Luft und
folgen dem komplexen Strömungsfeld des Raumes.

Im Testraum atmet eine sitzende Testpuppe. Ihre künstliche Lunge
erzeugt eine zyklische Luftströmung, die der eines Menschen gleicht.
Eine eingebaute Heizung gibt die Wärmeleistung eines Menschen ab und
bildet die zugehörige Thermik in der umgebenden Luft.

Hochauflösende Kameratechnik

Mehrere hochauflösende Streaming-Kameras mit jeweils 50 MPixel
Auflösung halten die Bewegung der Seifenblasen fest, die mit
pulsierendem Licht aus einem großen Aufbau von LED-Leuchten
angestrahlt werden.

Um die Bewegungslinien (Trajektorien) der Millionen von einzelnen
Seifenblasen zu verfolgen und das Strömungsfeld im gesamten
Raumvolumen in seiner zeitlichen Abfolge zu vermessen, entwickelten
die Strömungsforscher ausgefeilte volumetrische Auswertungs- und
Datenassimilationsverfahren für ihre Analyse. Das DLR eigene
"Shake-The-Box" (STB) Particle Tracking Verfahren erlaubt es auf Basis
von zeitaufgelösten Abbildungen dieser kleinen Seifenblasen mittels
weniger Kameras, eine sehr große Anzahl ihrer 3D Bahnlinien in der
Strömung zu rekonstruieren. Bei der STB Technik wird die in den
Partikelbildern enthaltene Zeitinformation bei der 3D Rekonstruktion
optimal genutzt, wodurch etwa zehn Mal mehr Partikel-Bahnlinien im
Messvolumen vermessen werden können als bei bisherigen Particle
Tracking Verfahren.

Weitere Projektphasen

Auf die erste Laborphase des Projektes folgen nun zwei weitere Phasen,
um die Aussagen über die Infektiosität und Bewegung der sich im Raum
verteilenden Aerosole zu vertiefen. Am Institut für
Softwaretechnologie des DLR wird im nächsten Schritt auf Basis der
Messdaten eine Simulation und Visualisierung zur Bewegung von
Aerosolen und Partikeln im Raum erstellt. Die Eigenschaften von
simulierten Bioaerosolen (definierte Mischungen verschiedener
Mikroorganismen) und deren Interaktion mit Masken werden vom
DLR-Institut für Raumfahrtmedizin in der Arbeitsgruppe Luft- und
Raumfahrtmikrobiologie untersucht.

Die Resultate der nächsten Forschungsphasen des Projekts Aeromask
liegen im Frühjahr 2021 vor. 

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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