Ins Hobby reingeboren
Bettina Blume wird zu Western-Bürgersfrau

Im Westernclub wird Geselligkeit groß geschrieben.  | Foto: 7 Ratsfeuer
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  • Im Westernclub wird Geselligkeit groß geschrieben.
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Stromberg - Bettina Blume verwandelt sich am Wochenende in eine Bürgersfrau
aus dem Wilden Westen.

Im Alltag ist Bettina Blume eine ganz normale junge Mutter, die mit
ihrem dreijährigen Sohn Lukas und mit Partner in Stromberg wohnt.
Etwa 600 Einwohner leben in dem kleinen Örtchen an Windecks Grenze zu
Eitorf. Das Dorf hat eine Besonderheit, die Voraussetzung ist, dass
Bettina Blume ihr Hobby hier ausleben kann. Seit 1973 betreibt der
Indianer- und Westernclub „7 Ratsfeuer Köln" eine Ranch in
Stromberg.

Als Mitglied des Vereins schlüpft die 37-Jährige am Wochenende in
eine andere Haut. Dann wird sie zur Bürgersfrau aus dem Wilden
Westen, die sich den Aufgaben widmet, die auf der rund 2000
Quadratmeter großen Ranch, in der Mitte des Dorfes gelegen, anstehen.
Ihr Hobby lässt sich nicht alleine ausüben, ihr Hobby ist das
Miteinander mit Gleichgesinnten.

Für das Treffen mit dem Extra-Blatt hat Bettina Blume das Kleid einer
Städterin aus der Bürgerkriegszeit der Vereinigten Staaten angelegt.

Ein breiter Reifrock, der an den Knöcheln endet, schwingt um ihre
Hüften, das Oberteil schmiegt sich figurbetont an den Körper. Ein
kleiner Stehkragen und weite Puffärmel entsprechen dem modischen
Zeitgeist von damals. „Ich finde schön, dass ich mich in dieser
Kleidung als Frau fühlen kann", erzählt Bettina Blume und verrät,
dass sie zwar ein Korsett, wie die Frauen es üblicherweise trugen,
besitzt, aber nur zu besonderen Anlässen trägt.

Ein solcher Anlass war etwa kürzlich der Westernball zum 60-jährigen
Bestehen des Clubs, der im Hotel Schützenhof in Eitorf-Alzenbach mit
Freunden von anderen Clubs in wunderschöner Ballkleidung gefeiert
wurde.

Der größte Teil des Westernlebens findet auf der Stromberger Ranch
statt. Es gibt eine mexikanische Cantina, einen Saloon, eine Music
Hall, eine Werkstatt, eine Außentheke und Wohneinheiten für
Mitglieder und Gäste, die dekorativ ausgestaltet sind, und Platz für
Spiele auf Westernbasis wie Bogenschießen.

„Irgendjemand ist in der Woche immer hier", so Bettina Blume. „Es
ist viel Arbeit die Gebäude und unsere Ausrüstungen instand zu
halten." Mindestens einmal im Monat treffen sich die Mitglieder zur
Versammlung. Auch Country-Abende mit Live-Musik gehören dazu.

Wie heute ihr Sohn Lukas, wurde auch Bettina Blume selbst ins Hobby
ihrer Eltern hineingeboren. Die lebten in Dortmund, später in
Bergisch Gladbach, und hatten sich von einem Verwandten, der dem
Westernhobby nachging, anstecken lassen. Über Westerntreffen lernten
Blumes Stromberg kennen und traten Mitte der 1970er Jahre den „7
Ratsfeuern" bei. „Wir waren fast jedes Wochenende in Stromberg oder
auf Zeltlagern. Ich fand es toll. Wir Kinder durften frei herumlaufen.
Für unsere Eltern war es entspannt, weil alle Erwachsenen auf die
Kinder achteten. Die Eltern haben uns nur gesehen, wenn wir Hunger
oder Durst hatten." Auch ihren Partner, ein gebürtiger Stromberger,
begeisterte Bettina Blume für ihr Hobby. Sie gehört heute zu den 15
von insgesamt 25 Mitgliedern, die auch im Ort leben.

Zum Pressetermin sind auch Theodor Kügelgen und einige Stromberger
Mitglieder des Vereins gekommen. Mit 76 Jahren ist Kügelgen gemeinsam
mit einem Gleichaltrigen der Senior. Sein Interesse an Amerikanistik
und Indianistik wurde durch verwandtschaftliche Beziehungen nach
Amerika geweckt. „Ich habe eine große Bibliothek zu dem Thema. Im
Club bedienen wir nicht das Hollywood-Klischee à la John Wayne. Es
geht um fundiertes Wissen, das wir möglichst originalgetreu auf der
Ranch nachleben, abgesehen von modernen Zugeständnissen wie
beispielsweise die Versorgung des Gebäudekomplexes mit Strom und
Wasser."

„Wir haben thematisch eine breite Streuung und bewegen uns im
Zeitrahmen von der amerikanischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts
bis ins Jahr 1890", so Kügelgen. „Je nach Interessenlage werden aus
den Clubmitgliedern bei den Treffen Trapper, Cowboys, Indianer,
Siedler, Bürgerkriegssoldaten oder Mexikaner.

Kügelgen selbst lebt sich in verschiedenen Rollen aus. Bei den
meisten ist das Hobby eine Familiensache. Wie die Blumes ist auch
Monika Zacher mit Kindern und Enkeln eingebunden. Sohn André
Trzcielinski ist in der Woche Hausmeister an der Grundschule Leuscheid
und legt zu bestimmten Club-Anlässen gerne mal die Uniform eines
Nordstaatlers an.

Wenn die Frauen zusammen sind wird geschneidert, genäht und
gebastelt. Die meisten nähen die originalgetreue Kleidung selbst.
„Dabei achten wir darauf, welche Stoffe es wirklich gab. Genäht
wird nach alten Schnittvorlagen", berichtet Monika Zacher.

Bettina Blume näht nicht selbst, sie findet die Treffen in Zeltlagern
mit anderen Gleichgesinnten am schönsten. „Ich genieße die
Gemeinschaft, es ist wunderschön am Lagerfeuer zu kochen und ein
spartanisches Leben zu führen."

Einig sind sich alle über den positiven Effekt ihres Hobbys: „Es
macht das Abschalten vom Alltag einfach. Selbst beim Werkeln und
Restaurieren kann man die Seele baumeln lassen. Es ist ein Gefühl von
Freiheit und Abenteuer", so Trzcielinski, und Kügelgen fügt an:
„Durch den Austausch mit deutschen Clubs und aus den Nachbarländern
kommen immer neue Eindrücke hinzu."

Nach 35 Jahren ist „7 Ratsfeuer" eine feste Größe, die zum Dorf-
und Vereinsleben in Stromberg dazugehört. Tradition hat das
Ranch-Fest, bei dem Besucher eine Prise vom „Wilden Westen" atmen
dürfen. In diesem Jahr findet es am 22. Juli ab 16 Uhr statt.

Wenn Sie von Ihrem Hobby erzählen möchten, rufen Sie an
(02241-9665130) oder schreiben uns
(redaktion@extra-blatt.de)

 

 

- Sylvia Schmidt

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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