Vertrauensstörende Maßnahmen
Mit einer Filmreihe wird an Heinrich Pachl erinnert

Im Odeon Kino werden am 13. März Ausschnitte aus dem Film „Köln ist Kasse - Spielregeln des Klüngelns“ und „Die KölnVerschwörung - eine Realsatire“ gezeigt. | Foto: WDR
  • Im Odeon Kino werden am 13. März Ausschnitte aus dem Film „Köln ist Kasse - Spielregeln des Klüngelns“ und „Die KölnVerschwörung - eine Realsatire“ gezeigt.
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Nippes - (rs) Ein kleines Plätzchen gegenüber des Bürgerzentrums trägt den
Namen Heinrich-Pachl-Platz. Es ist ein beschauliches Plätzchen, auf
dem sich Boule-Spieler treffen und ihnen Müßiggänger mit einem Glas
Rotwein in Händen zuschauen. Es könnte ein Plätzchen sein, an dem
eines Heimatdichters gedacht wird.

Gar nicht weit gefehlt, das Plätzchen hat seinen Namen in Gedenken an
Heinrich Pachl erhalten. „Er hat ja stets versucht, sich auf seine
zutiefst merkwürdige Wahlheimat einen Reim zu machen“, sagt seine
Witwe Li Daerr-Pachl. Gegenüber des Plätzchens, das seinen Namen
trägt, hat der Kabarettist, Schauspieler, Autor und Filmemacher
Heinrich Pachl (1943 – 2012) die letzten Jahre seines Lebens
gewohnt.

Geboren wurde er im Badischen Nordrach, aber Nippes war ihm schon in
jungen Jahren ans Herz gewachsen. Bereits in den späten 60er Jahren
hatte er hier seinen Lebensmittelpunkt gefunden und den Stadtteil
immer wieder in seinen Kabarett-Programmen und Filmen vorgeführt.
Jetzt erinnert ein Festival mit Filmen und Ausschnitten aus seinen
Kabarett-Programmen an das turbulente Treiben des „Mutmachers und
Ideenbeschleunigers“ – wie ihn sein Kollege Rainer Pause einst
bezeichnete.

Heinrich Pachl war als Kabarettist, Schauspieler und Autor immer auch
„Agent für vertrauensstörende Maßnahmen“, so der Titel der
Filmreihe. Er hatte nämlich bei allen seinen Projekten im Sinn,
Heuchler und Hochstapler zu attackieren und den Finger in die meist
übersehenen Wunden der Gesellschaft zu legen. Das ist ihm unter
anderem beispielhaft in seinem mit dem Adolf-Grimme-Preis
ausgezeichneten Film „Homo Blech“ (1987) gelungen. Er spielt darin
einen Autofahrer, der Schritt für Schritt die Widersinnigkeiten im
Stadtverkehr aufdeckt und die Reaktionen der Frau und des Mannes von
der Straße einfängt.

Das von der Stadt, dem WDR und zahlreichen anderen Partnern
geförderte Festival begann im Filmforum im Museum Ludwig mit der
langen Heinrich Pachl Nacht. Am 13. März, 10. April und 8. Mai wird
es im Odeon-Kino, in der Severinsstraße fortgesetzt. Bei der letzten
der fünf Veranstaltungen des Festivals werden dann am 28. Mai in der
Kulturkirche (Siebachstraße 85) Ausschnitte unter anderem aus den
Filmen „Ganz unten“ von Günter Wallraff und „Gastarbeiter sind
ja auch Menschen“ von Dieter Koch und Heinrich Pachl gezeigt.

Auf allen Veranstaltungen kommen Gäste zu Wort, die von ihren
Erfahrungen mit Heinrich Pachl erzählen und seine Persönlichkeit
lebendig werden lassen. Bei der Veranstaltung in der Kulturkirche
werden die Kabarettisten Christoph Sieber und Fatih Çevikkollu sowie
Professor Aladin El-Mafaalani vom Ministerium für Kinder, Familie,
Flüchtlinge und Integration des Landes NRW und der Schriftsteller
Günter Wallraff über ihre Erfahrungen mit Heinrich Pachl sprechen.
Moderiert wird dieser Abend mit dem Titel „...rraus! Die Ausländer
und ihre Deutschen“ von der Journalistin Isabel Schayan.Bereits in
den 70er Jahren hatte Heinrich Pachl gemeinsam mit Monika Minzlaff,
Jochen Fischer und Christian Maiwurm mit der auf Video produzierten
Kölner Wochenschau Themen wie Hausbesetzungen und Umweltskandale
aufgegriffen. Dabei bekam vor allem auch der Kölner Klüngel sein
Fett weg. Auch seine kabarettistische Laufbahn begann Heinrich Pachl
mit Polit- und Straßentheater. Er zählte zwar damals zur sogenannten
„Sponti-Szene“, war aber bei der Vorbereitung seiner Projekte
alles andere als spontan. Von seinen Mitstreitern wird vielmehr seine
akribische Vorarbeit gelobt. Er habe immer alles hundertprozentig
genau recherchiert, sagt zum Beispiel der Kabarettist Jürgen Becker,
in dessen „Mitternachtspitzen“ genanntem Programm Heinrich Pachl
oft zu sehen war.

Es ging Heinrich Pachl aber nicht immer nur um seine eigenen Projekte.
Seinen Freund Günter Wallraff unterstützte er zum Beispiel des
Öfteren, indem er Rollen im Rahmen von dessen verdeckten
„Einsätzen“ übernahm. Unter anderem spielte er für die
Recherchen zu Wallraffs Buch „Ganz unten“ einen
Personalvermittler, der Arbeitskräfte für gefährliche
Wartungsarbeiten in Atomkraftwerken sucht.Das Leben von Heinrich Pachl
endete im Frühjahr 2012. Seine vertrauensstörenden Maßnahmen, die
beim Heinrich-Pachl-Festival im Odeon-Kino und in der Kulturkirche zu
sehen sein werden, sind nach wie vor aktuell.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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