Klaus Lennartz ist tot
Der SPD-Politiker stirbt im Alter von 75 Jahren

Klaus Lennartz ist am Dienstagmorgen im Alter von 75 Jahren verstorben. | Foto: Archiv/Stadt Hürth
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Hürth - Zu den Salongesprächen in seinem Wohnhaus versammelten sich stets
illustre Gäste, die untereinander Kontakte knüpfen konnten. Am
Montagabend war noch der ehemalige SPD-Vorsitzende und Außenminister
Sigmar Gabriel gemeinsam mit rund 80 geladenen Gästen beim
Salongespräch bei Klaus Lennartz und dessen Frau Elke im privaten
Wohnhaus der beiden zu Gast. Am Dienstagmorgen ist der frühere
Landrat des Erftkreises und Bundestagsabgeordnete plötzlich und
unerwartet gestorben. Er hinterlässt eine Frau und zwei Töchter.

Seinen 75. Geburtstag hatte Klaus Lennartz in diesem Jahr noch auf dem
Prunkwagen der 1. Efferener Karnevalsgesellschaft gefeiert und mit
vielen tausend Jecken am Straßenrand während des Efferener
Karnevalszuges. Das, so sagte er, sei ihm eine „große Ehre“
gewesen.

Ehemaliger Landrat des Erftkreises, 22 lang Jahre
Bundestagsabgeordneter, Ehrenvorsitzender der SPD Rhein-Erft,
Ehrenringträger des Kreises und der Stadt Hürth, ehemaliges
Aufsichtsratsmitglied von Kreissparkasse und RWE, Unternehmensberater
und Lobbyist, Ehrenmeister des Handwerks – Klaus Lennartz war auch
in einem Alter noch sehr aktiv, in dem die Allermeisten längst ihren
Ruhestand pflegen. Nicht so Klaus Lennartz. Politik, so beteuerte er
immer wieder „bedeutet mit alles“. Dabei war er zum
„Strippenzieher“ hinter den Kulissen und vor allen Dingen fern ab
von allen Parteigrenzen geworden.

Mehrmals im Monat flog er zur Kontaktpflege nach Berlin, war aber auch
in anderen Teilen der Republik unterwegs. Zuletzt kümmerte er sich
zum Beispiel intensiv um die Frage, wie Handwerksbetriebe in Zeiten
zunehmender Digitalisierung nicht nur überleben, sondern sogar neue
Produkte und Dienstleistungen entwickeln können.

„Ich bin immer ein unbequemer Mensch gewesen“, sagte er selbst.
Besonders gefürchtet schien er bei den eigenen Genossen. Das
Verhältnis war belastet - spätestens seit ihm fünf Abweichler aus
der Kreistagsfraktion damals den Weg zum hauptamtlichen Landrat
verbaut hatten. Im Nachhinein sei es sogar ein Glücksfall gewesen,
sagte er später über seine wohl bitterste politische Niederlage. Bis
zuletzt war er Mitglied im Rat der Stadt Hürth und Mitglied des
Kreistages im Rhein-Erft-Kreis.

Guido Mumm, bis zuletzt engster Mitarbeiter und auch Geschäftspartner
von Klaus Lennartz war am Dienstagmorgen mit Klaus Lennartz
verabredet: „Wir wollten bei ihm zuhause das Salongespräch vom
Abend noch nachbereiten.“ Dazu kam es nicht mehr. Lennartz erlitt am
frühen Vormittag einen Schwächeanfall, der herbeigerufene Notarzt
brachte den 75-Jährigen ins Krankenhaus. Am Ende kam jede Hilfe zu
spät. Guido Mumm: „Wir stehen alle noch unter Schock. Damit war
nicht zu rechnen. Klaus Lennartz war doch top fit. Ging zwei, dreimal
die Woche joggen, regelmäßig zum Medizincheck. Wir verstehen es
nicht!“

Noch am Abend schrieb Sigmar Gabriel: „Der Tod von Klaus Lennartz
ist ein großer Schock für mich. Gestern Abend habe ich ihn noch
engagiert und voller Ideen für seine Heimatregion erleben dürfen und
heute erreicht mich die Nachricht von seinem plötzlichen Tod. Klaus
Lennartz war ein großer Freund der Menschen seiner Heimat und ein
großer Sozialdemokrat. Er hinterlässt eine große Lücke. Meine
Gedanken sind bei seiner Familie und Freunden.“

Auch der CDU-Kreisvorsitzende Frank Rock reagierte „schockiert“
auf die Nachricht: „Unser aufrichtiges Mitgefühl und Beileid gilt
der Familie und den Freunden von Klaus Lennartz. Er hat großes
Engagement für die Heimatregion gezeigt und den Menschen über
Jahrzehnte als engagierter und streitbarer Sozialdemokrat gedient. Ich
persönlich habe in den vergangenen Jahren zwei Wahlkämpfe mit ihm
auf Kreisebene ausgefochten. Wir sind uns auf politischer Ebene
häufig begegnet und pflegten immer einen fairen Umgang miteinander,
was ich ihm persönlich hoch anrechne.

