Initiative Inklusiver Arbeitsmarkt
"Ich freue mich auf jeden Arbeitstag"

Eine typische Win-Win-Situation für beide Seiten: Martin Roebers (links) fand seinen Traumjob, Daniel Faßbender einen kompetenten Mitarbeiter. | Foto: Frank Engel-Strebel
  • Eine typische Win-Win-Situation für beide Seiten: Martin Roebers (links) fand seinen Traumjob, Daniel Faßbender einen kompetenten Mitarbeiter.
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Alfter-Oedekoven - (fes) „Ich freue mich auf jeden Arbeitstag bei Daniel
Faßbender“, schwärmt Martin Roebers. Der 44-Jährige hat seinen
Traumjob als Mediengestalter in der Oedekovener Werbeagentur
df-kreativ gefunden.

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Stolz ist Martin Roebers nicht nur auf seinen Arbeitsplatz, sondern
auch darauf, dass er jeden Morgen selbstständig und ohne Hilfe von
Meckenheim mit der Voreifelbahn, der S23, bis zum Bahnhaltepunkt
Impekoven fährt und dann rund zehn Minuten zu Fuß zu seiner
Arbeitsstelle direkt gegenüber dem Alfterer Rathaus läuft.
Selbstverständlich ist das nicht.

Martin Roebers ist nämlich von Geburt an schwerhörig. Er kam mit
einer Ohrmuschelfehlbildung auf die Welt und leidet an einer
rechtsseitigen Nervenlähmung. Doch Roebers, der ursprünglich aus der
Nähe von Mönchengladbach kommt, ist ein Kämpfer. Er ist ehrgeizig
und weiß, was er will. Mitte der neunziger Jahre ließ er sich zum
Mediengestalter ausbilden, arbeitete in einer Druckerei in Neuss und
zog 2007 zu seinem Bruder nach Meckenheim. Seitdem arbeitete Roebers
in den Bonner Werkstätten der Lebenshilfe in Bonn, bis er
schließlich vor rund anderthalb Jahren zu Daniel Faßbender kam.

Den Kontakt stellte die 2015 gegründete Initiative Inklusiver
Arbeitsmarkt Alfter her, die Menschen mit körperlicher oder geistiger
Behinderung mit Firmen und Arbeitgebern zusammenbringt. Oft beginnt es
über ein Praktikum, wie auch bei Martin Roebers.

Im Juli 2017 begann das vierwöchige Praktikum, schildert Daniel
Faßbender. Schnell stellten beide fest: Das passt! „Martin hat
alles wie ein Schwamm aufgesaugt, das habe ich noch bei keinem
Praktikanten erlebt. Er war von Anfang an eine Riesenhilfe und das
nicht nur, weil er den Beruf des Mediengestalters erlernt hat, sondern
weil er sich hervorragend engagiert“, lobt Daniel Faßbender, der
auch stellvertretender Vorsitzender des Alfterer Gewerbevereins ist.

Der 40-Jährige arbeitet selbst seit über 20 Jahren in diesem Beruf
und machte sich 2010 mit seinem Büro selbstständig. Martin Roebers
zeichnet vor allem verantwortlich für die Internetauftritte der
Kunden von df-kreativ. Er programmiert die Webseiten, kennt sich aus
mit den neuesten Programmiersprachen und bringt das entsprechende
Know-how mit und weiß, worauf es ankommt: „Drei Viertel unserer
Kundenwebseiten hat Martin programmiert. Da macht ihm niemand etwas
vor“, erläutert Daniel Faßbender und fügt hinzu: „Für mich ist
Martin ein großer Gewinn. Ich hätte keinen besseren Mitarbeiter
finden können.“ Und man sieht es Roebers an, wenn er vor seinem PC
sitzt und mit großer Leidenschaft neue Ideen entwickelt.

Nach dem Praktikum ging damals übrigens alles ganz schnell. Seit dem
September 2017 arbeitet Martin Roebers in dem Werbebüro. Erst waren
es zwei Tage die Woche, rasch wurden daraus vier Tage die Woche. Den
fünften Tag arbeitet er im Meckenheimer Werk der Bonner Werkstätten,
wo er ebenfalls ein unverzichtbarer Mitarbeiter ist. Hier layoutet und
entwirft er die hausinterne Werkstatt-Zeitung.

Bei Martin Roebers‘ Stelle handelt es sich um einen sogenannten
Betriebsintegrierten Arbeitsplatz, kurz BiAp. In einer
Beschäftigungsvereinbarung, die zwischen den Bonner Werkstätten und
Beschäftigungs- oder Arbeitgeber abgeschlossen wird, wird ein
Stundensatz vereinbart, den der Arbeitgeber an die Bonner Werkstätten
bezahlt. Das heißt, der Arbeitgeber zahlt nur die tatsächlich
geleisteten Arbeitsstunden und es entstehen ihm darüber hinaus keine
Kosten, erklärt Niklas Tönnihsen, der die BiAps für die Bonner
Werkstätten vermittelt.

Auch die Sozial-, Haft- und Unfallversicherung ist über die Bonner
Werkstätten abgedeckt. Für den Arbeitnehmer gibt es keine Risiken.
Klappt es mit dem BiAp doch nicht so, kann er jederzeit zu den Bonner
Werkstätten zurückkehren, wo er ein reguläres Entgelt erhält.

Daniel Faßbender möchte auch andere Arbeitgeber ermutigen, Menschen
mit einer Behinderung einzustellen. Am besten gelingt dies über ein
Praktikum: „Ich bin sowieso ein großer Fan von Praktika, auf diese
Weise können beide Seiten einschätzen, ob es langfristig passt.“
Faßbender lobt auch das BiAp-Modell und den Kontakt zu den Bonner
Werkstätten: „Es lief alles schnell und unkompliziert mit einem
Minimum an Bürokratie ab. Nach zwei Tagen war alles unter Dach und
Fach.“

Ohne die Initiative Inklusiver Arbeitsmarkt Alfter, die im Übrigen
nicht nur Arbeitgeber und Menschen mit Handicap in Alfter, sondern im
ganzen Bonner Raum vermittelt, wäre diese Zusammenarbeit zwischen
Daniel Faßbender und Martin Roebers vermutlich nicht zustande
gekommen. Insgesamt konnten über die Initiative bislang rund 20
Praktikumsplätze vermittelt werden, so Sprecherin und Mitgründerin
Marie-Luise Hartung.

Die Bonner Werkstätten konnten wiederum bislang 41 BiAps im gesamten
Rhein-Sieg-Kreis verteilt über 17 Betriebe in den unterschiedlichsten
Branchen vermitteln, so Tönnihsen.

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