Neugestaltung des Ortskerns
Initiative für Erhalt der Parkplätze auf dem Markt

Plakataktion in den Geschäften im Ortskern für Parkplätze auf dem Marktplatz. | Foto: Deitenbach
  • Plakataktion in den Geschäften im Ortskern für Parkplätze auf dem Marktplatz.
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Eitorf - Schon seit fast vier Jahren beschäftigen sich Verwaltung und Rat mit
der Neugestaltung des Ortskerns, hier insbesondere mit einer
Attraktivierung von Marktplatz und den umliegenden Straßen und
Plätzen. Ein Integriertes Handlungskonzept (InHK) wurde
verabschiedet, Voraussetzung zur Beantragung von Fördermitteln des
Landes. Expertengespräche, Bürgerinformationsveranstaltungen, eine
Meinungsumfrage im Internet, ein Architektenwettbewerb und eine
öffentliche Präsentation der Ergebnisse dienten der Meinungsbildung
und Einbeziehung der Bürger.

Strittig diskutiert wurde von Anfang an die Parksituation auf dem
Marktplatz. Während die einen sich einen Platz mit
Aufenthaltsqualität ohne Parkfunktion wünschten, hielten die anderen
die Parkplätze für unverzichtbar zum Besuch von Geschäften,
Arztpraxen, Gastronomie oder auch den Gottesdiensten in St. Patricius.
Unmissverständlich war die Vorgabe des Fördergebers, dass die
Parkfunktion nicht dominieren dürfe und deutlich weniger Parklätze
als bisher ausgewiesen werden könnten.

Daher gehörte zu den Vorgaben des Architektenwettbewerbs auch die
Erstellung von je zwei Varianten, einmal mit reduzierter
Parkflächenanzahl, einmal komplett autofrei. Wettbewerbssieger war
das Büro f-Landschaftsarchitektur aus Bonn, nicht zuletzt wegen der
hohen Flexibilität des Entwurfs, der eine schrittweise Umsetzung
erlaubt und perspektivisch auch schon die Schaffung zusätzlicher
Parkflächen hinter dem Rathaus in den Blick nimmt (wir berichteten).
Ein Förderantrag zur Marktattraktivierung mit Erhalt von rund 30
Stellplätzen wurde erstmals 2016 für 2017 gestellt, aber nicht
bewilligt, so die zuständige Fachkraft der Gemeinde, Michaela
Straßek-Knipp.

Ein erneuter Antrag, angepasst an die Wünsche des Fördergebers,
stand aktuell auf der Tagesordnung des Rates, im Vorfeld wurde die
Planung im zuständigen Fachausschuss vorgestellt und diskutiert.
Inzwischen waren die Stellplätze auf etwa 16 reduziert worden,
platziert im Randbereich des Marktplatzes, um die Akzeptanz des
Fördergebers zu erhöhen.

Auf Vorschlag der CDU-Fraktion empfahl der Fachausschuss dem Rat aber
mehrheitlich, gegen die Stimmen der BFE, bis auf wenige
Behindertenparkplätze den generellen Verzicht auf Stellplätze, da
die geringe Anzahl und der damit verbundene Suchverkehr den Ortskern
eher belasten als verbessern würde (wir berichteten).

Das rief eine Bürgerinitiative, initiiert von den anliegenden
Einzelhändlern, auf den Plan. Rund 60 Interessierte trafen sich Ende
November zu einer Krisensitzung. Einig war man sich darin, dass die
Parkplätze auf dem Markt unverzichtbar seien, nicht nur für den
Einzelhandel, sondern auch zum Erhalt eines lebendigen Ortskerns.
Daher verlangten sie in einer Eingabe an den Rat vor der Entscheidung
über weitere Schritte eine Diskussion mit Planern,
Entscheidungsträgern und Fördergebern. Sie sprachen sich gegen die
Beschlussempfehlung des APUE aus, da diese ihres Erachtens einer
Belebung des Ortskerns völlig widerspreche und eine Fußgängerzone
ohne flankierende Maßnahmen wie dem Erhalt ausreichender Stellplätze
auf dem Marktplatz selbst und der Schaffung weiterer im direkten
Nahbereich jeglicher Städteplanung widerspreche.

