Stadt verhängt Ausgangssperren - bei Verstößen 250 Euro Bußgeld
Die Notbremse gezogen

Alle zu Hause in Deutz. Das Foto zeigt die Deutzer Freiheit. | Foto: König
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Köln - (ak). Noch bevor das neue Bundes-Infektionsschutzgesetz in Kraft
getreten ist, hat die Stadtverwaltung die „Notbremse“ gezogen. Bei
steigenden Inzidenzzahlen und vollen Intensivstationen entschied der
Krisenstab, eine Ausgangssperre für Köln von 21 bis 5 Uhr zu
verhängen, die von einer sichtlich tief bewegten Oberbürgermeisterin
verkündete wurde.

Eine Ausgangssperre habe es seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr gegeben
und sie solle, so Henriette Reker, so bald wie möglich auch wieder
aufgehoben werden. „Wir sind des Lockdowns und der Appelle müde,
aber es gibt keine andere Handlungsoption mehr“, so Reker weiter.
Stadtdirektorin Andrea Blome geht davon aus, dass die Geschäfte, die
bislang länger als 21 Uhr geöffnet haben, nachziehen und früher
schließen werden.

Der Ordnungsdienst der Stadt und die Polizei Köln kontrollieren
gemeinsam die Einhaltung der Maßnahmen. Verstöße gegen die
Ausgangsbeschränkung werden mit einem Bußgeld in Höhe von 250 Euro
geahndet.
Der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob sprach von einer
außergewöhnlichen Situation. Die Polizei werde das Ordnungsamt bei
der Überwachung der Ausgangsbeschränkung unterstützen, dabei aber
„mit Augenmaß handeln“.
Vor dem Hintergrund der Ausgangsbeschränkungen schaltete die
RheinEnergie im Auftrag der Stadt die Illumination von historischen
Gebäuden und Denkmälern im gesamten Stadtgebiet ab.
Auch die KVB reagierte. So entfällt in den Nächten von Freitag auf
Samstag und von Samstag auf Sonntag zwischen 1.15 Uhr und 4.15 Uhr der
Nachtverkehr. Die KVB stelle jedoch mit der weitgehenden
Aufrechterhaltung des abendlichen Verkehrsangebots sicher, dass
Berufstätige auf dem Weg zur und von der Arbeit weiter Bus und Bahn
nutzen können.

Die Resonanz auf die Maßnahme der Stadt fiel unterschiedlich aus.
Während die IHK Köln, so IHK Präsidentin Dr. Nicole Grünewald,
eine erneute Unsicherheit und einen Mehraufwand für die Betriebe
befürchtet, heißt es aus der SPD-Fraktion, dass man alle
erforderlichen Mittel ergreifen müsse, um Infektionszahlen und
schwere Krankheitsverläufe deutlich zu senken. Die FDP-Ratsfraktion
hält die Ausgangssperre verfassungsrechtlich für fragwürdig und
epidemiologisch nicht wirksam. Das Grundrecht auf Freizügigkeit sehen
Linke, Bündnis 90/ Die Grünen, Die Partei und die Klima Freunde
damit verletzt.

Können nächtliche Ausgangssperren helfen, die Zahl der
Corona-Infektionen zu reduzieren?

Forscher verweisen auf die positiven Auswirkungen von Ausgangssperren.
Umstritten ist jedoch, wie groß und nachhaltig der Effekt ist. Ein
Team der Universität Oxford belegte, dass nächtliche
Ausgangsbeschränkungen die Covid-Verbreitung reduzieren können.
Einen höheren Effekt hätten jedoch strenge Kontaktbeschränkungen
wie die Begrenzung aller Treffen auf maximal zwei Menschen.
Mobilitätsforscher der Technischen Universität und des
Zuse-Instituts in Berlin fanden in einer Studie heraus, dass eine
nächtliche Ausgangssperre private Treffen am Abend reduziere und so
zur allgemeinen Reduktion der Kontakte beitrage.

 

Die Verfügung:
In der Zeit von 21 Uhr bis 5 Uhr des Folgetags gilt eine
Ausgangsbeschränkung. Der Aufenthalt außerhalb der Wohnung oder
sonstigen Unterkunft und dem jeweils dazugehörigen befriedeten
Besitztum ist in dieser Zeit bei Vorliegen folgender triftiger Gründe
gestattet:
1. Abwendung einer konkreten Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,
2. Ausübung beruflicher und dienstlicher Tätigkeiten,
einschließlich der unaufschiebbaren beruflichen, dienstlichen oder
akademischen Ausbildung sowie der Teilnahme ehrenamtlich tätiger
Personen an Übungen und Einsätzen von Feuerwehr, Katastrophenschutz
und Rettungsdienst, jeweils die An- und Abreise auf direktem Weg zu
diesen Tätigkeiten eingeschlossen,
3. Inanspruchnahme medizinischer, pflegerischer, therapeutischer und
veterinär-medizinischer Leistungen,
4. Begleitung und Betreuung von unterstützungsbedürftigen Personen
und Minderjährigen, insbesondere die Wahrnehmung des Sorge- und
Umgangsrechts im jeweiligen privaten Bereich,
5. Begleitung und Betreuung von sterbenden Personen und von Personen
in akut lebensbedrohlichen Zuständen,
6. unaufschiebbare Handlungen zur Versorgung von Tieren sowie
Maßnahmen der Tierseuchenprävention und zur Vermeidung von
Wildschäden,
7. sonstige vergleichbar gewichtige und unabweisbare Gründe.
Außerdem:
In allen der Allgemeinheit zugänglichen öffentlichen Grünanlagen
ist es verboten, alkoholische Getränke zu konsumieren, Shisha zu
rauchen oder zu grillen. Auf den Wochenmärkten dürfen nur zum
Verzehr geeignete Waren und Schnittblumen verkauft werden.

 

Verwaltungsgericht lehnt Eilantrag ab: Ausgangsbeschränkung in
Köln bleibt vorerst bestehen

Die zur Pandemiebekämpfung von der Stadt verhängte nächtliche
Ausgangsbeschränkung ist voraussichtlich verhältnismäßig und
zumutbar. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden und damit
den Eilantrag eines Bürgers abgelehnt. Gegen die Ausgangssperre hatte
der Antragsteller – ebenso wie etwa 40 weitere Kölner – einen
Eilantrag erhoben, weil er sich ungerechtfertigt in seinen
Grundrechten beeinträchtigt sah. Dem ist das Gericht nicht gefolgt
und hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die
Ausgangsbeschränkung sei gesetzlich zulässig, weil sich eine
kontinuierliche ansteigende Entwicklung der Inzidenzzahlen in Köln
bis zu einem Wert von 188,1 am 19. April 2021 gezeigt habe. Sie sei
nach dem vorläufigen Erkenntnisstand des Eilverfahrens auch
verhältnismäßig. Zwar greife sie in die allgemeine
Handlungsfreiheit ein. Jedoch sei die Beschränkung aus Gründen des
Infektionsschutzes gerechtfertigt. Sie sei zur Pandemiebekämpfung
geeignet, weil sie soziale Kontakte um etwa 10 Prozent verringere.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in
Münster eingelegt werden.

Alle zu Hause in Deutz. Das Foto zeigt die Deutzer Freiheit. | Foto: König
Ausgeh-Meile Zülpicher Straße ohne Nachtschwärmer. | Foto: König 
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