Industriemuseum
Technikwelt im Kleinformat

Auch dieses Meccano-Wohnmobilgespann, gebaut um 1990, ist Teil der Ausstellung „Die Welt im Kleinen - Baukästen aus der Sammlung Griebel“. | Foto: Jürgen Hoffmann
  • Auch dieses Meccano-Wohnmobilgespann, gebaut um 1990, ist Teil der Ausstellung „Die Welt im Kleinen - Baukästen aus der Sammlung Griebel“.
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Euskirchen-Kuchenheim - (bp). Wohl kaum ein anderes Spielgerät ist so mit dem
Industriezeitalter verbunden wie der Metallbaukasten. Aus einfachen
Metallstreifen, Schrauben und Muttern konnten Kinder und Jugendliche
eigene Konstruktionen entwickeln und Modelle nachbauen. Das
LVR-Industriemuseum Tuchfabrik Müller in Euskirchen-Kuchenheim widmet
sich in seiner aktuellen Sonderausstellung „Die Welt im Kleinen -
Baukästen aus der Sammlung Griebel“ der Geschichte des Baukastens
im 20. Jahrhundert. Im Mittelpunkt stehen die Metallbaukästen und
Modelle namhafter Hersteller wie Märklin, Trix, Stabil oder
Meccano.

Den Auftakt zur Ausstellung bilden detailreiche Großmodelle. „Die
Bauweise aus vielen industriell gefertigten Einzelteilen ist von den
Eisenkonstruktionen der Jahrhundertwende inspiriert. Brücken, Türme,
Flugzeuge, Automobile, Kräne der Zeit wurden im Kleinen
nachgebaut“, erläutert Museumsleiter Detlef Stender. Ein
beeindruckendes Beispiel hierfür ist der Eiffelturm, der
Besucherinnen und Besuchern als zwei Meter hohes Modell entgegen
leuchtet.

Die faszinierenden technischen Objekte und die Baukästen aus der Zeit
ab 1900 stammen zum größten Teil aus dem Bestand des Kölners
Jürgen Griebel, den dieser in eifriger Sammeltätigkeit ab den 1960er
Jahren zusammengetragen hat. Er bekam seinen ersten Metallbaukasten
mit sechs Jahren geschenkt und musste sich in der Nachkriegszeit
schweren Herzens wieder von ihm trennen, als das Spielzeug gegen
Lebensmittel eingetauscht wurde. „Herr Griebel erfüllte sich einen
Kindheitstraum als er nach der Geburt seiner Söhne anfing auf
Flohmärkten Metallbaukästen zu kaufen“, erklärt wissenschaftliche
Volontärin Wiebke Hemme.

Jörn Griebel, der Sohn des verstorbenen Sammlers, erinnert sich, dass
die Modelleisenbahnen und Baukästen das Hoheitsgebiet seines Vaters
waren: „Wir hatten genug Spielzeug, aber eben anderes Spielzeug.“
so Griebel. Eine Rauminszenierung lässt die Besucher der Ausstellung
in die häusliche Welt des Sammlers eintauchen und stellt die
Entwicklung dieses bedeutenden Bestandes dar.

Die Ausstellung richtet darüber hinaus den Blick auf die Geschichte
und Kultur des Baukastens, seiner Hersteller und seines Vertriebes.
Neben den klassischen Metallbaukästen werden auch Holz-, Stein- und
Kunststoffbaukästen vorgestellt. Waren die frühen Holz- oder
Steinbaukästen des 19. Jahrhunderts ohne feste Verbindungselemente,
erfand Frank Hornby aus Liverpool 1901 das entscheidende Bauteil für
die Welt im Kleinen aus Blech: genormte Metallstreifen mit Löchern in
regelmäßigen Abständen. Mit Schrauben und Muttern, Rädern und
Achsen ließen sich erstmals bewegliche Modelle wie Kräne, Maschinen
oder Wagen bauen. Der Metallbaukasten konnte seinen Siegeszug in die
Welt antreten.

Zu den bekannten deutschen Herstellern gehören die Berliner Firma
Walther mit ihren Stabil-Baukästen oder die in Göppingen ansässige
Firma Märklin, die seit 1914 eigene Metallbaukästen produzierte. In
einer interaktiven Lichtinstallation können die Gäste Informationen
zu der Geschichte der wichtigsten Baukastenhersteller abrufen.

Seit den 1920er Jahren wurden Baukästen für eine breitere
Käuferschicht erschwinglich. Für viele Kinder und Jugendliche
blieben sie jedoch weiterhin ein Wunschtraum. Zumindest von ferne
konnten sie die Objekte der Begierde hinter Schaufensterglas
bewundern, denn viele Geschäfte liehen von den Herstellern
aufwändige Modelle und stellten sie zu Werbezwecken aus. In der
Ausstellung erinnert ein Schaufenster mit Modellen an die
Vertriebsformen.

Vorgestellt werden zudem viele Modelle zu typischen
Kinder-Traumwelten: Feuerwehrautos, Flugzeuge, LKW, Traktoren, Kräne,
Lokomotiven, Bagger, Rennautos - und auch eine Nähmaschine.
„Typische Jungenträume“, bemerkt Stender, denn Baukästen
richteten sich fast ausschließlich an Jungen und sollten sie auf den
Beruf vorbereiten, planvolles Handeln, technisches Verständnis und
Geschicklichkeit lehren.

Auch auf den Verpackungen waren Mädchen bis in die 1980er Jahre vor
allem als beeindruckte Bewunderinnen abgebildet. Der Stabila Baukasten
der Firma Walther war einer der wenigen, der sich direkt an Mädchen
wandte. Hier überwogen Dinge des häuslichen Lebens, beispielsweise
Kinderwagen und Schaukel, die mit Wolle umwickelt werden konnten.

Ein großer Mitmachbereich mit vielen verschiedenen Baumaterialien
lädt Kinder, Jugendliche und Erwachsene zum Ausprobieren, Bauen und
Spielen ein.

Die Ausstellung „Die Welt im Kleinen - Baukästen aus der Sammlung
Griebel“ ist noch bis 2. Dezember 2018 im Industriemuseum zu sehen.
Sie wird ergänzt durch ein Begleitprogramm mit Führungen und
Kreativ-Workshops für Kinder. Weitere Informationen gibt es unter
www.industriemuseum.lvr.de.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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