Parallel zu ihrer Eingabe an den Rat startete die Bürgerinitiative
eine Plakataktion im Ortskern sowie eine Unterschriftensammlung.
Innerhalb einer guten Woche kamen dabei nach Angabe der Initiatoren
4.660 Unterschriften zusammen. Am Erhalt der Stellplätze sind nicht
nur die Geschäftsleute im Ortskern interessiert, sondern auch viele
Bürger aus den Außenorten, die den zentralen Parkplatz für
unentbehrlich halten. Bereits jetzt führen Bürger aus Mühleip oder
Obereip wegen besserer und kostenloser Parkmöglichkeiten lieber zum
Einkauf nach Asbach oder Uckerath, die aus den nördlichen Ortsteilen
nach Ruppichteroth.

Die Gründe für die Eingabe an den Rat erläuterte im Detail Felix
Reinermann als Sprecher der Initiative während einer
Sitzungsunterbrechung im Rat. Bürgerinformation und Planvorstellungen
habe man damals verfolgt, sich auch daran beteiligt, wenn auch
vielleicht nicht in ausreichendem Maß. Von der Streichung der
kompletten Parkfunktion sei die Öffentlichkeit jedoch völlig
überrascht worden, begegnete er Vorwürfen, warum Einsprüche erst
jetzt geltend gemacht würden.

Für die Einzelhändler hielt er fest, dass der Besatz von
Geschäften, Gastronomie und Praxen im Ortskern, bei Einkaufszentren
vergleichbarer Größe einen Bedarf von mindestens 200 bis 300
Stellplätzen hätten, der Einzelhandel ohnehin mit der
Internetkonkurrenz kämpfe und ein Vergleich mit städtischen
Szenarien, wo große Entfernungen vom Parkplatz klaglos akzeptiert
würden, für ländliche Kommunen nicht passe. In den Städten
verspreche ein längerer Fußweg ein breitgefächertes
Einkaufserlebnis, so Reinermann auf Nachfrage, in Eitorf hingegen
würden einzelne Geschäfte oder Praxen gezielt aufgesucht.

Unter den Nutzern des Parkplatzes seien viele ältere Menschen, die
weite Wege nicht bewältigen könnten. Das zeige sich im eigenen
Geschäft auch durch die Weigerung vieler Kunden, an Markttagen
Termine zu vereinbaren, weil dann auf dem Markt keine Parkplätze zur
Verfügung ständen.

Verkehrsfrei könne man den Markt schon wegen der Zufahrt zur
Tiefgarage der Volksbank und der Zufahrt zur Cäcilienstraße nicht
gestalten, an neue Parkplätze im Bereich der Kirche, wie von der CDU
zur Prüfung beantragt, glaube man erst, wenn handfest beschlossen und
zusätzliche Parkplätze am Fahrbahnrand von Sieg- und Eipstraße
seien für ältere Menschen keine Alternative.

Dennoch wolle man Fortschritt keinesfalls behindern, biete statt
Konfrontation die Mithilfe bei der Findung von Lösungen an, halte
jedoch die Reduzierung von zentralem Parkraum für kontraproduktiv
für eine angestrebte Belebung des Ortskerns.Schon im Vorfeld der
Ratssitzung war die CDU-Fraktion auf die Einwände der
Bürgerinitiative eingegangen. Sie hatte die Prüfung
verkehrstechnischer Maßnahmen zur Schaffung zusätzlicher
Parkflächen ebenso beantragt wie die der Schaffung neuer Stellplätze
im Nahbereich der Kirche St. Patricius und auf dem Kirchenareal
zwischen Pfarramt und Rathaus. Im Rat betonte der Fraktionsvorsitzende
Toni Strausfeld, die Attraktivierung des Ortskerns sei ebenso
dringlich wie das Anliegen der Bürger auf ausreichenden Parkraum. Der
CDU-Antrag sei keine Beruhigungspille, sondern sehr ernst gemeint,
dabei müssten neue Parkplätze zwingend verfügbar sein, bevor ein
Spatenstich zum Marktumbau erfolge. Eitorf habe weniger ein Parkplatz-
als ein Gewohnheitsproblem, hielt Sascha Liene für die FDP fest,
dennoch stimme seine Fraktion dem CDU-Prüfantrag zu, erweitere ihn
dabei um Maßnahmen zur Stärkung der Akzeptanz des nahegelegenen
Parkhauses durch Verbesserung der Zuwegung. Zum Marktplatz sprach sich
Liene jetzt für den Erhalt der in der aktuellen Planung ausgewiesenen
16 Parkplätze aus und regte verkürzte Parkzeiten, Sperrung der
Parkplätze an Sonntagen und in den Abendstunden und eine Aufhebung
der Parkgebühren an. Alle Fraktionen stimmten den Prüfanträgen von
CDU und FDP bei einer Enthaltung aus den Reihen der Grünen zu.

