Grundsteuer contra Schulsozialarbeit
Immer wieder heiße Diskussionen über Finanzierung

Eitorf - Auf eine voraussichtlich um etwa sechs Euro geringere Grundsteuer pro
Jahr für einen durchschnittlichen Haushalt, dürfen sich die Eitorfer
Bürger in den nächsten beiden Jahren freuen. Zwei Bier mehr pro
Jahr, kommentierte dies ein Besucher der Ratssitzung. Bezahlt wird die
Steuererleichterung mit der Reduzierung der Schulsozialarbeit an
Eitorfer Schulen, für die bisher ein Grundsteueraufschlag von 15
Prozent erhoben wurde. Schon im Personalausschuss hatten
Bürgermeister, CDU und FDP einer Entfristung der Stellen die
Zustimmung verweigert (wir berichteten), aktuell hat der Rat
mehrheitlich die Gesamtstunden aller Schulen für Schulsozialarbeit
von früher 173,5 pro Woche auf künftig 105 Stunden reduziert

Während alle Fraktionen den Stellenwert der Arbeit immer wieder
betonen, war insbesondere der CDU aber die Finanzierung des
gemeindlichen Eigenanteils über eine Erhöhung der Grundsteuer B
stets ein Dorn im Auge. Im Zuge der letzten Haushaltsdebatte hatte sie
die bisherige Finanzierung als unsozial gebrandmarkt, den Bedarf in
bisherigem Ausmaß in Frage gestellt und die Beratung alternativer
Finanzierungsmodelle beantragt.

Für die Entscheidung des Rates hatte die Verwaltung eine Vorlage
erarbeitet, die vier Varianten enthielt, von der ursprünglichen
Besetzung mit 4,44 Vollzeitstellen für 173,5 Stunden
Schulsozialarbeit (Eigenanteil Gemeinde 98.900 Euro), über den
derzeitigen, durch Personalabwanderung entstandenen Ist-Zustand von
2,91 Stellen für 113,5 Stunden (Eigenanteil 64.800 Euro) und den mit
den Beteiligten abgewägten Mindestbedarf von 2,69 Stellen für 105
Stunden (Eigenanteil 59.900 Euro), bis zur Beschränkung auf
Sekundarschule und GGS Eitorf, für die 2,05 Stellen für 80 Stunden
Schulsozialarbeit (Eigenanteil 45.674 Euro) angesetzt wurden.

Bürgermeister Dr. Rüdiger Storch sprach sich für Variante 3 mit
2,69 Stellen aus, für die SPD beantragte die Fraktionsvorsitzende
Sara Zorlu die Abstimmung über Variante 1, die lange bewährte
Besetzung mit 4,44 Stellen. Ihrem Plädoyer für die notwendige
Unterstützung der Schüler angesichts alarmierender Jugendhilfezahlen
und überdurchschnittlicher Armutsrisiken für Kinder und Jugendliche
in Eitorf, schlossen sich BFE und GRÜNE an. Für die CDU
rechtfertigte der Fraktionsvorsitzende Roger Kolf die Sparmaßnahme
damit, jeder müsse sich nach der Decke strecken. Er erklärte, dass
man sich der Variante 3 anschließen könne, aber dennoch auf
Vorschläge hoffe, wie auch die verbleibenden 9 Prozent
zweckgebundener Grundsteuererhöhung noch reduziert werden könnten.

FDP und BfE beschäftigte die Frage, wie zuverlässig die der Variante
3 zugrunde liegende Aussage „mit den Beteiligten abgewägter
Mindestbedarf“ sei. Auf Nachfrage wurde diese Angabe mehrfach durch
die Verwaltung bestätigt.

Zweifel daran scheinen dennoch berechtigt, denn die im Ratssaal
anwesenden Schulleiter Dagmar Philipps (Siegtal-Gymnasium) und Boris
Kocea (Verbund GGS Eitorf und GGS Harmonie) baten Ratsmitglied Andreas
Hubert (SPD) eine Sitzungsunterbrechung zwecks Stellungnahme zu
beantragen. Diesen Antrag lehnte Bürgermeister Storch ab weil man
sich bereits in der Abstimmung befinde. Auch hieran gibt es Zweifel,
denn nur wenige Augenblicke zuvor hatte er bei Erläuterung des
Procederes noch gesagt, man sei noch nicht in der Abstimmung.
Inzwischen hat Zorlu für die SPD eine Beanstandung der Ablehnung bei
der Kommunalaufsicht angekündigt. Im Ergebnis endete die Abstimmung
dann mit einer Niederlage von 17 Stimmen aus SPD, GRÜNEN, BfE und UWG
gegen 23 von CDU, FDP und Bürgermeister für die Variante 1, für die
drastische Stundenreduzierung nach Variante 3 stimmten dann die
genannten 23 dafür und 14 dagegen bei Enthaltung der GRÜNEN.

Entsetzt reagieren die Schulen und sehen sich den „Schwarzen
Peter“ zugespielt. Gespräche habe es gegeben, an einer Entscheidung
über künftige Stundenzahlen sei man jedoch nicht beteiligt worden.
Zustimmung zur Variante 3 sei weder erfragt noch signalisiert worden.

Unisono bestätigen Kocea und Philipps nach der Sitzung, dass es zwar
Gespräche gegeben habe, aber weder schulseitige Mindestbedarfsangaben
noch eine Zustimmung zur Variante 3. Die Verwaltung habe über die
Notwendigkeit der Kostenreduzierung informiert, die Schulen sich
weiterhin für Erhalt der Schulsozialarbeit an allen Schulen und in
möglichst großen Umfang eingesetzt. An einer Entscheidung über
künftige Stundenzahlen sei man nicht beteiligt worden. Dieser
Eindruck sei aber in der Sitzung entstanden. Einen völlig falsch
vermittelten Eindruck durch die Verwaltungsvorlage kritisiert auch
Marianne Engländer-Klein (Sekundarschule) auf Nachfrage. Die
Darstellung der „Abwägung mit den Beteiligten“ sei nicht nur
missverständlich sondern wirke fast schon gesteuert. Sie selbst habe
immer wieder deutlich gemacht, dass sogar eine Aufstockung nötig sei,
zumindest aber die Beibehaltung der bisherigen Stunden. Für die
Reduzierung auf 105 Stunden sei weder Zustimmung erfragt, geschweige
denn signalisiert worden, bestätigt auch sie.

Eine völlig andere Sichtweise vertritt Schulamtsleiterin Kirsten
Vetter erneut auf Nachfrage. Gemeinsam mit Schulleitungen und den
Schulsozialarbeitern habe man in Gesprächen einen Kompromiss gesucht
um die Schulsozialarbeit an allen Schulen zu erhalten. Ausschlaggebend
sei dabei die Kostenfrage gewesen, aus ihrer Sicht die jetzige Lösung
der Minimalkonsens. Einig sei man sich auch, die Stundenzahl wieder zu
erhöhen wenn sich finanziell die Möglichkeit dazu biete.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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