Wir wünschen der Familie und den Angehörigen viel Kraft und bedauern
seinen frühen Tod.“

„Die Nachricht von Klaus Lennartz Tod stimmt uns alle betroffen. Wir
sind in tiefer Trauer um einen engagierten Sozialdemokraten, der mehr
als vier Jahrzehnte die Politik im Rhein-Erft-Kreis mitgestaltet und
sich für das Wohl der Menschen unserer Region stark gemacht hat.
Seiner Familie und seinen weiteren Angehörigen gilt unser
tiefempfundenes Mitgefühl“ kommentieren die stellvertretenden
Kreisparteivorsitzenden Dagmar Andres, Brigitte Dmoch-Schweren und
Dierk Timm den Tod von Klaus Lennartz.

Willy Zylajew, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion schreibt: „Die
Nachricht vom Tod des Kollegen Lennartz hat uns alle tief
erschüttert...Bis in die letzten Stunden seines Lebens hat er mit
großem Engagement politisch und unternehmerisch für unsere
Heimatregion gewirkt. Er war ein streitbarer Sozialdemokrat, der die
Verständigung mit dem Kontrahenten und dem politischen Gegner suchte.
Er hat dem Kreis, etlichen Unternehmen und vielen Menschen übe
Jahrzehnte als Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Kreistages,
sowie als Landrat gedient.“

Klaus Lennartz - das Leben eines Vollblutpolitikers, Vordenkers,
Querdenkers und Machers

Seit seinem Beitritt zur SPD im Jahre 1963 war Klaus Lennartz auf
zahlreichen politischen Ebenen bis zu seinem letzten Lebtag aktiv. Von
1973 bis 1976 war er Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Hürth. Von 1974
bis 2014 war er Mitglied des Rates der Stadt Hürth. In den Jahren
1975 bis 2001 war Klaus Lennartz SPD-Kreisvorsitzender. In den
Kreistag des Erftkreises und späteren Rhein-Erft-Kreises wurde er im
Jahr 1976 gewählt und gehörte dem Kreistag bis zu seinem Tode an.
Von 1976 bis 1981 führte er die SPD-Kreistagsfraktion als
Vorsitzender.  Dem SPD-Bezirksvorstand Mittelrhein gehörte er von
1974 bis 2003 an. 1980 wurde Klaus Lennartz in den Deutschen Bundestag
gewählt und gehörte ihm bis ins Jahr 2002 an. Von 1984 bis 1995 war
Klaus Lennartz Landrat des Erftkreises. In Anerkennung seiner
zahlreichen Verdienste ernannte ihn die Erftkreis-SPD im Jahr 2001 zum
Ehrenvorsitzenden.

„Klaus Lennartz war es immer wichtig, seine Erfahrungen in die
Gestaltung der Gesellschaft von morgen einzubringen. Bis zuletzt lagen
seine Interessen besonders auf zukunftsorientierten Projekten, die die
Wirtschaft und die Gesellschaft hier bei uns vor Ort voranbringen. Er
verstand sich als Initiator, Motivator und Förderer in den
verschiedensten Bereichen. Sein großes und unermüdliches politisches
Engagement über mehr als vier Jahrzehnte hinweg, vor allem in Hürth,
dem Rhein-Erft-Kreis und der Bundesrepublik Deutschland, bleiben
unvergessen“ so Andres, Dmoch-Schweren und Timm einhellig. 

Mit Klaus Lennartz verliert die SPD einen großen Sozialdemokraten,
der immer die Entwicklung seiner Heimatstadt Hürth im Blick hatte“,
so der Hürther SPD-Vorsitzende Lukas Gottschalk. „Klaus Lennartz
hat innerhalb der SPD eine beeindruckende Karriere gemacht. Sein
Engagement wurde mit zahlreichen Ehrungen gewürdigt. So wurde ihm das
Bundesverdienstkreuz am Bande, der Ehrenring der Stadt sowie der
Ehrenring des Kreises verliehen. Er war bis zuletzt ein streitbarer
Sozialdemokrat“, ergänzt der SPD-Fraktionsvorsitzende Stephan
Renner. Die Hürther SPD werde sein Andenken in Ehren halten.

