Neue Heimat für alte Milchbar
Beispielhaftes Zeugnis der 1959er-Jahre

Dem Abriss ist die alte Milchbar entgangen und kommt nach Kommern: (v.l.) Dr. Josef Mangold, Elli Beils, Bürgermeister Dieter Freytag, Janette Muschenich (geb. Smith), Michael Ziskoven und Herbert Poetes. | Foto: Harald Zeyen
  • Dem Abriss ist die alte Milchbar entgangen und kommt nach Kommern: (v.l.) Dr. Josef Mangold, Elli Beils, Bürgermeister Dieter Freytag, Janette Muschenich (geb. Smith), Michael Ziskoven und Herbert Poetes.
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Brühl - Die Milchbar in der Carl-Schurz-Straße wird künftig eine neue
„Heimat“ finden. Vor Ort trafen sich Mitgründerin Elli Beils und
ihre Nichte Janette Muschenich, Tochter des langjährigen Inhabers
Bill Smith, mit Bürgermeister Dieter Freytag und Dr. Josef Mangold,
Direktor des Freilichtmuseums Kommern, wo die Milchbar als
architektonisches Zeugnis der 1959er-Jahre ab 2021 im Bereich
„Marktplatz Rheinland“ zu sehen sein wird. Mit dabei waren Herbert
Poetes, der die Idee zum Erhalt und den Kontakt hergestellt hatte,
sowie der Brühler Bauunternehmer Michael Ziskoven. Das Gebäude soll
von einer Spezialfirma zerlegt und bis zum Neuaufbau ab 2020 deponiert
werden. „Inneneinrichtung, Dekorationen und auch die alte Musikbox
hat uns Frau Muschenich bereits überlassen“, sagte Dr. Mangold, der
sich sehr über das Geschenk freut. „Die Milchbar passt wunderbar in
unser Museum und wird hoffentlich viele Brühler nach Kommern
locken.“

Anfang 1955 wurde die sogenannte Milchbar in der Carl-Schurz-Straße
gebaut. Architekt war der bekannte Brühler Wilhelm Küster. Die
Milchbar wurde im bereits im Sommer des gleichen Jahres eröffnet.
Inhaber waren die Eheleute Gertrud und Josef Eich. Mitgründerin war
auch schon deren Tochter Elli Beils, geborene Eich, damals 24 Jahre
alt. Vater Eich war beschäftigt beim Wohnungsamt der Stadt Brühl. Da
der Ruhestand bevorstand, hatte er gemeinsam mit seiner Tochter aus
dem Radio die Idee gewonnen, eine Milchbar zu eröffnen. In Amerika
waren diese weit verbreitet. Und auch in Köln gab es schon mehrere
Milchbars, sodass Vater und Tochter nach Köln fuhren, um dort eine
solche zu besichtigen und sie zum Vorbild für Brühl zu nehmen.

In der Milchbar wurde neben weißer Milch auch Mokka-, Erdbeer- und
Bananenmilch verkauft, zusätzlich Joghurt, verschiedene Eissorten -
und in dem integrierten Kiosk Zigaretten, Schokolade, Bier, Bonbons
und viele andere Kleinigkeiten, insbesondere „chewing gum“
(Kaugummi). Tochter Elli stand hinter der Theke und war vorwiegend mit
der Fertigung von Cocktails beschäftigt, die Eltern waren für alles
Übrige zuständig. Der Verkauf von Milch wurde in den 1960er-Jahren
eingestellt. Ab dann gab es auch tägliches Essen zu Mittag.
Regelmäßige Kunden waren die Angestellten der Kreissparkasse, die
damals noch neben dem Rathaus im Steinweg war, die Angestellten der
Rheinischen Landbau Schule aus der Friedrichstraße, heutige VHS,
sowie Angestellte des Gas- und Wasserwerkes (heute Stadtwerke), damals
im Steinweg, dort wo heute der Kaufhof steht.

Elli Beils hat 1957 ihre Tätigkeit in der Milchbar aufgegeben. Die
andere Tochter der Eheleute Eich, die wie die Mutter Gertrud hieß,
hatte nämlich den englischen Besatzungssoldaten William Samuel Smith,
genannt Bill, kennengelernt. Die englischen Soldaten waren damals im
alten Gymnasium an der Friedrichstraße einquartiert, und Gertrud Eich
war als ehemaliges BDM-Mädel verpflichtet worden, dort zu putzen. Die
Liebe nahm ihren Lauf. 1948 heiratete sie ihren „Bill“. Die
Eheleute bekamen zwei Kinder, nämlich Janette und Mike und zogen
zunächst für zwei Jahre nach England. 1957 kamen sie dann zurück
und stiegen in die Milchbar mit ein.

In den Sechzigerjahren wurde die Milchbar Zentrum der sogenannten
Rockerbewegung in Brühl. Deren „König“ war Klaus Moses. Überall
standen die schweren Motorräder um die Milchbar herum, sehr zum
Ärger der Nachbarn.

Die Gründer Gertrud und Josef Eich stellten ihre Tätigkeit in der
Milchbar Ende der Sechzigerjahre ein. Bill und seine Frau Gertrud
übernahmen die Gastronomie bis zum Tod von Bill 1998. Danach
übernahm der Sohn Mike die Milchbar bis zu seinem Tod im Januar 2018.
Seitdem steht die Milchbar leer und soll durch Vermittlung des
Brühler Rechtsanwaltes Herbert Poetes ins Freilichtmuseum nach
Kommern als zweites Brühler Gebäude nach dem Pingsdorfer Tanzsaal
Runte im abgebauten Originalzustand überführt werden. Ab Sommer
nächsten Jahres soll dann das gesamte Grundstück durch die Firma
Berafin von Geschäftsführer Michael Ziskoven mit einem
drei-plus-geschossigen Wohn- und Geschäftshaus bebaut werden.

- Harald Zeyen

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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