Marie-Kahle-Preis
Was hätten Sie getan?

Kommunikation ist alles, auch bei der Preisverleihung im Haus der Geschichte. | Foto: we
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  • Kommunikation ist alles, auch bei der Preisverleihung im Haus der Geschichte.
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Bonn - Erstmals wurde in Bonn der neu geschaffene Marie-Kahle-Preis
verliehen. Er wird vergeben an ehrenamtlich geführte Projekte, die
sich mit der Integration von Flüchtlingen befassen. Unter ihrer
Federführung will die Diakonie Bonn und Region den Preis in den
kommenden Jahren etablieren.

Insgesamt 30 Projekte aus 15 Kirchengemeinden hatten sich beworben.
Die Initiatorin des Preises, Diakonie-Koordinatorin Lena von Seggern,
hatte drei Kategorien ausgelobt und mit je 700 Euro Preisgeld
ausgestattet: Die "Begegnung auf Augenhöhe", die "Innovative
Alltagshilfe" und "Religion verbindet".

Den Preis für die Begegnung auf Augenhöhe erhielt im Haus der
Geschichte der "Internationale Garten Oedekoven", ein ökumenisches
Projekt der evangelischen Gemeinde Vorgebirge und der
Pfarrgemeinschaft Alfter. Weil das Gärtnern eine rasch und
unkompliziert umzusetzende Tätigkeit ist, kann hier jeder seine
Fähigkeiten einbringen und Pflanzen zum Wachsen bringen. Und das
unabhängig von der Nationalität, der Sprache und der Vorkenntnisse,
eben auf Augenhöhe.

Die "Innovative Alltagshilfe" wird besonders deutlich und ist deshalb
preiswürdig bei der "Wohnungs-Umzugs-Möbel-Gruppe" des Ökumenischen
Arbeitskreises "Asyl und Zuflucht" der evangelischen
Trinitatiskirchengemeinde und der katholischen Kirchengemeinde St.
Maria Magdalena. Bisher haben die Freiwilligen des Projekts mehr als
75 Umzüge an zuvor Wohnungslose organisiert und durchgeführt. Davor
lagen die Wohnungsvermittlung und die organisatorischen Vorarbeiten
sowie teilweise das Bereitstellen von Möbeln. Für diese praktische
Hilfe erhielten die Projekt-Ehrenamtler den Marie-Kahle-Preis.

Gleich sieben Projekte teilen sich diesen Preis in der Kategorie
"Religion verbindet". Hier handelt es sich um Welcome-Cafés, die in
der Stadt vielfach von Kirchengemeinden angeboten werden. Bärbel
George vom Café Contact der evangelischen Erlöserkirchengemeinde,
eine der Preisträgerinnen, sagt, was ihr Café auszeichnet: "Wir
feiern zusammen, wir machen Ausflüge, wir helfen bei Formularen und
Behördengängen, wir veranstalten Familienabende." Ohne Belehrung und
Besserwisserei, also auf Augenhöhe, bieten die Cafés Gemeinsamkeit
und Zusammensein. Das Gefühl, angenommen zu werden. Das gilt für
alle sieben Preisträger. Konstanze Nolte hat in ihrem Begegnungscafé
der evangelischen Luther- und Friedenskirchengemeinden und dem
Pfarrverband Bonn-Süd viele afghanische Gäste. Hier hilft ihr der
gebürtige Afghane Abdullah Mohmaud mit seinen Sprachkenntnissen bei
der Integrationsarbeit. Auf dem Hardtberg gibt es das Welcome Café
der ökumenischen Flüchtlingshilfe Hardtberg. Das wird getragen von
allen Hardtberger Kirchengemeinden. Hier will Karl-Erich Houtrouw von
der Flüchtlingshilfe demnächst Bewerbungstrainings und Computerkurse
anbieten.

Der Preis soll eine Anerkennung sein für die Ehrenamtlichen und
Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit schaffen", sagen die
Organisatoren. Superintendent Eckart Wüster war bei der Vorstellung
des Preises "froh, dass es geklappt hat". Sein Kollege aus Bad
Godesberg, Mathias Mölleken, sieht die Wertschätzung des Ehrenamtes
als großen Vorteil für den Preis. Hidir Celik von der evangelischen
Hilfsagentur vermutet "mehr als 60 ähnliche Initiativen" im
Stadtgebiet.

Diakonie-Geschäftsführer Ulrich Hamacher machte bei der Vorstellung
des Preises einen Exkurs in die hohe Politik. "Wer Waffen in die
Türkei verkauft, fördert die Fluchtbewegungen", kritisierte er die
Bundesregierung. Das Mittelmeer sei "das Meer der Leichen". Das alles
gehört seiner Meinung nach zum Hintergrund der
Flüchtlingsentwicklung, die dazu führt, dass sich die Ehrenamtlichen
mit den Geflohenen beschäftigen.

Marie Kahle, die Namensgeberin des Preises, ist eine gebürtige
Bonnerin, die unter dem Nazi-Regime litt, weil sie jüdischen Bonnern
Hilfe gewährte. Deshalb musste sie fliehen. Marie Kahle starb in
London. Ihre Erlebnisse veröffentlichte sie unter dem Titel "What
would you have done", was hätten Sie getan? 

- Harald Weller

Kommunikation ist alles, auch bei der Preisverleihung im Haus der Geschichte. | Foto: we
Bärbel George (2. vl.) und ein Teil des Teams vom Café Contact. | Foto: we
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