Berufsfindungsmesse
Allzu „verkopft“ ist auch nicht gut

Gut besucht war die Berufsfindungsmesse an der igs in Beuel. | Foto: Harald Weller
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  • Gut besucht war die Berufsfindungsmesse an der igs in Beuel.
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Beuel - Die Integrierte Gesamtschule Bonn-Beuel öffnete bereits zum 5. Mal
ihre Türen. Zu Gast waren diesmal 6 Berufskollegs, 8 Jugenddörfer, 9
Ambulante Träger von Maßnahmen, 2 Werkstätten sowie lokale
Betriebe. Die Agentur für Arbeit war da, der Integrationsfachdienst,
intra, Bonnfairbindet, die IHK, die Handwerkskammer, die Initiative
Inklusiver Arbeitsmarkt Alfter und die Landwirtschaftskammer.
Organisiert hatte die Messe der „Runde Tisch Berufsorientierung
Bonn/Rhein Sieg“.

Bei dem schier überwältigenden Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten
für junge Leute mit Förderbedarf nahm es nicht Wunder, dass
Schirmherr Manfred Lütz erhebliche Mühe hatte, seine
Begrüßungsrede verständlich zu Ende zu bringen. Die Aula der Schule
war schlicht und einfach voll. Und die jungen Interessenten für eine
Berufsausbildung drängten darauf, ihren Informationshunger gestillt
zu bekommen.

Manfred Lütz brach erwartungsgemäß eine Lanze für die Menschen mit
Förderbedarf. Schließlich seien die sogenannten Normalos in der
Vergangenheit so erschreckend normal gewesen, dass man sich hätte
fragen können, ob sie noch ganz normal seien. Dazu bemühte er die
Beispiele Hitler, Stalin und Mao. Über Menschen mit Förderbedarf
sagte er, sie seien ihm lieber als so mancher 1er Kandidat im Abi. Die
könnten oft nicht mal Kaffee trinken, seien also völlig verkopft und
somit für viele Berufe nicht geeignet.

So weit brauchte man sich philosophisch aber gar nicht aus dem Fenster
zu lehnen. Die rund 500 Interessenten waren nicht gekommen, um zu
philosophieren, sie wollten vielmehr konkrete Ergebnisse und
Informationen. Und die bekamen sie auch. Die Atmosphäre war lebendig.
Die Standbesatzungen der verschiedenen Anbieter hatten alle Hände
voll zu tun. 

Sarah war mit ihrer 10. Klasse von der Rheinschule da. Sie schaute
sich beim Robert-Wetzlar-Berufskolleg Bonn um. Dort gibt es berufliche
Teilhabe für Menschen mit Behinderung im Berufsfeld Ernährung und
Versorgungsmanagement. Bildungskoordinator Volker Hoffmann konnte alle
Fragen beantworten. Ziel des Bildungsgangs ist die Vorbereitung auf
eine Erwerbstätigkeit. Dies kann konkret eine Hilfstätigkeit auf dem
1. Arbeitsmarkt bedeuten, ein betriebsintegrierter Arbeitsplatz, eine
Tätigkeit in einem Integrationsunternehmen, eine
Fachpraktikerausbildung oder eine Arbeit in der Werkstatt für
Menschen mit Behinderung.
Das CJD Berufsbildungswerk Dortmund bietet Chancen für ‚Autismus
und Berufsausbildung‘. Vielfältige Berufsbilder sind im Angebot.
Auf der Messe zeigten Christian und Patrick, wie sie den Beruf des
Malers mit Hilfe des CJD erlernen: „Wir haben Vorteile gegenüber
denen mit normaler Ausbildung“, so Christian. „Wir gehen in die
Berufsschule, haben aber darüber hinaus in der Praxis viele Dinge,
die wir üben können und sind so denen voraus, die das in ihrer
Ausbildung eben nicht können.“

Jeanette hat etwa 10 Schüler und Schülerinnen dabei, die sich
umfassend informieren wollen. Sie wissen gar nicht, was sie sich
zuerst anschauen sollen. Deshalb  suchen sie zunächst Hilfe am Stand
der Agentur für Arbeit. Gar nicht so einfach: Die Vielfalt ist schon
erstaunlich.
„Gegenüber früher ist das heutige Angebot für die jungen Leute
gewaltig“, meint Jeanette. Immer wieder hören wir an den Ständen
das Wort  „Fachpraktiker“. Das ist eine Ausbildung, deren
Ansprüche sich nach dem Vermögen der Bewerber richtet.
‚intra‘ aus Bonn lässt sich etwas Besonderes im Bereich
„Hauswirtschaft“ einfallen. „Wir verkaufen die Produkte, die wir
in der Lehrküche herstellen, an Altenheime und ähnliche
Institutionen“, sagt Sabine Voss.
Am Ende unseres Besuches treffen wir beim BBiG Marie. Marie kennen wir
aus einer Vorgängerveranstaltung. Sie sitzt im Rollstuhl und hatte
damals ihre Berufsausbildung zur Fachangestellten für
Büroangelegenheiten begonnen. Marie sieht uns und strahlt: „Ich
habe jetzt eine feste Stelle, bin rundum zufrieden und mache im
Unternehmen die Bürokommunikation.“ Marie hat‘s geschafft. Möge
das auch für die vielen anderen gelten, die hoffnungsfroh die
wirklich überbordenden Angebote der Aussteller bei der
Berufswahlmesse 2017 begutachten.

- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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