Deutsche waren ein Kartoffelvolk
Eröffnung des Museumsfensters im Stadtmuseum

Auch das „Graupenauer“ ist beispielhaft im Schaufenster ausgestellt | Foto: Woiciech
  • Auch das „Graupenauer“ ist beispielhaft im Schaufenster ausgestellt
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Siegburg - „Im ersten Weltkrieg haben die Menschen mehr gehungert, als
nach dem zweiten“, referierte Dr. Andrea Korte-Böger bei der
Eröffnung des Museumsschaufensters. Bis Sonntag, 14. Januar sind hier
unter dem Titel „Hungerwinter“ zum Beispiel Notkochbücher mit
Rezepten ausgestellt, die dem Mangel durch die Verwendung von
Ersatzstoffen begegnen wollten.

„Die Deutschen waren ein Kartoffelvolk“, erklärte die
Stadtarchivarin. Während ein Drittel in den Kochtöpfen landete,
wurden die anderen beiden zum Schnapsbrennen und zur Schweinemast
verwendet.

Allerdings konnte das frische Fleisch nicht über längere Zeit
gelagert werden, da es keine Kühlhäuser gab. Pökeln und Räuchern
dienten als einzige Konservierungsmethoden.

Doch im Krieg, der im August 1914 begann, ging man von einem anderen
Verlauf aus und bedachte gar nicht die Möglichkeit des Hungers.
Missernte und Misswirtschaft führten im Winter 1916/17 dann zu einer
großen Hungersnot im Deutschen Reich. Trotz der Reorganisation durch
Erich Ludendorf konnten auch im Winter 1917/18 die Engpässe nicht
aufgehalten werden. Bis zu 800.000 Menschen starben geschätzt an
Hunger und Unterernährung.

„Die Menschen waren Nahrungsmitteln noch nicht so aufgeschlossen wie
heute.“ Schon das Wort „Steckrüben“ ließ der Bevölkerung
einen Schreck in die Glieder fahren. Was heute in der Küche
gebräuchlich ist, dagegen sperrte sich damals so mancher.

Viele regionale Unterschiede spielten ebenfalls hinein. Niemand kam im
Rheinland auf die Idee, Herz oder Niere zu kochen, wie in Bayern. Das
Bewusstsein, etwa Löwenzahn und Spitzwegerich zu nutzen, bestand in
dieser Zeit nicht. Außerdem wusste keiner, wie man hieraus
schmackhafte Gerichte zaubern sollte.

„Die Notküche ist eine Sache der Fantasie und des Wissens.“ Ein
gutes Beispiel ist der „Graupenauer“, Adenauers Notbrot, das mit
Mais, Gerste oder Graupen gestreckt wurde. Dieses ist neben vielen
Informationen und originalen Kochbüchern nun im Schaufenster des
Stadtmuseums Siegburg zu begutachten. 

- Dirk Woiciech

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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