„Herr Lennartz ist für mich in den vergangenen Jahren zu einem
politischen Freund geworden, der jenseit aller Parteipolitik immer das
Wohlergehen seines Rhein-Erft-Kreises im Blick hatte“, heißt es in
einer persönlichen Stellungnahmen von  Landrat Michael Kreuzberg.
„Sein bundespolitisches Wirken als langjähriges Bundestagsmitglied
war immer tief in seinem Heimatkreis verwurzelt.“  Zwei seiner
unzähligen Projekte hätten ihm besonders am Herzen gelegen. Die
Polizeistiftung NRW und die Hungerhilfe für Nowgorod. „Diese
Initiativen zeigen, das Klaus Lennartz nicht nur unbequem und
streitbar war. Er war nicht nur der wirtschaftspolitische
Tausendsassa, der bis zuletzt für die Modernisierung der Wirtschaft
im Angesicht des Strukturwandels, für die Digitalisierung oder für
eine zeitgemäße Bildung kämpfte.“

Als Landrat des Rhein-Erft-Kreises brachte Klaus Lennartz das „WIKO
2000“ auf den Weg, ein Wirtschaftskonzept eines unabhängigen,
renommierten Instituts, dass treffende Prognosen für die damalige
Zukunft des Rhein-Erft-Kreises lieferte. Klaus Lennartz initiierte als
Landrat ebenfalls die Gründung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft
Rhein-Erft GmbH. Im Aufsichtsrat der RWE AG vertrat Klaus Lennartz von
1989 bis 1995 engagiert die Interessen seiner Heimatregion.

Ende der 1980er Jahre bereitete Klaus Lennartz politisch die
Ansiedlung der Fernsehstudios in Hürth vor, welche der Stadt Hürth
und dem Rhein-Erft-Kreis  bis heute große Strahlkraft in der Medien-
und Kreativwirtschaft und der Technologiebranche Europas verleihen.
Die Förderung der regionalen Wirtschaft war Klaus Lennartz in seinem
politischen Wirken stets ein großes Anliegen. Erfolgreich setzte er
sich für die Eröffnung von Gründer- und Innovationszentren im
Rhein-Erft-Kreis ein, ebenso wie für Bereitstellung von
Risikokapital, um jungen Existenzgründern mit guten Ideen zu Kapital
zu verhelfen.

Auch die internationale Zusammenarbeit fiel nie aus dem Blickfeld von
Klaus Lennartz. So war er Planer und Organisator eines
Umweltsymposiums zwischen China und der Bundesrepublik Deutschland,
auf dem deutschen Unternehmen aus der Umweltbranche Zugang zu den
neuen Märkten in China gewannen. In den 1980er Jahren rief Klaus
Lennartz die Nowgorod-Hilfe im Rhein-Erft-Kreis ins Leben, die die
damals akute Hungersnot in Russland mit konkreten Hilfen aus dem
Rhein-Erft-Kreis mildern wollte.

Klaus Lennartz war Mitglied mehrerer Stiftungen. Er war Mitglied der
Gold-Krämer-Stiftung, deren Zweck es ist, geistig und körperlich
behinderte, arme, alte und kranke Menschen sowie bedürftige
Jugendliche zu unterstützen. Diese Schwerpunkte werden ergänzt durch
die Förderung von Gesundheit, Bildung, Kunst und Kultur. Ebenso war
Klaus Lennartz Mitglied der Kulturstiftung, der Sozialstiftung und der
Sportstiftung  der Kreissparkasse Köln. Seit 2005 war Klaus Lennartz
Mitglied des Lew-Kopelew-Forums.

Klaus Lennartz war 1997 maßgeblich an der Gründung der
Polizeistiftung des Landes Nordrhein-Westfalen beteiligt. Ebenfalls
maßgeblich trug er zur Gründung der Hochbegabtenstiftung der
Kreissparkasse Köln bei. Auch die Medienschule Rhein-Erft entstand
auf Initiation von Klaus Lennartz.

Klaus Lennartz war Träger des Ehrenrings des Rhein-Erft-Kreises und
Träger des Ehrenrings der Stadt Hürth.

„Die Sozialdemokratie verliert mit Klaus Lennartz einen
hochengagierten Vordenker und Macher, der die Region und unsere Partei
über Jahrzehnte hinweg geprägt hat und für dessen Lebensleistung
wir dankbar sind“, so Dagmar Andres, Brigitte Dmoch-Schweren und
Dierk Timm abschließend.

Kondolenzbuch liegt aus

In der Geschäftsstelle der Rhein-Erft SPD wird ab kommenden
Donnerstag ein Kondolenzbuch ausgelegt, in das sich alle Bürgerinnen
und Bürger eintragen können. Dies ist dienstags bis freitags
zwischen 9 und 14 Uhr möglich, sowie nach telefonischer Vereinbarung
unter 02235-927140. Die Geschäftsstelle der Rhein-Erft SPD befindet
sich in Erftstadt-Liblar in der Fritz-Erler-Straße 2.

- Georg Zingsheim und Ulf-Stefan Dahmen

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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