Ulf Muuß ist Bird Controller am Köln Bonner Flughafen
Die Task-Force gegen Vogelschlag

Vier Frettchen helfen Bird Controller Ulf Muuß bei seiner Arbeit. Sie treiben die Kaninchen aus ihrem Bau. | Foto: Schoepal
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  • Vier Frettchen helfen Bird Controller Ulf Muuß bei seiner Arbeit. Sie treiben die Kaninchen aus ihrem Bau.
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(as). „Weiter Sandy! Weiter voran! Sooo fein..!“ Mit achtsamen
Ohren, wachem Geruchssinn, aber auch immer ihren Rudelführer Ulf
Muuß im Blick durchschwimmt Jagdhündin Sandy den Teich und geht am
gegenüberliegenden Ufer an Land. Mit der Nase tief am Boden
durchstöbert sie das hohe Gras und das auf den ersten Blick für den
Laien vergessen wirkende, zu kleinen Wällen aufgetürmte Astwerk.
„Graureiher bevorzugen es, auf sicherem und übersichtlichem Fuß in
das Gewässer zu gelangen. Mit den angehäuften Ästen am Uferrand und
der Böschung machen wir es ihnen unübersichtlich und
ungemütlich“, erklärt Bird Controller Ulf Muuß.

Vor sechs Jahren bewarb sich der Berufsjäger beim Flughafen Köln
Bonn auf eine Stellenanzeige als Bird Controller. Eine Ausbildung
„im Grünen Bereich“, der Führerschein, einen Jagdschein,
Kenntnisse in Vogelkunde oder sehr gute Artenkenntnis, sind einige der
notwendigen Voraussetzungen für den Beruf als „professioneller
Vogelverscheucher“. „Alle Bird Controller sind Quereinsteiger. Mit
einer dreijährigen Ausbildung zum Berufsjäger, den Erfahrungen, die
ich in der Forstwirtschaft, einer Vogelwarte auf Helgoland und in
Neuseeland gesammelt habe, bot ich die nötigen Voraussetzungen für
den Job“, erzählt Muuß, während er Sandy weiter Befehle erteilt.
Doch heute gibt es für die siebenjährige Deutsche-Kurzhaar
Vorstehhündin im Gelände keine nistenden Vögel aufzuscheuchen. Am
Ufer entlang patrouillierend kehrt sie zu Muuß zurück.

Nach einem belohnenden und liebevollen Trockenrubbeln setzen Hund und
Herrchen ihre tägliche „Kartierungsfahrt“, wie es im Fachjargon
heiß, fort. In der Nähe der Flughafengebäude hält Muuß mehrmals
kurz an und sucht mit den Augen den Himmel ab. Er checkt die Laternen
und die Dächer auf rastende Vögel. Insgesamt 1.000 Hektar, davon
allein 650 Hektar Grünfläche inklusive einer blühenden
Heidemoor-Landschaft, umfasst das Areal des Flughafen Köln Bonn, das
Muuß täglich inspiziert. Rund dreieinhalb Stunden ist er dafür
unterwegs. Dabei dokumentiert er sorgfältig, wo auf dem
Flughafengelände sich welche Tiere niedergelassen haben. Die
Arbeitsplatzbeschreibung von Ulf Muuß lautet: ...den Flughafen Vogel
frei zu halten und Vogelschlag zu verhindern....

„Vergrämen“ lautet das Einsatzwort für den Bird Controller und
seine vierbeinige Gehilfin, sobald sich zu große Vogelschwärme in
der Nähe oder auf der Landebahnen aufhalten. Eine vorbeugende
Maßnahme, um es Zugvögeln wie Staren, Gänsen und Kranichen auf dem
Flughafenareal ungemütlich zu machen ist es, das Gras hoch wachsen zu
lassen. So steht das Gras an einigen Stellen rund vierzig Zentimeter
hoch und der Bewuchs auf bestimmten Flächen ragt bis zu eineinhalb
Meter über dem Boden. Das mögen die Vögel nicht und landen deshalb
erst gar nicht. Das hohe Gras versperrt ihnen den Blick, so dass sie
einen Feind, wie etwa den Fuchs, nicht rechtzeitig wahrnehmen können.

