Digitalisierung der Schulen
Langsames Erwachen aus dem Dornröschenschlaf

Schulalltag im April 2021: Der heimische Küchentisch wird zur Schulbank, der Unterricht findet in Distanz über digitale Endgeräte statt. | Foto: Schunck/BVE
  • Schulalltag im April 2021: Der heimische Küchentisch wird zur Schulbank, der Unterricht findet in Distanz über digitale Endgeräte statt.
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  • Lehrerverband lobt Kommunen im
  • Kreis[/*]

  • Schuldzuweisungen an die
  • Landesregierung[/*]

Region (red). Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in NRW
fordert seit mehr als zehn Jahren die digitale Ausstattung der
Schulen. Umso erfreuter war die Bildungsgewerkschaft von den
Ausstattungsoffensiven der Landesregierung. Die konkreten
Rückmeldungen der 650 Mitglieder im Kreisverband Rhein-Erft zeigen
aber ein sehr uneinheitliches Bild. Daher hatte der Kreisverband Mitte
Februar alle zehn Städte im Rhein-Erft-Kreis zum Stand der
Digitalisierung ihrer Schulen befragt.

Alle Fördermittel abgerufen
Bis Anfang April hatten neun Kommunen ausführlich geantwortet,
lediglich von der zweitgrößten Stadt im Kreis, der Kreisstadt
Bergheim, steht der Fragebogen noch aus. Möglicherweise gibt es aus
dieser Kommune nichts zur Digitalisierung der Schulen zu vermelden
oder aber der Informationsanspruch der Öffentlichkeit wird beim
derzeitigen Arbeitsanfall in der Schulverwaltung anders priorisiert.

Alle neun Städte im Rhein-Erft-Kreis, die an der Umfrage teilnahmen,
haben die Fördermittel beantragt oder vollständig abgerufen.
Tatsächlich sei die Expertise, die nötig ist, um die digitale
Ausstattung zu planen und auszuschreiben, erheblich.
Nicht nur Kollegien, Schulleitungen und die Mitarbeiter der kommunalen
Schulverwaltungsämter, sondern auch die entscheidenden Rats- und
Ausschussmitglieder mussten sich mit „Mobile Device Management“,
„Server“ contra „Cloud“ und „Apple“, „Microsoft“ oder
„Android“ auseinandersetzen.

Schulen wurden beteiligt
Alle Städte im Rhein-Erft-Kreis haben die Schulen bei der Auswahl der
Geräte beteiligt.
Zu unterscheiden sind hier die Endgeräte für die Schüler zur
pädagogischen Arbeit und die Endgeräte der Lehrkräfte, die sowohl
datenschutzrelevante Verwaltungstätigkeiten (Zeugnisse!) als auch die
pädagogische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen leisten müssen.
Gerade Letzteres unterscheidet sich dann auch stark zwischen Grund-
und weiterführenden Schulen. So verwundert es nicht, dass fast alle
Kommunen verschiedene Geräte für die Schüler und die Lehrer
anschaffen.
Pädagogik und Netzausbau beeinflussen sich gegenseitig
Untrennbar mit der Geräteauswahl war und ist aber auch der Netzausbau
in den Schulgebäuden verbunden. Anwendungen wie Microsoft 365 oder
Geräte wie iPads benötigen durchgehend W-Lan-Anschluss und hohe
Datenraten ins Internet. Videokonferenzen mussten von den Lehrkräften
aus dem Schulgebäude zu den Kindern im Distanzunterricht nach Hause
funktionieren. Aber auch die Kinder, die in der Notbetreuung im
Schulgebäude Distanzunterricht bekamen, mussten mit Endgerät,
Internet und W-Lan an Videokonferenzen teilnehmen können. So mussten
die Schulträger die passende Infrastruktur zu den gewünschten
Geräten schaffen oder aber die Geräte mussten nach den technischen
Möglichkeiten des Gebäudes ausgewählt werden. Wobei eine
zeitgemäße Pädagogik nicht dauerhaft vom fehlenden W-Lan oder
Glasfaserausbau verhindert werden darf.

Endgeräte für den Distanzunterricht

Für Schülerinnen und Schüler, die keine eigenen Endgeräte haben,
sind in Hürth (60.000 Einwohner) 580 Endgeräte bereits geliefert und
187 befinden sich für Anfang Mai im Zulauf. Brühl (44.000 Einwohner)
hält 560 Geräte für Grundschulen und 860 Geräte für
weiterführende Schulen zur Entleihung bereit. Die Stadt Bedburg
(24.000 Einwohner) hat über 300 Endgeräte ausgegeben, Wesseling
(36.000 Einwohner) fast 200. Die noch junge Stadt Elsdorf (22.000
Einwohner) pflegt aktuell für jede Schule 60 Geräte ins „Mobile
Device Management“ ein. Pulheim (54.000 Einwohner) hat in die Hand
der Kinder schon 150 von 690 bestellten Geräten ausgeben. Frechen
(52.000 Einwohner) hat bislang 80 Geräte an die Realschule
ausgegeben. In Erftstadt (50.000 Einwohner) ist eine Teillieferung
(Anzahl wurde nicht genannt) für die Schüler eingegangen. In Kerpen
werden nach der uns vorliegenden Antwort die Geräte für Kinder und
Jugendliche im Distanzunterricht ganz aktuell ausgeliefert.