Weniger Einigkeit herrschte hingegen beim konkreten Inhalt des
Förderantrags. Während sich jetzt im Gegensatz zur APUE-Empfehlung
alle anderen Fraktionen für die aktuelle Gestaltungsvariante mit
Parkplätzen aussprachen, argumentierte Sara Zorlu,
Fraktionsvorsitzende der SPD, vehement für die autofreie Variante.
Ein kausaler Zusammenhang zwischen Parkgelegenheiten und
Geschäftsaufgaben sei nicht erwiesen, zu oft habe Eitorf bereits
wegen Bedenkenträgern Chancen zur Weiterentwicklung vertan, für eine
Bürgerbeteiligung habe es reichlich Gelegenheit gegeben und der
Förderantrag solle gemäß der APUE-Empfehlung ohne Parkplätze
gestellt werden. Bei der finalen Abstimmung über den Auftrag an die
Verwaltung, den Förderantrag auf den Weg zu bringen, war jedoch trotz
der nicht gewollten Stellplätze auch die SPD wieder mit im Boot, so
dass der Beschluss zur Stellung des Förderantrags einstimmig
erfolgte.

Wenig begeistert vom Ergebnis der Abstimmung zeigten sich im Nachgang
Mitglieder der Bürgerinitiative. So bestätigte Reinermann auf
Nachfrage, trotz Verständnis dafür, dass die Politik den Antrag der
laut Bürgermeister im Vorfeld bereits rund 570.000 Euro Planungs- und
Vorbereitungskosten verursacht hat, jetzt nicht adhoc komplett kippt,
habe man sich doch mehr Entgegenkommen erhofft. Die Prüfanträge für
zusätzlichen Parkraum begrüße man und auch die Bereitschaft zu
weiteren Gesprächen. Immerhin scheine sich etwas zu bewegen. Für den
Förderantrag habe man jedoch auf Erhöhung der Stellplatzzahl auf
zumindest die 30 aus der ersten Planvariante gehofft. Die jetzt
vorgesehene Anzahl halte man auf keinen Fall für ausreichend. Weitere
Schritte will die Initiative jetzt beraten und zu Jahresbeginn bekannt
geben, so Mitinitiator Christoph Mirbach auf Anfrage.

Auf Nachfrage stellt Straßek-Knipp klar, dass es seitens des
Fördergebers keine klare Obergrenze für die Stellplatzzahl gebe,
relevant sei vielmehr, dass sie die Platzgestaltung nicht dominieren
dürften. Nachdem der erste Förderantrag mit rund 30 verbleibenden
Parkplätzen durchgefallen sei, habe das Planungsbüro drei neue
Varianten entwickelt, dabei sowohl die Anzahl reduziert wie auch die
Lage geändert. Lediglich für die jetzt zur Basis des Förderantrags
erklärte Fassung habe die Bezirksregierung Chancen auf Förderung
signalisiert.

In der Projektgruppe, in der alle Fraktionen vertreten seien, habe es
keine Einwände gegen die deutliche Reduzierung der Stellplätze
gegeben. Über die exakte Anzahl könne erst im Laufe der
Ausführungsplanung entschieden werden, die im Raum stehenden 16 seien
zunächst eine Grobplanung.

Auch die Frage der Auswirkungen der Niveauanhebung auf
Hochwasserereignisse, ebenfalls Kritikpunkt der Bürgerinitiative,
könne erst untersucht werden, wenn ein positiver Förderbescheid
vorliege. Die Kosten für Untersuchungen und Detailplanung seien zu
hoch, um sie im Vorfeld einer Förderzusage zu klären. Erst wenn
diese vorliege, könnten Detailfragen geklärt und Anpassungen
vorgenommen werden, die sich dann jedoch im Rahmen des Grobkonzepts
bewegen müssten.

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