Blankes Entsetzen nach Klageabweisung
Bürgerinitiative droht möglicherweise Insolvenz

Trauer und Verzweiflung machten sich nach dem Urteil aus Leipzig bei der Bürgerinitiative und bei Gisela Kronenberg (links) breit. | Foto: Gabi Knops-Feiler
  • Trauer und Verzweiflung machten sich nach dem Urteil aus Leipzig bei der Bürgerinitiative und bei Gisela Kronenberg (links) breit.
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Leverkusen - Empörung. Sprachlosigkeit. Wut und Entsetzen. Das waren die
Reaktionen, die das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig
bei der Bürgerinitiative Netzwerk gegen Lärm, Feinstaub und andere
schädliche Immissionen (NGL) hervorrief
.

Obwohl die Aktiven im Vorfeld nicht allzu viel Optimismus verbreitet
hatten, waren sie dennoch tief enttäuscht. Der 9. Senat hatte die
Klagen des Vereins und zweier Bürger abgewiesen und grünes Licht
für den Neu- und Ausbau der Leverkusener Rheinbrücke gegeben. Bis
2020 soll die erste Hälfte fertig sein.
„Uns geht es nicht gut“, sagte Vorsitzender Manfred Schröder kurz
nach dem Urteil. „Vor allem, wenn man überlegt, was auf uns
zukommt. Es ist eine Katastrophe. Wir werden im Lärm und Dreck
versinken“, sagte er deprimiert, blickte aber trotzdem nach vorne
und sagte, man sei bereit, mit allen Initiativen zusammenzuarbeiten
und zu versuchen, alles herauszuholen, was noch möglich sei. Vor
allem rechne er mit einer Kostenexplosion, die auf deutsche
Steuerzahler zukomme und alles bisher Dagewesene wie Stuttgart 21 oder
Berliner Flughafen BER in den Schatten stelle.

Man werde nun auf die vollständige Urteilsbegründung warten und das
weitere Vorgehen innerhalb der nächsten vier Wochen besprechen. Ob
man den Europäischen Gerichtshof anrufe, sei indessen fraglich, zumal
die finanziellen Mittel der 230 Mitglieder zählenden Vereinigung
aufgebraucht seien. Weil man nicht genug Spenden erhalten habe, seien
die Gutachter bislang noch nicht bezahlt. Falls man die
Rechtsanwaltskosten der Gegenseite tragen müsse, drohe gar die
Insolvenz.

Vorstandsmitglied Gisela Kronenberg (67) standen die Tränen in den
Augen. „Ich habe zuletzt viel Zeit investiert. Jetzt kann und will
ich nicht mehr.“ Sie werde ihr Haus verkaufen und wegziehen, sagte
sie bedrückt. Viele Leverkusener würden wohl erst wach, sobald die
ersten Bagger anrollten.
Auch Elke Fischer war tief geschockt. Nachdem sie sich etwas erholt
hatte, sprach sie von Hinterhältigkeit, Komplott und Betrug am
Steuerzahler. Manfred Schröder forderte kurz darauf sogar den
Rücktritt von Oberbürgermeister Uwe Richrath, von dem er sich tief
getäuscht fühle, seit im WDR-Politmagazin „Westpol“ eine interne
Mail an Ex-Minister Michael Groschek (SPD), veröffentlicht worden
sei. Darin habe sich Michael Heinze, Ministerialrat aus dem
NRW-Verkehrsministerium und zuständig für Planung des Leverkusener
Autobahnausbaus, auf ein Gespräch mit Richrath und die Pläne
berufen, „nach außen zu sagen, dass man sich die Tunnellösung
ernsthaft gewünscht habe“.

Nach dem Bericht sei ihr klar geworden, sagte Kronenberg, dass sich
die Stadt durch Verträge mit Bayer selbst geknebelt habe. Wer so mit
seinen Bürgern umgehe, dürfe sich nicht wundern, wenn Rechtsradikale
so viele Stimmen bekämen. „Irgendwas ist faul in diesem Staat“,
sagte sie wörtlich und schimpfte über die „Bananenrepublik“.

Richrath wiedersprach allerdings den Vorwürfen einer Absprache. Der
Schriftwechsel sei veraltet und beziehe sich auf eine Zeit, als von
einer geprüften Tunnelvariante, in der auch Gefahrgut-Transporte
möglich seien, noch keine Rede war. Auch der Bundestagsabgeordnete
Professor Dr. Karl Lauterbach sieht die Tunnellösung noch nicht als
endgültig verworfen an. Darüber entscheide der Bundestag, wird er
zitiert, und dafür wolle er sich weiter einsetzen.

 

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RAG - Redaktion

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