Endgeräte für Lehrkräfte
Ganz anders sieht es mit den digitalen Endgeräten für die
Lehrer:innen aus: Hier konnte in Erftstadt schon im abgelaufenen Jahr
jeder Lehrkraft ein Gerät ausgeben werden, in Elsdorf ist die Ausgabe
nach den Osterferien geplant, Frechen, Bedburg, Pulheim und Wesseling
haben bestellt, während in Brühl dazu noch die Ausschreibung
vorbereitet wird. Hürth konnte die Surface-Geräte von Microsoft
schon ausgeben, die Notebooks sollen Anfang Mai kommen. Unklar ist der
Liefertermin der iPads für die Lehrerinnen und Lehrer in Hürth, die
sich für dieses Gerät entschieden haben.
Sehr schwierig gestaltet sich der Distanzunterricht für Kinder, die
sich in den Grundschulen zur Notbetreuung befinden: Nur Hürth,
Brühl, Bedburg, Wesseling und Pulheim geben an, in allen Gebäuden
W-Lan zu haben, Elsdorf erwartet diesen Ausbauzustand nach den
Herbstferien. In Erftstadt gibt es erste Grundschulen und
weiterführende Schulen, die in allen Räumen funktionierendes W-Lan
haben. In Kerpen ist das für das laufende Jahr 2021 geplant. Damit
können auch nicht alle Schulen im Rhein-Erft-Kreis ihre
Distanzlernangebote aus dem eigenen Schulgebäude „versenden“.
Lehrkräfte müssen teilweise von zu Hause aus über die privaten
Internetzugänge und ohne dienstliches Gerät die Unterrichtsangebote
einstellen, Videokonferenzen abhalten etc. Der Datenschutz und die
Sicherheit der privaten Geräte sind da noch immer nicht gänzlich
geklärt.

Glasfaser
Glasfaseranschluss für alle Schulen gibt es nach den uns vorliegenden
Antworten noch in keiner Kommune. Hier reichen die Antworten von
„erste Schulen angeschlossen“ (Erftstadt, Elsdorf) über
„laufender Ausbau“ (Wesseling) bis „geplant für 2021/2022“,
„Abschluss in 12.2022“ (Hürth), „ausgeschrieben“ (Pulheim)
und „in Klärung“ (Bedburg). Die anderen Kommunen haben zum Punkt
„Ausbau schnelles Internet“ gar keine Aussage gemacht.
„Vorbildlich und zukunftsorientiert“ sei das Vorgehen der Stadt
Hürth, sagt der Lehrerverband: Hier wurden allen Schulleitungen (und
Vertretungen) sogenannte VPN-Leitungen an die Privatadressen
geschaltet. Damit können die Hürther Schulleitungen aus dem
Homeoffice sicher auf die schulischen Verwaltungsrechner zugreifen.
„Verschlafen“, heißt es in der Erklärung des VBE, „wurde die
Digitalisierung jahrelang auf Landesebene“.
Ein Vorwurf an die Stadtverwaltungen im Kreis ist aus Sicht des VBE
Rhein-Erft nicht angebracht: Die Digitalisierung der Schulen sei
jahrelang auf Landesebene verschlafen worden. „Da waren andere
Themen immer wichtiger“, stellt Sandra Zieße-Junghans als
Kreisvorsitzende des VBE nüchtern fest. Als das Thema durch die
Schulschließungen dann plötzlich aktuell wurde, brachen die
strukturellen Probleme für alle sichtbar auf: Die überkommene
Aufteilung von Schulangelegenheiten in Zuständigkeit des Landes
(Lehrkräfte, Lehrpläne) und Zuständigkeiten der Kommunen (Gebäude
und Ausstattung) überschneidet sich bei der Digitalisierung und
versagte unter dem Zeitdruck der Pandemie teilweise.
„Es scheint, als wären die jahrelangen Forderungen des VBE endlich
angekommen. Es gibt sehr erfreuliche Anzeichen, dass es im
Rhein-Erft-Kreis Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gibt, die die
Digitalisierung zur Chefsache machen und damit trotz der widrigen
Umstände mehr für die Schulen Ihrer Kommune erreichen konnten und
können“, resümiert Johannes Schuck als Pressesprecher des VBE
Rhein-Erft: „Es bleibt für alle noch viel zu tun!“

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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