Zur Schusswaffe greift der Berufsjäger nur im äußersten Falle.
Höchstens innerhalb der Jagdzeit, wenn die Population der Kaninchen
zu groß geworden ist. „Ansonsten fangen wir die Kaninchen lebend
und überlassen sie den Förstern in Sachsen-Anhalt. Dort ist seit
einer Seuche die Anzahl der Kaninchen zurückgegangen ist. Um sie hier
unversehrt einzufangen, haben wir 20 Lebendfallen auf dem
Flughafengelände verteilt.“
Von Oktober bis Februar gehören zum Arbeitsteam von Ulf Muuß vier
zahme Frettchen: Mucki, Micki, Heidi und Hannah. Die pelzigen
Mitarbeiter treiben die Kaninchen aus ihren Erdbauten, um sie mit
Netzen und Drahtreusen einzufangen und auf die Reise in den Osten zu
schicken.

Pro Jahr zählt Muuß zwischen 25 bis 35 Vogelschläge mit vorwiegend
Kleinvögeln. Dabei sind Beschädigungen glücklicherweise extrem
selten. In diesem Jahr gab es bisher nur fünf Vogelschläge. „Vor
circa fünf Jahren musste der Start einer Boeing abgebrochen werden.
Eine Ringeltaube war in das Triebwerk geraten und hatte dabei drei
Triebwerkschaufeln beschädigt. Der reine Materialschaden betrug
36.000 Euro“, erinnert er sich.

Ein Problem sind die Kraniche, auf deren Zuglinie der Flughafen liegt.
Zusammen mit den Wildgänsen stellen sie im Frühjahr und im Herbst
eine potenzielle Gefahr für die Flugsicherheit dar. Bewegt sich eine
Schar dieser Vögel im Luftraum, so wird diese vom Radar des Towers
erfasst und die Piloten erhalten eine Warnung. Zudem schlägt ein Team
von Vogelexperten rechtzeitig Alarm, wenn eine ganze Formation im
Anflug ist. „Bei Schwärmen kleiner Vögel, dazu zählen etwa die
Stare, kommen Signalrevolver und Phyroakustik zum Einsatz. Zuvor wird
jedoch der Tower informiert und nachgefragt, wann die nächste
Flugpause ist“, erklärt der Bird Controller.

Während Kranich, Taube, Gans und Co. auf dem Flughafen die rote Karte
gezeigt bekommen, hat Reineke Fuchs sozusagen einen Passierschein.
„Im Gegensatz zu den Greifvögeln, die sich beim Fressen auf die auf
dem Rollfeld liegenden Tierkadaver setzen, schleppen die Füchse die
toten Tiere zum Fressen vom Rollfeld weg und arbeiten damit für
uns.“
Seit ungefähr zwei Jahren erhalten Muuß und sein Team fliegende
Unterstützung. Die Wüstenbussarde und ein Lannerfalke von
Berufsfalkner Marco Wahl bilden das Kampfgeschwader aus der Luft beim
Vergrämen von Tauben, Möwen und Krähen.

„Ich habe einen wunderbaren Arbeitsplatz und möchte nirgendwo
anders arbeiten. Ich bin jeden Tag in der Natur und arbeite mit
Tieren“, schwärmt Muuß.

Vier Frettchen helfen Bird Controller Ulf Muuß bei seiner Arbeit. Sie treiben die Kaninchen aus ihrem Bau. | Foto: Schoepal
Die siebenjährige Hündin Sandy hilft Bird Controller Ulf Muuß im freien Gelände Tiere aufzuspüren. | Foto: Stahl
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