Gemeinsam sind sie groß geworden
Basis für ein fröhliches und erfülltes Leben

Die familiäre Atmosphäre innerhalb des „Jungen Wohnens“ tut allen sehr gut. Es wird auch gern gemeinsam gefeiert. | Foto: Villa Well
  • Die familiäre Atmosphäre innerhalb des „Jungen Wohnens“ tut allen sehr gut. Es wird auch gern gemeinsam gefeiert.
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Siegburg - Seit 2020 wohnen junge erwachsene Menschen mit Behinderungen in
Apartments und WGs auf dem Pauline-Gelände

„Sämtliche Bewohner sind noch in der Findungsphase. Insbesondere
Corona hat es allen nicht einfach gemacht“, verraten die
Projektbeteiligten im Gespräch. Seit einem Jahr wohnen 19 junge
Menschen mit Behinderungen im „Jungen Wohnen Wolsdorf“, das auf
dem Gelände des Kinderheims „Pauline von Mallinckrodt“ zu finden
ist. In dem Neubau, dessen Grundsteinlegung 2017 erfolgte, sind neben
den Räumlichkeiten der Pauline zehn Zwei-Zimmer-Apartments sowie zwei
Wohngemeinschaften beheimatet. „Initiiert wurde die Kooperation
zwischen Pauline und Josefs-Gesellschaft durch unseren Verein“,
erläutert Monika Bretz, Vorsitzende des Vereins „Villa WELL (Wohnen
ein Leben lang)“.

Den gemeinnützigen Verein gründeten die Eltern behinderter junger
Erwachsener im Jahr 2009, doch liegt die Entstehung noch viel weiter
zurück. „1992 säte man mit dem integrativen Kindergarten „Haus
Kunterbunt“ in Niederpleis den ersten kleinen Samen“, so Monika
Bretz. Die Eltern und ihre Sprösslinge wuchsen durch die Jahre
kontinuierlich zusammen. Gemeinsam durchlebten sie die Schulzeit,
nahmen an Ferienfreizeiten teil und setzten sich mit der Arbeit in den
Werkstätten auseinander. Mit der Josefs-Gesellschaft aus Köln fand
man einen Partner, mit dem sich zwei Wohnprojekte entwickeln ließen:
das barrierefreie Mietshaus „City inklusive“ in Troisdorf sowie
das Projekt in Siegburg in Bauherrengemeinschaft von Pauline und
Josefs-Gesellschaft. Allerdings sollte es nach der Fertigstellung des
Gebäudes in Siegburg noch anderthalb Jahre dauern, bis die ersten
Mieter einzogen. „Gerade der Aufbau eines speziell auf die
Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichteten
Pflegedienstes gestaltete sich als ambitioniertes Projek“,
erläutert Matthis Reichstein, Geschäftsführer der JOVITA Rheinland
gGmbH. Die Tochter-Gesellschaft der Josefs-Gesellschaft bietet vor Ort
von einem Servicestützpunkt aus Hilfen aus einer Hand an.
Schließlich muss rund um die Uhr eine Präsenzkraft vor Ort sein. gen
Erwachsenen bedeutend höher, als dies im Kindesalter der Fall war.

Viele der Eltern erinnern sich im Gespräch, dass die
Herausforderungen im Kindesalter besser zu stemmen waren. Doch nach
der Pubertät gestaltet sich die Situation immer schwieriger. „Im
BEI_NRW, dem Bedarfsermittlungsinstrument der Landschaftsverbände in
Nordrhein-Westfalen, wird für jeden Menschen mit Behinderung der
individuelle Unterstützungsbedarf ermittelt“, erklärt Reichstein.
Jeder der Menschen hat individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten, die
fortlaufend trainiert werden müssen. Persönliche Lernziele können
etwa das eigenständige Kochen, sportliche Betätigung, der Umgang mit
Geld oder einfach nur die Entscheidung sein, was man an
witterungspassender Kleidung anziehen möchte. Ebenso geht es um die
Anleitung bei Behördengängen, etwa bei der Beantragung des
Personalausweises oder des Wohngeldes. „Zielsetzung können
Entwicklung und Training aber auch Erhaltung von Fähigkeiten sein“,
erklären die Beteiligten vor Ort. Personen mit tendenziell geringerem
Unterstützungsbedarf schätzen ihr eigenes Appartement, die anderen
unterstützen sich gegenseitig in einer Vierer- beziehungsweise
Fünfer-WG.

Im Wochenalltag herrscht mittlerweile Routine: um sechs Uhr aufstehen,
und je nach Pflegebedarf und Assistenzleistungen den Morgen beginnen,
anschließend die Fahrt in die Werkstatt. Gegen vier Uhr geht es
Richtung Heimat, wo gemeinsames Kaffeetrinken den entspannten
Feierabend einläutet. Jeder kann sich nach dem Abendessen auf sein
Zimmer zurückziehen, Fernsehen schauen, oder das Miteinander
stärken.

Darüber hinaus helfen Kegelabende, Spaziergänge oder Einkaufstouren.
Natürlich hat jeder auch seine Hobbys, wie Schwimmen oder Tanzen,
doch Ausflüge stehen hoch im Kurs. Deshalb träumt der Verein von
einem kleinen Bus, mit dem Zoo- oder Museumbesuche in unmittelbare
Nähe rücken. „Das ist das nächste Projekt, das wir angehen
wollen“, verrät Frau Bretz. Am Wochenende freut man sich dann auf
einen Kurztrip nach Hause. „Die Kinder bekommen so die Bestätigung,
dass das Elternhaus noch präsent ist“, ergänzt die Vorsitzende.

Jetzt hoffen die Bewohner darauf, dass auch für Corona ein Ende in
Sicht ist, da man sich mehr Freiheit auf dem Gelände wünscht und
zudem den Kontakt zur „Pauline“ ausbauen will. „Es ist eine
Projektstelle für die Sozialraumarbeit in Troisdorf und Siegburg bei
der Aktion Mensch beantragt, die unter anderem die Vernetzung mit dem
Kinderheim und den örtlichen Vereinen vorantreiben soll“, führt
Matthis Reichstein aus. „So ließen sich gegebenenfalls offene
Sportangebote oder ähnliche Kooperationen anstoßen.“ Bis dahin ist
das „Junge Wohnen Wolsdorf“ garantiert zu einer eingeschworenen
Gemeinschaft zusammengewachsen.

Mehr auf www.villa-well.net

- Dirk Woiciech

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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