Auf Augenhöhe
80 Menschen mit und ohne Handicap finden berufliche Perspektive

Einweihung des RoBi-Erweiterungsbaus in der Siegburger Schumannstraße. | Foto: Woiciech
3Bilder
  • Einweihung des RoBi-Erweiterungsbaus in der Siegburger Schumannstraße.
  • Foto: Woiciech
  • hochgeladen von RAG - Redaktion

Rhein-Sieg-Kreis - Auch wenn eine Robbe mit Kochmütze das Maskottchen der „RoBi
gGmbH“ darstellt, hat der Name nur entfernt damit zu tun.
Ursprünglich war es die Abkürzung für „Rollendes Bistro“ und
ermöglichte nach der Gründung im Jahr 2000, Menschen mit und ohne
Handicap einer sinnvollen sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung nachzugehen. Seitdem entwickelte sich die
100-prozentige Tochter der AWO Bonn/Rhein-Sieg zu einem
hochprofessionellen Caterer, der heute unter anderem Schulmensen in
Siegburg, Lohmar, Hennef, Bonn und Troisdorf mit Essen versorgt. Nun
fand die Einweihung des Erweiterungsbaus der Zentralküche am Standort
Siegburg statt. Aufgrund der neuen Fläche von 65 Quadratmetern
erlauben nun zwei weitere Kühlkammern, ein Lager und ein Arbeitsraum
die Optimierung der Warenannahme, sowie die Aufbewahrung der „Cook &
Chill“-Produkte. Hierbei werden die Mahlzeiten nach der Zubereitung
auf unter vier Grad gekühlt. Das gewährleistet dann die Lagerung bis
zu vier Tage ohne Qualitätsverlust. Ferner führt es nicht nur zur
Entzerrung der Produktion, sondern unterstützt, dass weniger
Lebensmittel in den Müll wandern. Nachhaltigkeit steht bei dem
Unternehmen ohnehin im Fokus. „Auf diese Weise können wir die
Essenszubereitung um 20 Prozent steigern“, so Thomas Kern, Leiter
der Zentralküche. Doch das Herzstück der „RoBi“ sind ohne
Zweifel die Angestellten, die den Betrieb am Laufen halten. „Wir
haben 80 Mitarbeitende, davon 22 mit Handicap“, berichtet
Betriebsleiter Thomas Reinelt. Durch die Neugestaltung schuf man fünf
zusätzliche Arbeitsplätze für Menschen mit Einschränkungen. „Wir
begegnen jedem Einzelnen auf Augenhöhe“, ergänzt
Inklusionsbeauftragte Ute Stahl. Das bestätigen auch die Menschen,
die bei dem Erfolgsunternehmen tätig sind.

Harmonie und Wertschätzung sind der Schlüssel

Jennifer Hoffmann kam bereits 2005 über eine Maßnahme zur
„RoBi“, weshalb sie die Firma bereits kannte. Doch es folgten rund
neun Jahre, bei der die heute 32-Jährige etliche weitere Maßnahmen
durchlief, die jedoch nie zum Ziel führten. Im November 2016 kehrte
sie dann nach langer Arbeitslosigkeit als Küchenhilfe zu „RoBi“
zurück. Heute arbeitet sie vorwiegend im Kiosk der Mensa im
Schulzentrum Donrather Dreieck in Lohmar. „Es ist ein toller Job und
der Umgang mit den Kindern macht immens viel Spaß“, erzählt sie.
„Außerdem habe ich folglich ein geregeltes Einkommen“. Die Arbeit
gestaltet sich abwechslungsreich, darüber hinaus gehören
kaufmännische Aufgaben dazu. „Es kommt vor, dass ich sogar die
Kassenabrechnung mache“. Auf diese Weise wird Wissen innerhalb des
Teams konstruktiv weitergegeben. Grundvoraussetzung ist stets, dass
alle gemeinsam harmonieren.

So ist es auch bei Benjamin Dörr, der als Küchenhilfe im Siegburger
Anno-Gymnasium für die Essensausgabe zuständig ist. Obendrein hilft
er noch bei den Vorbereitungen. Hier ist insbesondere das Arrangement
der „Wraps“ seine Passion. Die spezielle Technik, diese Snacks zu
wickeln, beherrscht er perfekt. Der 22-Jährige wurde ebenfalls vor
drei Jahren über eine Maßnahme vermittelt. Den Einsatz im
Anno-Gymnasium führt er mit Leidenschaft aus, ansonsten springt er in
der Zentralküche ein. „Die Arbeit im Team ist toll. Und es spornt
mich an“. Der Job förderte nicht nur seine Selbständigkeit, nein,
es stärkt ferner sein Selbstbewusstsein.

Für die „RoBi“-Mitarbeitenden ist es unbedeutend, wer ein
Handicap hat und wer nicht. Oftmals nimmt man dies gar nicht wahr. In
der täglichen Arbeit spielt es sowieso keine Rolle, da alle perfekt
zusammenwirken. Für Kara Craemer kristallisierte sich der Kontakt zu
„RoBi“ als existenziell wichtig heraus. Die heute 24-Jährige
absolvierte hier eine dreijährige gestützte Ausbildung zur
Fachpraktikerin Küche. „Als ich anfing, hatte ich unheimliche
Ängste und verspürte einen Druck, dass ich das nicht kann“. Ihre
Lernschwäche brachte ihr große Probleme in der Schule ein und so
schaffte sie den Abschluss nicht. „Bei der Ausbildung war aber
Durchbeißen angesagt“. Und der Erfolg gab ihr Recht. Sie konnte
sämtliche Anforderungen erfüllen und erreichte den anerkannten
Schulabschluss. Zunächst wollte sie sich anders orientieren, bewarb
sich jedoch wieder bei dem Caterer. „Wie alle anderen musste sie ein
ganz normales Bewerbungsgespräch führen. Wir haben sie nicht einfach
genommen, weil wir sie kannten“, erklärte Thomas Reinelt. Was den
Betriebsleiter und die Inklusionsbeauftragte beeindruckte, war der
immense Entwicklungsschub von Kara Craemer. Die heute selbstbewusste
Frau wusste genau, dass sie bei

„RoBi“ gut aufgehoben ist. Nun fährt sie die Mahlzeiten zum
Zielort und hilft bei Vorbereitung und Ausgabe. Als Fachpraktikerin
zählen des Weiteren Zubereitungsformen und Schneidtechniken zum
Fachwissen. „Man akzeptiert mich so wie ich bin. Ich habe das
Gefühl, ich gehöre hier hin“.

Diese Worte rühren Ute Stahl und Thomas Reinelt sichtlich, denn es
beweist, dass die Arbeit Früchte trägt und nachhaltig ist. Achtung
und Wertschätzung prägen die Philosophie und Motivation des
Arbeitgebers. „Es gibt so gut wie keine Fluktuation im Betrieb. Alle
die hier arbeiten, bleiben langfristig“. Damit ist die „RoBi“
nicht nur als professioneller Caterer erfolgreich, sondern auch als
Sprungbrett für den ersten Arbeitsmarkt dieser Menschen, untermauert
durch eine geregelte Tätigkeit mit festem Gehalt, was zusätzlich
Sicherheit im Alltag schafft und so viel zur Lebensqualität und
Zufriedenheit beiträgt. Und das Glück und die Freude strahlen alle
Mitarbeitenden Tag für Tag aus. Mehr im Internet unter
www.robi-gastro.de.

- Dirk Woiciech

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

22 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.